GK317 - Das zweite Leben der Marsha C.
das?« fragte der Ex-Dämon beunruhigt. »Was wissen Sie, Mr. Gibbon? Was ist mit Frank? Wo befindet er sich?«
Gibbons Augen wanderten zwischen Mr. Silver und mir hin und her. »Sie wissen es nicht?«
»Würde Mr. Silver sonst fragen?« gab ich zurück. Ein unangenehmes Prickeln rieselte über meine Wirbelsäule hinunter, und meine Nackenhaare stellten sich quer.
»Marsha Caan hat ihn sich geholt«, behauptete Glenn Gibbon. »Er befindet sich in der Gewalt des Todesengels. Sie hat es mir mitgeteilt. Ihre Stimme war plötzlich in meinem Kopf.«
»Was hat sie genau gesagt?« wollte Mr. Silver wissen. Die Frage sprudelte förmlich aus ihm heraus.
Glenn Gibbon schloß die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Leise, fast tonlos sagte er: »Sie hat einen Tausch vorgeschlagen: Mein Leben gegen das von Frank Esslin. Wenn ich damit nicht einverstanden bin, stirbt Frank.«
Mir stockte der Atem.
Das war genau die Teufelei, die von Marsha Caan zu erwarten gewesen war. Wenn Gibbon ihre Forderung nicht erfüllte, würde Frank sein Leben verlieren. Und dann würde der Engel des Todes auf eine andere Weise versuchen, zu seiner Rache zu kommen.
***
Frank Esslin erwachte.
Er hatte starke Kopfschmerzen, und ihm war übel. Mühsam öffnete er die Augen. Dunkelheit umgab ihn. Er sah trostlose, dreckige Wände.
Durch eingeschlagene Fenster sickerte silbriges Mondlicht. Soweit Frank es erkennen konnte, befand er sich in einem aufgelassenen Lagerschuppen.
Er hörte das Knattern eines Motorbootes. Also konnte das Wasser nicht weit entfernt sein. Aber er hatte keine Ahnung, ob er sich in der Nähe des East oder des Hudson River befand.
Oder irgendwo sonst. Wasser gab es überall in New York.
Es fiel dem WHO-Arzt schwer, sich zu erinnern. Ein Name tauchte plötzlich vor seinem geistigen Auge auf: Glenn Gibbon.
Und mit einemmal funktionierte Franks lahmer Denkapparat wieder. Ein Zahnrad griff ins andere. Die Gedanken kamen in Fluß.
Glenn Gibbon. Er hatte ihn zu bewachen gehabt. Jemand hatte an die Haustür geklopft: Laura Hire. Ihr Mann habe einen Herzanfall erlitten.
Er war sofort mit ihr gegangen. Und dann…
Jetzt erinnerte sich Frank Esslin wieder haargenau. Überdeutlich standen die Ereignisse vor ihm. Laura Hire war von Marsha Caan besessen gewesen. Sie war über ihn hergefallen.
Er hatte sich verteidigen wollen. Aber schneller, als er zu reagieren imstande gewesen war, hatte ihn dieser brutale Schlag niedergestreckt.
Aus. Schwärze hatte ihn umgeben. Sein Bewußtsein war augenblicklich ausgeschaltet gewesen. Jetzt erst war er wieder zu sich gekommen.
In diesem alten, halbverfallenen Lagerschuppen. Wieviel Zeit war vergangen? Wie lange hatte seine Ohnmacht gedauert?
Er wußte es nicht.
Seine Kopfhaut zog sich schmerzhaft zusammen, als er wieder an Glenn Gibbon dachte. Der Mann hatte keine Wache mehr vor seiner Tür.
Marsha Caan hatte diese Gelegenheit bestimmt nicht ungenützt gelassen. Vielleicht lebte Gibbon schon nicht mehr.
Durch meine Schuld! dachte Frank Esslin aufgewühlt. Weil ich mich von diesem Satansweib täuschen ließ. Ich hätte viel vorsichtiger sein müssen, dann wäre es dazu nicht gekommen.
Frank versuchte, sich aufzurichten.
Es ging nicht.
Obwohl nichts an ihm zu sehen war, war er doch in seiner Bewegungsfreiheit stark beeinträchtigt. Er wußte, was los war.
Marsha Caan hatte ihn mit magischen Fesseln versehen. Die waren unsichtbar, und keine Menschenhand vermochte sie zu lösen.
Dennoch versuchte es Frank Esslin.
Hartnäckig bäumte er sich auf. Er stemmte sich gegen die unsichtbaren Fesseln, versuchte, sie zu dehnen, um aus ihnen herausschlüpfen zu können.
Aber sie waren ungemein elastisch. Sie dehnten sich, wenn Frank die Muskeln anspannte, zogen sich aber sofort wieder zusammen, wenn er den Versuch unternahm, einen Arm oder einen Fuß herauszuziehen.
Der Schweiß brach ihm aus allen Poren aus.
Er gab erst auf, als er völlig erschöpft war.
Verzweifelt dachte er an seine Freunde, die keine Ahnung hatten, wo er sich befand.
Ohne zu wissen, wohin Marsha Caan ihn verschleppt hatte, würden ihm Mr. Silver und Tony Ballard unmöglich helfen können.
***
Glenn Gibbon kleidete sich an. Seltsamerweise wirkte das Schlafmittel, das Frank ihm gegeben hatte, nicht mehr. Gibbon sah ausgeschlafen aus.
Er trug nun wieder seine Hornbrille auf der schmalen Nase und blickte meinen Freund und mich durch die Gläser ernst an.
»Ich bin bereit, auf Marsha Caans Forderung
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