GK442 - Der Drachenmann
Privilegierter der Hölle mehr sein!«
Leigh Saxon seufzte. »Sag hinterher nicht, du hättest keine Chance gehabt, deinen Entschluß rückgängig zu machen. Wir hatten sehr viel Geduld mit dir, Vic, das mußt du zugeben. Ich frage dich zum letztenmal: Gibst du deinen wahnwitzigen Plan auf?«
Stille herrschte. Eine knisternde Spannung braute sich in Sekundenschnelle zusammen.
»Nein!« antwortete Vic Canova schließlich laut und vernehmlich.
»Dann hast du dir das, was nun passiert, selbst zuzuschreiben!« knurrte Leigh Saxon.
Mir war klar, daß ich Vic nicht seinem Schicksal überlassen durfte. Er wollte aus diesem Verein aussteigen, und dabei wollte ich ihn tatkräftig unterstützen.
Ich schlich an der Mauer entlang, um die Kellerszene nicht nur akustisch, sondern auch optisch mitzubekommen. Als ich das Ende der Mauer erreichte, konnte ich in einen großen Saal blicken. Der rötliche Schein stammte von einer indirekten Beleuchtung. Marmor auch hier an allen Wänden. Der Saal war rund. Mir gegenüber ragte eine grauenerregende Gestalt auf. Halb Mensch, halb Drache. Ein Götze aus Gold. Vielleicht war auch nur seine Oberfläche vergoldet. Er hatte die stämmigen Beine eines Menschen und ging von der Hüfte aufwärts in einen schrecklichen Drachen über.
Groß und mächtig, furchterregend ragte er auf.
Er spiegelte sich in der Oberfläche eines Marmorbeckens, das die Ausmaße eines kleinen Swimming-pools hatte und mit einer dunkelroten Flüssigkeit gefüllt war.
Davor standen, halbkreisförmig angeordnet, sieben thronähnliche Stühle. Da die Lehnen hoch waren, konnte ich nicht sehen, ob alle Mitglieder der Drachensippe anwesend waren.
Leigh Saxon und Vic Canova standen einander vor den Stühlen gegenüber.
Der eine haßerfüllt, der andere trotzig.
Canova wollte sich nicht kleinkriegen oder einschüchtern lassen. Das gefiel mir von ihm, und ich gedachte, ihm in seiner schwierigen Lage beizustehen. Vorsichtig holte ich meinen Colt Diamondback aus der Schulterhalfter und entsicherte ihn. Was immer passieren würde, der junge Mann, der die Sippe verlassen wollte, konnte mit meiner vollen Unterstützung rechnen.
So plante ich es.
Aber es kam anders.
Ganz anders.
Plötzlich war ein Mitglied der Dämonensippe hinter mir. Ich hatte es nicht kommen gehört. Erst im letzten Moment spürte ich seine Nähe und wirbelte herum, aber da war schon kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Ein harter, kompromißloser Schlag traf meine Stirn und paralysierte meinen Geist. Daß ich auf dem Boden aufschlug, merkte ich schon nicht mehr.
***
Ohrfeigen weckten mich. Sie brannten wie Feuer. Ich öffnete die Augen und blickte in das widerwärtige Gesicht Leigh Saxons. »Beugen Sie sich nicht so weit über mich, sonst muß ich kotzen!« sagte ich.
Saxon fand das zum Lachen, ich weiß nicht, wieso. »Immer ’ne große Lippe, das ist Tony Ballard, der Dämonenhasser. Ich könnte Ihnen eine Menge Schwierigkeiten machen, weil Sie unerlaubt mein Haus betreten haben.«
»Ich könnte Ihnen noch viel mehr Schwierigkeiten machen, weil Sie Lupino und Palance umgebracht haben«, gab ich trocken zurück.
Es blitzte in Saxons dunklen Augen. »Das können Sie nicht beweisen!«
»Wetten, doch?«
»Egal, Sie werden keine Gelegenheit mehr haben, mit Ihrem Wissen Schaden anzurichten.«
»Ich kann mir denken, was Sie Vorhaben.«
»Phantasie hat der Knabe auch, ist ja großartig«, sagte Saxon höhnisch. Seine Freunde standen um micli herum. Ich saß auf einem der Throne und war an Händen und Füßen gefesselt. Meine Augen suchten Vic. Er saß rechts neben mir und war ebenfalls gefesselt. Mein Colt Diamondback lag auf dem Thron, der zu meiner Linken stand. Ich fragte mich, wer von diesen Brüdern meine Birne weichgeklopft hatte. Jeder außer Saxon konnte es gewesen sein.
Leigh Saxons Augen wurden schmal. »Du hättest Rufus’ Warnungen nicht in den Wind schlagen sollen, Ballard. Nun kriegst du mehr Ärger, als du verkraften kannst.«
»Willst du mich auf die gleiche Weise umbringen, wie du Lupino und Palance getötet hast?«
»Aber ja, warum nicht?«
Damit hatte er die beiden Morde zugegeben. Eine reine Formsache nur noch. Daß er die beiden gekillt hatte, war mir schon seit einiger Zeit klar.
»Was habt ihr mit Vic vor?« fragte ich.
»Er wird vor dir sterben, damit du siehst, was auf dich wartet. Wir haben ihn extra für dich aufgehoben, haben gewartet, bis du zu dir kamst, weil sein Tod ein herrliches Schauspiel für dich sein wird.
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