GK460 - Das Geisterdorf
den Pfarrer erstaunt an. Er begrüßte diesen Entschluß, zeigte sich doch, daß er dem Mann gut ins Gewissen geredet hatte. Mortons Selbstvertrauen und sein Gottvertrauen schienen wiedererwacht zu sein. Der Bischof sah dies als großen Erfolg an. Seine Reise nach Seltrick hatte sich bereits gelohnt.
Er durfte Morton jetzt nicht abweisen. Der Pfarrer brauchte diesen Einsatz für seine persönliche Selbstbestätigung.
»Ist gut, Pater. Kommen Sie. Sie kennen den Weg zu Koczak. Was halten Sie von dem Mann?«
»Er war noch kein einziges Mal in unserer Kirche.«
»Das sollte uns zu denken geben.« Der Bischof wandte sich an seine Nichte. »Du kehrst ins Gasthaus zurück, Mags.«
»Darf ich nicht auch mitk…?«
»Kommt nicht in Frage. Ich würde mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustoßen würde, und deine Mutter, meine Schwägerin, würde mir mein lieben lang berechtigte Vorhaltungen machen. Nein, nein, Kind, das ist nichts für dich. Wenn Koczak wirklich eine Gefahr für dieses Dorf ist, dann mußt du ihm so fern wie nur irgend möglich bleiben. Nicht auszudenken, was der Mann, der möglicherweise steinerne Tote schaffen kann, mit dir tun würde.«
Sie verließen das Pfarrhaus. Mags versuchte nicht, ihren Onkel umzustimmen. Erstens war dafür keine Zeit und zweitens hätte sie in diesem Punkt sowieso nichts erreicht. Wenn es um ihre Sicherheit ging, konnte ihr Onkel ungemein hart sein.
So hart wie Stein.
Obwohl dieser Vergleich treffend war, gefiel er Mags nicht, denn dazu fiel ihr zwangsläufig der steinerne Drucker ein, und dann mußte sie daran denken, daß Tom Jessop möglicherweise dasselbe Schicksal ereilte.
***
Tom Jessop fiel aus allen Wolken. Da standen sie, die drei verschwundenen Männer. Reglos. Aus Stein waren sie. Aber Martin Wyngard hatte sich bewegen können. Konnten das auch diese drei steinernen Toten? Oder bedurfte es dazu erst eines magischen Befehls von Abel G. Koczak?
Tom streckte sich, um die drei unglücklichen Gestalten genauer zu sehen. Er merkte nicht, daß ein dunkler Schatten auf ihn zuschlich. Seine Augen glänzten wie im Fieber. Er suchte Koczak und dessen Diener. Der Verdacht stimmte also. Abel G. Koczak mußte so etwas wie ein Zauberer sein. Ein mächtiger Mann, dem es spielend gelang, aus Menschen steinerne Figuren zu machen. Tom fragte sich, wie er mit so einem Gegner fertig werden sollte.
Sollte er es lieber bleibenlassen?
Sollte er ins Dorf zurückkehren und Verstärkung holen?
Bestimmt hätten sich einige Männer gefunden, die mit ihm hierhergegangen wären. Vor allem Jack Jenkins und Barton Gilmore hätten es sich nicht nehmen lassen, Koczak in die Enge zu treiben. Und die beiden Männer aus London, die angeblich Spezialisten auf dem Gebiet der Geister- und Dämonenbekämpfung waren, hätten sich auch an diesem Aufmarsch beteiligt.
Die Übermacht hätte Koczak gewiß in die Knie zwingen können.
Aber bis die zur Stelle war, befanden sich die steinernen Toten vielleicht nicht mehr im Haus. Dann hatte Inspektor Jenkins keine Handhabe gegen den Bildhauer.
Die Polizei muß sich an Vorschriften halten, dachte Tom Jessop. Ich brauche mich nicht darum zu kümmern.
Er beschloß, allein weiterzumachen.
Da legte sich plötzlich eine Hand hart auf seine Schulter. Er erschrak. Die Hand riß ihn herum. Er sah Hashan, den indischen Diener, dessen Augen böse funkelten.
Hashan versetzte Tom einen schmerzhaften Faustschlag. Der Student krümmte sich. Erst jetzt entsann er sich des Messers, das er in seiner Rechten hielt. Er wollte Hashan nicht töten, wollte sich nur verteidigen, stach zu, doch der Inder war unglaublich flink.
Mit einer schlängelnden Bewegung brachte er sich vor der Klinge, die seine Schulter treffen sollte, in Sicherheit. Sein Konterschlag galt dem Handgelenk des Studenten. Tom Jessop konnte das Messer nicht festhalten. Seine kraftlosen Finger öffneten sich, das Messer fiel zu Boden. Hashan beförderte es mit einem Tritt weit fort.
Tom stürzte sich auf ihn. Seine Fäuste trafen den Inder mehrmals, aber nicht so präzise, daß der Mann in die Knie gegangen wäre. Nach einem kurzen, wilden, kraftraubenden Kampf siegte Hashan, der diesen Sieg mit einem gemeinen Tritt in den Unterleib einleitete.
Der Schmerz krampfte Tom zusammen, und Hashans Handkante fällte den jungen Mann dann vollends.
Tom fiel. Benommen schüttelte er den Kopf. Hashan packte ihn, riß ihn hoch und zerrte ihn mit sich. Er brachte ihn in Abel G. Koczaks Haus. Vor Toms Augen schienen
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