GK406 - Das Trio des Satans
Schreibtisch saß dessen Stellvertreterin Claudia Lind. Vladek Rodensky legte eine von seinen Visitenkarten vor sie auf den Tisch und erklärte ihr, wer wir waren und was wir vorhatten.
Claudia Lind musterte uns interessiert. Sie sah Dämonenjäger bestimmt zum erstenmal in ihrem Leben.
An Mr. Silver blieb ihr Blick lange hängen. Kein Wunder, der Zwei-Meter-Hüne hatte silbernes Haar und Augenbrauen aus purem Silber. Welcher Mensch kann damit aufwarten?
Sie hatte Vertrauen zu uns, und sie begrüßte es, daß wir die Polizei entlasten wollten.
»Waren Sie dabei, als Herr Mican sein Leben verlor?« fragte Vladek.
»Nicht unmittelbar«, antwortete Claudia. »Aber ich habe seine Schreie gehört.«
»Was haben Sie gedacht?«
»Ich dachte an einen Überfall. Aber als ich dann Walter so schrecklich zugerichtet auf dem Boden liegen sah…«
»Ja?«
»Da konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, er wäre mit dem Satan persönlich zusammengeraten.«
»Lebte er noch?« fragte ich Micans Stellvertreterin.
»Ja. Er erkannte mich sogar noch. Aber es ging mit ihm sehr schnell zu Ende.«
»Konnte er Ihnen nicht mehr sagen, wer ihn so furchtbar zugerichtet hatte?« wollte ich wissen.
Claudia Lind schüttelte langsam den Kopf. Ihre Augen schwammen in Tränen. Sie erlebte das Schreckliche noch einmal. »Er hat es versucht. Er wollte reden, aber ich konnte ihn nicht mehr verstehen. Ich habe mit ihm einen guten Freund und einen vorbildlichen Vorgesetzten verloren. Ich glaube, er war in mich verliebt. Armer, armer Walter.«
»Wir werden seinen Tod sühnen«, versprach ich.
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie Sie das schaffen wollen. Die Polizei ist ratlos.«
»Wir sind nicht die Polizei«, sagte ich. »Wir haben auf diesem Gebiet mehr Erfahrung.«
»Walter hatte es sehr schwer mit dem Sterben«, sagte Claudia Lind und putzte sich geräuschvoll die Nase. »Ich werde das nie vergessen.«
Sie erzählte uns, daß Konrad Parton versucht hatte, Micans Mörder zu stellen, und ich bat sie, Parton ins Betriebsleiterbüro zu rufen.
Sie schaltete das Mikrophon ein, das auf den Schreibtisch stand. »Herr Parton!« sagte sie. »Herr Parton, bitte kommen Sie zur Betriebsleitung! Herr Parton zur Betriebsleitung!«
Zwei Minuten später trat ein junger sympathischer Mann ein. Auch er blickte Mr. Silver verwundert an.
Claudia Lind stellte uns vor, und ich forderte Parton auf, uns mit jedem Detail zu berichten, was sich gestern ereignet hatte.
Er hatte alles schon der Polizei erzählt, und das wiederholte er nun. Als er von den drei Kindern sprach, die er verfolgt hatte, weil sie vor ihm offensichtlich davongelaufen waren, stutzte ich.
Ich warf Mr. Silver einen raschen Blick zu. Der Ex-Dämon nickte kaum merklich. Das war unser erstes »Aha«-Erlebnis.
Nachdem Parton geendet hatte, fragte ich: »Waren es wirklich Kinder, denen Sie nachgelaufen sind, Herr Parton?«
»Natürlich, und sie können nicht älter als fünf Jahre gewesen sein. Sie verschwanden im Kindergarten. Ich verlor sie aus den Augen…«
»Vielleicht waren es keine Kinder«, sagte Mr. Silver.
»Na hören Sie, die Knirpse waren so groß.« Parton zeigte die Größe.
»Es könnten Zwerge gewesen sein«, sagte der Ex-Dämon.
»Dämonen-Zwerge«, vervollständigte ich, denn diese Bezeichnung paßte am besten in das Bild, das ich mir von dem Fall gemacht hatte.
»Dämonen-Zwerge«, wiederholte Parton leise. »Ja, vielleicht haben Sie damit recht.«
»Dann fiel Walter Mican nicht einem Täter, sondern dreien zum Opfer«, meinte ich.
Claudia Lind schaute mich furchtvoll an. »Woher kommen diese grausamen Wesen?«
»Ich nehme an, jemand hat sie geschickt. Oder es gelang ihnen, aus eigener Kraft durch eines der zahlreichen Dimensionstore, die es überall auf der Welt gibt, nach Wien zu kommen.«
»Wozu?«
»Um Böses zu tun. Das ist ihre Bestimmung, der Inhalt und der Sinn ihres Lebens. Dazu wurden sie geschaffen«, sagte ich.
»Wie schrecklich«, sagte Claudia.
Ich sah Mr. Silver an. »Vielleicht ist der Kindergarten der Schlupfwinkel von den dreien.«
»Ich schlage vor, wir sehen uns da gleich einmal um«, sagte Vladek Rodensky.
»Kann auf gar keinen Fall schaden«, erwiderte ich und bedankte mich bei Claudia Lind und Konrad Parton für die Antworten, die sie mir auf meine Fragen gegeben hatten.
Es war nicht weit bis zum städtischen Kindergarten. Als wir den Supermarkt verließen, fauchte mir ein eisiger Wind ins Gesicht. Ich stellte den Kragen meiner
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