GK449 - Die Bruderschaft der Hölle
Scheinwerfer ab.
Von nun an überließ ich Mr. Silver die Initiative.
Er wußte besser als ich, was hier zu tun war. Wenn er die Spur des Drachen aktivieren wollte, konnte ich ihm dabei so gut wie gar nicht helfen. Der Ex-Dämon blickte sich um. Er ließ die nächtliche Szene auf sich einwirken. Auf dem Rasen, der arg zertrampelt war, lagen Papierfetzen. Spuren von Menschen, die nicht wußten, was sich gehörte.
Weit offen stand das Garagentor.
Wie ein riesiges schwarzes Maul sah es aus.
Dort war es passiert. Dort hatte Oliver Vegas sein Leben verloren. Dorthin begaben wir uns. Meine Nervenstränge strafften sich. Es war nicht gesagt, daß sich die Mächte des Bösen vom Tatort bereits zurückgezogen hatten. Sie konnten hier immer noch lauern.
Hinter mir raschelte etwas.
Wie von der Natter gebissen drehte ich mich um.
Nichts. Nur friedliche Stille und Dunkelheit. Meine Hand – auf halbem Wege zur Schulterhalfter, in der mein Colt Diamondback, der mit geweihten Silberkugeln geladen war, steckte blieb in der Luft hängen.
»Was ist?« fragte mich Mr. Silver gedämpft.
»Nichts. Alles in Ordnung«, gab ich leise zurück.
Wir gingen weiter.
Aber ich hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Die Blicke eines Unbekannten schienen mich beinahe zu berühren. Ich fand es sonderbar, daß Mr. Silver es nicht spürte. Irrte ich mich?
Ich war verdammt wachsam. Nach jedem Schritt ließ ich aufmerksam den Blick schweifen. So leicht würde man mich nicht überraschen.
Reifenspuren auf dem Boden. Ein steinerner Behälter, in dem sich fachgerecht arrangierte Blumen befanden, war von einem Fahrzeug umgestoßen worden. Niemand hatte sich danach mehr darum gekümmert.
Es klapperte, als Mr. Silver auf das Wasserablaufgitter vor der Garage trat. Der Terrazzoboden war noch naß.
Man hatte Oliver Vegas’ Blut entfernt. Der Schlauch lag neben dem Garagentor, unordentlich zusammengerollt. In der Dunkelheit glänzte der Jaguar des Gangsters, dessen Mörder bestimmt nicht in der Londoner Unterwelt zu suchen war.
»Spürst du schon was?« fragte ich den Ex-Dämon.
Er schüttelte den Kopf. »Ich schlage vor, wir betreten die Garage, schließen das Tor, schalten das Licht ein und sehen uns dann mal gründlich um. Wenn die Nachbarn Licht in der Garage sehen, alarmieren sie sofort wieder die Polizei…«
»Bin ganz deiner Ansicht«, sagte ich.
Mr. Silver trat ein.
Ich wollte ihm folgen.
Aber da wurde mir plötzlich etwas Hartes zwischen die Schulterblätter gedrückt, und ich kam nicht auf die Idee, anzunehmen, es könnte etwas anderes als ein Revolver sein.
***
»Hände hoch!« schnarrte eine unfreundliche Stimme hinter mir. »Alle beide!«
Mr. Silver drehte sich erstaunt um. Unwillig kam er der Aufforderung nach. Eine Taschenlampe flammte auf. Ihr Strahl erhellte das Gesicht des Ex-Dämons. Mit seinen Silberhaaren und den silbernen Augenbrauen sah der Hüne recht exzentrisch aus, aber der Mann, der mich mit der Waffe bedrohte, wollte nicht wissen, wieso. Vielleicht hielt er es für eine Modetorheit. Wenn Leute mit roten und grünen Haaren stolz erhobenen Hauptes auf der Straße herumlaufen, warum dann nicht auch mit silbernen?
Ich erhielt einen Stoß und stolperte zwei Schritte vorwärts.
»An die Wand!« kommandierte der Kerl mit der Lampe. Jetzt leuchtete er auch mir ins Gesicht. Er ärgerte mich damit. »Und keine Mätzchen, verstanden?«
Mr. Silver und ich stellten uns folgsam an die Wand. Die Hände hatten wir nach wie vor oben. Ich überlegte, mit wem wir es zu tun haben konnten. Mit einem Freund des ermordeten Gangsters? Mit Hector Bose, dem Handlanger des Drachengötzen? Für mich stand fest, daß er den Gangster umgebracht hatte. Ich wußte nur nicht, warum.
Der Mann wich zwei Schritte zurück. Er drehte das Licht auf.
Wir sahen einen vierschrötigen Kerl mit rosigen Wangen und rotem Haar. Bestimmt war er Ire. Sein Schädel war kantig. Damit konnte er durch jede Mauer rennen. Die Iren sind bekannt für ihre Dickköpfe.
Wie ein Verbrecher sah der Mann nicht aus. Das beruhigte mich, denn dann würde er wohl kaum auf uns schießen, wenn wir ihm keine Veranlassung dazu gaben.
»Darf ich fragen, was das soll?« begann ich, halbwegs freundlich.
»Die Fragen stelle ich!« schnauzte der Vierschrötige mich an.
»Wer sind Sie? Sie haben kein Recht, uns mit Ihrer Waffe zu bedrohen.«
»Oh, doch, dieses Recht habe ich sehr wohl. Ich bin nämlich Sergeant Harrison Hart von Scotland Yard. Und wie heißen
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