GK266 - Die weiße Göttin
Unsinn reden, Darling?«
Sie bekam keine Luft und ächzte leise. Er ließ sie los.
Sie führte ihn ins Haus und ging mit ihm nach oben. Sie liebten sich und schliefen hinterher entspannt und glücklich ein. Es war ein herrlicher Geburtstag gewesen.
George Gordon schlief tief und fest. Doch plötzlich schreckte er hoch. Er konnte nicht sagen, was ihn geweckt hatte. Ein Geräusch? Ein Gefühl? Er war schlagartig stocknüchtern.
Wie erstarrt saß er im Bett.
Sadie schlief neben ihm mit tiefen, regelmäßigen Atemzügen. Mondlicht fiel zum Fenster herein und erhellte Sadies schönes, entspanntes Gesicht. George nagte an seiner Unterlippe. Er glaubte zu spüren, daß sich jemand im Haus befand.
Ein Fremder!
Jemand, der hier drinnen nichts zu suchen hatte. George Gordon schlug die Decke vorsichtig zurück, um Sadie nicht zu wecken. Die Bewegung irritierte sie aber doch. Sie seufzte leise und drehte sich langsam um.
George wartete einen Augenblick.
Erst als Sadie wieder still lag, glitt er behutsam aus dem Bett. Er trug einen weinroten Seidenpyjama. Seine nackten Füße suchten nach den Pantoffeln. Nachdem er sie gefunden hatte, stahl er sich zur Tür.
Er wollte nach dem Rechten sehen.
Seine Hand legte sich auf den Türknauf. Er drehte ihn herum. Die Tür schwang auf. George machte einen schnellen Schritt nach draußen und zog die Tür gleich hinter sich wieder zu.
Stille im ganzen Haus.
Irgendwo tickte eine Uhr. Aber sonst war kein Geräusch zu vernehmen, das Georges Vermutung bestätigt hätte. Wieso hatte er sich eingebildet, jemand würde sich in seinem Haus befinden?
Wieder nagte er nervös an der Unterlippe.
Ob er umkehren sollte? Was hatte er nachts hier draußen zu suchen? Er war müde. Er war schläfrig. Er gehörte ins Bett. Vielleicht wäre er wieder zu Bett gegangen, wenn nicht in diesem Augenblick unten im Wohnzimmer ein undefinierbares Geräusch zu hören gewesen wäre.
George Gordon schluckte.
Was hatte er soeben gehört? War es ein Zischen, ein Fauchen, ein Knurren gewesen? Oder alles auf einmal? Er tastete sich zur Brüstung vor und blickte nach unten.
Die glatten Türen des Gewehrschranks schimmerten ihm entgegen.
»Ist da jemand?« fragte er mit belegter Stimme. Natürlich bekam er auf diese Frage keine Antwort. Er sah sich um. Es waren nur wenige Schritte bis ins Schlafzimmer. Wenn er sich im Bett verkroch und die Decke über den Kopf zog, konnte er vielleicht wieder einschlafen.
Aber etwas nagelte ihn hier draußen fest.
Etwas zwang ihn, sich der Treppe zu nähern.
Seine Hände klammerten sich an das Geländer. »Komm!« schien plötzlich unten jemand zu flüstern. Lockend. Geisterhaft. Unheimlich. »Komm!« Er war nicht sicher, ob er sich diese Lockung bloß einbildete, oder ob sie Realität war.
Er setzte den Fuß auf die erste Stufe. Er war sich der Tatsache bewußt, daß er sich von Sadie immer mehr entfernte. Aber er konnte nicht anders. Er mußte seinen eingeschlagenen Weg gehen, hatte keinen Einfluß auf das, was im Moment geschah.
Die Treppe knarrte unter seinem Gewicht.
Das Geräusch weckte seine lahmen Lebensgeister wieder.
Er schaute sich verwirrt um und stellte fest, daß er schon fast das Treppenende erreicht hatte. Die Gänsehaut überlief ihn. Was hatte er hier unten zu suchen? Vorletzte Stufe. Letzte Stufe. Ratlos stand er in der kleinen Halle.
»Komm!« raunte man ihm wieder zu. »Komm!«
Er wandte sich um. Die Wohnzimmertür stand halb offen. Ein trüber, milchiger Lichtschein lag dahinter. Nicht vom Mond. Das mußte eine andere Lichtquelle sein.
Und von da kam auch dieses lockende »Komm!«
Wieder setzte er seinen Weg fort. Er erreichte den Gewehrschrank. Einer Eingebung folgend öffnete er ihn und nahm eine doppelläufige Schrotflinte heraus. Anschließend entnahm er einer kleinen Lade zwei Schrotpatronen. Er kippte den Lauf, schob die Patronen in die schwarzen Lauflöcher und ließ das Doppelrohr dann wieder nach oben klappen.
Ein dünner Schweißfilm glänzte auf seiner Stirn.
Es war nicht Angst allein, die ihn quälte.
Da war auch noch etwas anderes. Etwas, das er nicht definieren konnte. Seine Zunge huschte blitzschnell über die Lippen. Er holte tief Luft. Jetzt, wo er eine Waffe in seiner Hand hatte, fühlte er sich ein klein wenig besser. Er stellte sich vor, was er machen würde, wenn er einen Einbrecher erwischte. Sollte er gleich schießen? Dem Kerl überhaupt keine Chance lassen? Oder sollte er den Burschen zunächst nur mit der Waffe in
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