GK420 - Hexenterror
Menschen das Leben gerettet, indem er sie bei schlechtestem Wetter in seiner 17 Jahre alten einmotorigen Cessna - der einzigen in ganz Australien, die schwarz angestrichen war - von weither holte und ins Krankenhaus brachte.
Er startete auch noch, wenn sich kein anderer Pilot mehr aufzusteigen wagte, und im Tower sagte man von ihm: »Der fliegt auch noch, wenn die Krähen längst zu Fuß gehen.«
Das war Kenny Koba, »der fliegende Teufel«. Eine Legende zu Lebzeiten. Die Lüfte waren sein Zuhause. Er fühlte sich nur zwischen Himmel und Erde wohl. Zu Fuß ging er nur, wenn es unbedingt sein mußte.
Am liebsten wäre er sogar zur Toilette geflogen.
Wenn er Zeit hatte, flog er zu seiner Lieblingsinsel »Indian Island« an der Nordküste hinüber. Dort landete er auf einem handtuchbreiten Sandstrand, zwischen Meer und Palmen, um ein erfrischendes Bad zu nehmen.
Doch das war selten, denn Zeit war bei Kenny Koba eine Rarität.
An diesem Tag ritt er in einem Hubschrauber durch die Lüfte. Gemeinsam mit zwei weiteren Helikoptern trieb er gerade 400 Rinder zusammen. Unten führten die Stockmen die Tiere auf einen breiten Trampelpfad. Einen Kilometer lang war die stampfende Herde schon. In pausenlosen Tiefflügen trieb Koba die Tiere vorwärts. Bullen, die ausbrachen, holte er sofort zurück. Viele Rinder galoppierten in panischer Angst, hetzten durch Büsche, stolperten, stürzten. Wasserfahnen sabberten aus ihren aufgerissenen Mäulern. Koba kurvte immer schneller. Tiefflug, Steilkurve, Aufzug, Durchsacken, Stopp. Hundertmal pro Stunde. Zwölf Stunden am Tag. Das war seine Arbeit. Sie erforderte einen ganzen Mann, und das war er.
Helikopter-Cowboy ist ein gefährlicher Beruf. Seit 1970 sind zwanzig Maschinen abgestürzt. Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten kennen ihr Risiko, aber für sie ist das alles ein Rausch, ein Sport, ohne den sie nicht leben können.
Bei Kenny Koba war dies am deutlichsten ausgeprägt.
Nach und nach trieb er mit seinen Hubschrauberfreunden 1600 Rinder zusammen. Das war wesentlich mehr als sonst. Großen Anteil an diesem Erfolg hatte Koba, doch er wollte dafür nicht gelobt werden.
Er hatte einen Job getan, und er tat ihn immer so, daß er mit sich selbst zufrieden sein konnte. Er verlangte viel von sich. Mehr als von anderen. Und es freute ihn, wenn er einmal mehr die hoch gelegte Latte überwunden hatte.
Nach getaner Arbeit landeten die drei Piloten irgendwo in der Steppe, rauchten, scherzten und lachten.
Koba war ein untersetzter Mann mit verwaschenen Jeans und altem Wollhemd. Obwohl erst vierzig Jahre alt, hatte er kaum noch Haare auf dem Kopf. Dafür hing ein dicker Schnauzbart unter seiner dicken Nase.
»Sehen wir uns morgen wieder?« fragte ihn einer der Heli-Cowboys.
»Weiß ich noch nicht«, antwortete er mit einer Baßstimme, die nicht zu ihm paßte. »Ich muß mir in Darwin erst die neue Order holen.«
»Tja, dann guten Heimflug.«
»Wünsche ich euch auch«, gab Kenny Koba zurück. »Und immer hübsch oben bleiben.«
»Wir werden uns Mühe geben.«
Koba kletterte in seinen Hubschrauber und ließ die Allison-Turbinen an. Er brachte den Motor auf Touren und zog die stählerne Libelle gleich darauf im Schrägsteigwinkel hoch.
Unter ihm breitete sich die endlose Weite der Steppe aus. Er genoß die Aussicht aus der Vogelperspektive immer wieder, obwohl sie für ihn längst zur Alltäglichkeit geworden war.
Der Tag neigte sich seinem Ende entgegen. Die Sonne senkte sich langsam auf den westlichen Horizont herab. Koba brauchte kein Höhenmeßgerät, keinen Geschwindigkeitsanzeiger, kein einziges Instrument. Er war eins mit der Maschine und flog mit untrüglichem Instinkt.
Vor Koba tauchte eine kleine graue Wolke auf. Er umflog sie nicht, sondern stieß mit dem Hubschrauber, dessen Kanzel keine Türen hatte, mittenhinein.
Plötzlich spielten die Instrumente verrückt.
Eisige Kälte stürzte in die Kanzel.
Kenny Koba vernahm schrille Geräusche, die sich durch seine Kopfhörer frästen. Er riß die Hörer von seinen Ohren, weil die Geräusche unerträglich waren.
Seltsam. Die Wolke war innen größer als außen. So etwas hatte der Pilot noch nicht erlebt. Dieses graue Gebilde hatte ihn und die Maschine in sich aufgenommen und gab sie nun nicht mehr frei.
Koba war jegliche Sicht genommen. Er ließ den Helikopter absacken. Die Wolke ging mit. Er gab mehr Gas, wollte aus der Wolke herausrasen, aber auch das funktionierte nicht, und als er den Hubschrauber
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