GK442 - Der Drachenmann
genoß entspannt die herrliche Musik.
Lupino sah eine Hand von ihm.
Sie lag ruhig auf der Armlehne.
Der Killer begab sich zum Hi-Fi-Turm, auf dessen Plattenspielerteller sich die klassische LP drehte. Über einer großen Chromtaste stand: »Stop!« Darauf drückte Lorne Lupino, und einen Augenblick später verstummte die Msuik. Schlagartig war sie weg. Stille herrschte im Raum. Man hätte eine Stecknadel zu Boden fallen hören können.
Die Hand auf der Armlehne zuckte.
Und dann erhob sich Leigh Saxon, ein mittelgroßer, dunkelhaariger Mann mit finsterem, stechendem Blick. Seine Gesichtszüge waren kantig. Er sah Lupino mit der Pistole in der Hand, schien darüber aber nicht im mindesten erstaunt zu sein. Weder Furcht noch Schrecken zeigten sich in seinem Gesicht.
»Hallo, Saxon«, sagte Lupino grinsend. »Besuch für Sie.«
»Besuch, der mir nicht willkommen ist«, sagte Leigh Saxon mit einer peitschenden Stimme.
Lupino lachte. »Das kann ich mir denken.«
Saxons Augen verengten sich. »Was wollen Sie?«
»Ist das nicht eindeutig zu erkennen?«
»Wer hat Sie geschickt?«
»Norman Palance. Sie haben den armen Teufel vollkommen fertiggemacht. Er weiß nicht mehr weiter.«
»Und deshalb hat er Sie angeheuert.«
»So ist es.«
»Wieviel bezahlt er?«
»Fünftausend.«
»Was wäre, wenn ich Ihnen sechstausend bieten würde?«
»Ich würde Sie trotzdem erschießen, denn ich habe meine Prinzipien, von denen ich niemals abgehe. Einen übernommenen Auftrag führe ich immer aus.«
Leigh Saxon lächelte kalt. »Sie hätten nicht herkommen sollen. Dieser Auftrag wird Ihnen das Genick brechen.«
»Sie sind wohl nicht ganz dicht. Wofür halten Sie sich? Für den unverwundbaren Siegfried, der im Drachenblut gebadet hat?«
»Nein, nicht Siegfried, aber was Sie über das Drachenblut gesagt haben, gefällt mir.« Saxofi setzte sich in Bewegung. Obwohl er unbewaffnet war, schien er ganz Herr der Lage zu sein. Verrückt war das. Lupino, der die Pistole in der Hand hielt, wurde mit einemmal unsicher. Da war ein triumphierender Ausdruck in Saxons dunklen Augen.
So etwas hatte Lorne Lupino noch nicht erlebt. Das Opfer triumphierte über den Mörder! Glaubte Saxon im Ernst, eine Kugel könne ihm nichts anhaben? Der Mörder hob die Schalldämpferpistole.
»Halt, Saxon! Keinen Schritt weiter!«
»Du elender Kretin, ich werde dich dafür bestrafen, daß du es gewagt hast, in mein Haus einzudringen!« knurrte Leigh Saxon.
Lupino hatte den Eindruck, Saxons Haut würde sich gelblich färben. War das seinem Zorn zuzuschreiben?
Saxon machte den nächsten Schritt.
»Stehenbleiben!« blaffte Lupino.
Sein Opfer dachte nicht daran, zu gehorchen. Da drückte Lorne Lupino ab. Die Kugel traf Leigh Saxon genau da, wo es der Killer wollte, aber der Mann brach nicht zusammen. Zu Lupinos großer Verblüffung blieb der Mann auf den Beinen, als wäre nichts geschehen, als hätte die Pistole Ladehemmung gehabt. Lupino schluckte trocken. Er drückte ein zweitesmal ab. Das Geschoß wuchtete gegen Leigh Saxons Stirn, drückte sich daran platt und fiel zu Boden.
Der Killer traute seinen Augen nicht.
Wer war Leigh Saxon?
Das konnte doch kein Mensch sein!
In der nächsten Sekunde passierte etwas, das Lorne Lupino an seinem Verstand zweifeln ließ. Er riß die Augen verstört auf und prallte zurück. Sein Gesicht verzerrte sich vor Angst und Grauen, und er fing an, seinen Schrecken gellend herauszubrüllen.
Da stürzte sich Saxon auf ihn - und er verstummte.
***
Richard Waite war ein alter Griesgram, und Ralph Koster stand ihm diesbezüglich nicht nach. Auf Grund ihres artverwandten, unleidlichen Charakters waren die beiden ein Herz und eine Seele. Sie nörgelten an allem und jedem herum. Nichts paßte ihnen, und jeder Wirt war froh, wenn sie sein Lokal wieder verließen.
Diesmal machten sie Art Corby -eine Seele von einem Menschen -unglücklich. Sie saßen an einem zerkratzten Tisch, und Waite winkte den Wirt herbei. »He, Art, würdest du mal kommen?«
Corby wischte sich die Hände in einem sauberen Geschirrtuch trocken und schlurfte lustlos heran. »Was gibt’s denn?«
»Sag mal, tust du neuerdings Schmierseife in deinen Whisky?«
»Wie kommst du denn auf die Idee?«
»Das Zeug ist ja nicht zu saufen«, maulte Waite.
»Er streckt den Whisky«, behauptete Ralph Koster. »Damit er mehr Gewinn aus einer Flasche rausholt, der Pfennigfuchser. Gießt Wasser dazu. Diesmal muß er Seifenwasser erwischt haben.«
Corby lief rot an.
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