GK442 - Der Drachenmann
Du wirst vor Angst mit den Zähnen klappern, Ballard. Irgendwann mußte dich ja einer erwischen, und ich bin stolz darauf, daß ich es bin, der es geschafft hat. Du konntest nicht immer nur Glück haben. So etwas ist unmöglich.«
Leigh Saxon trat zurück.
Er wies mit einer herrischen Gebärde auf Vic Canova. »Tod diesem Abtrünnigen!« schrie er, und im selben Moment verwandelte er sich vor meinen Augen in einen gefährlichen gelben Drachen!
***
Loretta Barrymore kniete vor einem Heiligenbild, das sie der Kommodenlade entnommen hatte. Ihre Augen schwammen in Tränen, ihre Hände waren gefaltet, ihre Haltung war demutsvoll.
»Heilige Muttergottes, ich bitte dich, laß meinen Mann nicht in geistiger Umnachtung dahinvegetieren. Gib ihm seinen Verstand wieder, damit er zu mir zurückkehren kann. Ich weiß, ich hätte kein Recht, dich um Hilfe zu bitten, denn ich gehe fast nie zur Kirche - höchstens zweimal im Jahr. Und es ist auch nicht schön, daß ich mich nur in der Stunde höchster Not deiner besinne, aber ich bin ein Mensch mit Schwächen und Fehlern. Gib mir Gelegenheit, meinen Glauben zu festigen, und ich verspreche dir, von nun an regelmäßig den Gottesdienst zu besuchen. Hilf, Maria. Ich bitte dich, hilf. Du weißt nicht, wie verzweifelt ich bin…«
Das Telefon läutete.
Loretta Barrymore erhob sich und ging an den Apparat. »Hallo?«
»Mrs. Barrymore?«
»Am Apparat.«
»Hier spricht Dr. Glenn Helmond vom Holy Cross Hospital. Ich habe Ihnen eine erfreuliche Mitteilung zu machen…« Der Chefarzt berichtete, daß sich Barney Barrymores Zustand wesentlich gebessert habe und er - zu 90 Prozent - morgen das Krankenhaus verlassen dürfe.
Loretta Barrymore stieß einen Jubelschrei aus. Sie warf den Hörer in die Gabel, rannte zum Heiligenbild, nahm es in beide Hände, küßte es und sagte ergriffen: »Ich danke dir, Maria, daß du mich erhört hast.«
***
Leigh Saxon war zum grauenerregenden Drachen geworden. Und seine Freunde verwandelten sich ebenfalls. Sechs geschuppte Bestien standen vor Vic Canova und mir. Sie würden zuerst den Abtrünnigen töten und dann mich. Ich hatte keine Möglichkeit, dies zu verhindern.
Sie packten Canova mit ihren Krallenpranken und rissen ihn hoch. Er schrie wütend auf und wollte sich ebenfalls verwandeln, denn dazu war auch er fähig. Doch seine einstigen Freunde und nunmehrigen Todfeinde ließen es nicht zu. Sie hackten ihm ihre Krallen in den Menschenkörper und verhinderten auf diese Weise die Metamorphose.
Sie zerfetzten die Fesseln.
Canova wehrte sich erbittert, doch die Übermacht war erdrückend. Es war mir nicht möglich, sein Ende zu verhindern. Ich konnte bei diesem grauenerregenden Schauspiel nur Zusehen, und bei dem Gedanken, daß mir ein ebensolches Ende zugedacht war, brach mir der kalte Schweiß aus allen Poren.
Die gelben Drachenmonster leisteten ganze Arbeit.
Ich hatte ein schreckliches Würgen im Hals.
Als Vic Canova tot war, wandten die gelben Scheusale sich mir zu. Ihre giftgrünen Augen starrten mich mordlüstern an, und mir war klar, daß meine letzte Stunde geschlagen hatte.
Ich selbst konnte nichts zu meiner Rettung beitragen.
Und wer hätte sonst etwas für mich tun sollen?
***
Mr. Silver boxte mit der geballten Linken in die offene Rechte. »Also das gefällt mir nicht. Tony bleibt mir ein bißchen zu lange weg. Sicher seid ihr mit mir der Meinung, daß es nicht schaden kann, wenn ich mich mal ein bißchen um ihn kümmere. Mir kriecht da so ein komischer Geruch in die Nase. Das könnte Gefahr für Tony Ballard bedeuten.«
Vicky Bonney zuckte zusammen. Gefahr für Tony? Das konnte sie nicht ertragen. Mr. Silver erhob sich.
Er begab sich zu Vicky, tätschelte ihre Wange und sagte: »Mach dir um ihn keine Sorgen. Solange ich auf ihn aufpasse, kann ihm nichts passieren.«
Roxane, die Hexe aus dem Jenseits, stand ebenfalls auf. »Ich komme mit.«
Der Ex-Dämon schüttelte den Kopf. »Nein, meine Liebe, du bleibst hier und gibst acht, daß Vicky nichts zustößt.« Er begab sich zum Telefon und bestellte sich ein Taxi vors Haus. Das Fahrzeug war in zehn Minuten zur Stelle. Zwinkernd sagte Mr. Silver: »Ihr kriegt euren Charming-Boy wohlbehalten wieder, das verspreche ich.«
Eigentlich versprach er eine ganze Menge, ohne zu ahnen, wie es um Tony Ballard stand. Er verließ das Haus. Als der Taxifahrer den Hünen mit den Silberhaaren erblickte, traute er seinen Augen nicht.
Der Ex-Dämon grinste. »Machen Sie sich wegen meines
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