GK266 - Die weiße Göttin
Wann soll es losgehen?«
»Noch heute.«
»Okay.«
Irgend etwas gefiel mir nicht an seiner Art. Seit der Name Bara gefallen war, war Gordon wie ausgewechselt.
Was für einen Grund mochte das wohl haben?
***
Er holte uns am frühen Nachmittag mit einem Gelände-Lkw ab. Ich machte die Fahrt nicht ohne meine Bereitschaftstasche, denn seit unserem Abenteuer mit der Kaiman-Bande war ich doppelt vorsichtig.
George Gordon wirkte irgendwie bedrückt. Er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, sprach von seiner Frau, von seinen beruflichen Plänen – er wollte sich mit einigen europäischen Reisebüros zusammentun und Rundfahrten organisieren –, von seinen Schulden, die er abzuzahlen hatte…
Ich beobachtete ihn, wie er verstohlen nach meiner Bereitschaftstasche schielte und dachte: Hoppla. Paß auf, daß die Tasche nicht noch mal einen Liebhaber findet.
Wir verließen Mombasa.
Nicht weit hinter der Stadt verließ die Straße die grünen Fruchtgärten und Kokospalmenhaine und führte durch ein hügeliges Savannengebiet. Zuweilen standen mächtige Baobabs am Weg. Nackte Inselberge bildeten da und dort mit glatten Felswänden den Hintergrund.
Ich saß auf der Ladeflächenpritsche und wurde wie Vicky und Mr. Silver kräftig durchgerüttelt.
Wir hingen unseren Gedanken nach.
Ich dachte an die weiße Göttin und an das, was der Journalist Bob Thompson über sie erzählt hatte. Sie sollte mal eine Negerin gewesen sein. Und nun sah Bara haargenau aus wie Vicky.
Ich versuchte, dahinter den Grund hierfür zu entdecken.
Meine Gedanken schweiften ab, und ich fragte mich, wer uns vor Birunga und den Kaimanen gerettet hatte.
Fragen, auf die ich irgendwann eine Antwort zu bekommen hoffte, gingen mir durch den Kopf. Plötzlich ruckte der Wagen. Das riß mich aus meinen Gedanken. Das Fahrzeug hustete und rumpelte und stand schließlich still.
George Gordon kam fluchend aus dem Fahrerhaus. Er wischte sich mit einem weißen Tuch den Schweiß von der Stirn. Mückenschwärme umsummten uns.
»Verdammt!« schrie Gordon. Er versetzte dem Pneu einen Tritt. »Dreckskarre.«
»Was gibt’s denn?« fragte ich von oben hinunter.
»Der Schrotthaufen hat soeben seinen Geist aufgegeben.«
»Heißt das, daß wir hier nun festsitzen?« fragte Vicky unangenehm berührt. Sie schaute sich mit gerümpfter Nase um. Was sie sah, gefiel ihr nicht. Die Gegend war hier nicht sonderlich attraktiv.
»Ich werde versuchen, den Fehler zu finden und die Karre wieder flottzukriegen«, sagte Gordon. »Sie können sich inzwischen ein wenig die Beine vertreten.«
Als wir nicht sofort vom Lkw sprangen, grinste er.
»Sie brauchen keine Angst zu haben, daß ich ohne Sie weiterfahre«, feixte der Fremdenführer.
Wir hüpften auf die Straße. Ich wandte mich um und fing Vicky auf. Gordon kramte in seinen Taschen herum. Er trug einen Safarianzug. Aus der Tiefe der Taschen beförderte er eine Packung Zigaretten und ein Gasfeuerzeug. Er kam zu uns und hielt uns die Zigaretten hin.
»Hier«, sagte er. »Bedienen Sie sich. Damit Sie über den Ärger leichter hinwegkommen.«
Wir lehnten dankend ab.
»Alles Nichtraucher?« fragte er erstaunt. Er lachte. »So konzentriert tritt diese Sorte Mensch normalerweise nur selten auf.«
Er zündete sich ein Stäbchen an, während Vicky und Mr. Silver die Straße ein Stück entlanggingen. Die Hitze ließ die Luft zittern. Ich bot Gordon meine Hilfe an, doch er lehnte ab.
»Ich komme mit dem Vehikel schon klar, Mr. Ballard. Lassen Sie sich dadurch nicht den Tag verderben.«
Er kletterte auf die Ladefläche des Lkw.
Ich hatte den Eindruck, daß er es gern gesehen hätte, wenn ich bei Vicky und Mr. Silver gewesen wäre. Aber weswegen?
Mein Mißtrauen steigerte meine Aufmerksamkeit und schärfte mein Auge, und so bekam ich mit, daß Gordon nicht auf die Ladefläche geklettert war, um irgendwelches Werkzeug zu holen, sondern sich meiner Bereitschaftstasche zu widmen.
Ich war bei ihm oben, als er den Verschluß aufschnappen ließ.
Ich packte ihn am Genick. Er schrie heiser auf. Vicky und Mr. Silver wandten sich rasch um. Ich warf den Fremdenführer gegen das Fahrerhaus und drückte ihn gegen das Blech.
Mir war mit einemmal klar, daß die Panne nur vorgetäuscht war. Gordon hatte sich anscheinend ein paar von meinen Waffen unter den Nagel reißen wollen. In wessen Auftrag?
»Mr. Ballard!« gurgelte der Brite. »Mr. Ballard, Sie erwürgen mich…!«
»Was hatten sie in meiner Tasche zu suchen?«
»Mein Gott,
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