GK467 - Der Killer-Geist
meine Darbietung anzusehen«, sagte der Zigeuner. »Und ich kann mir vorstellen, was der Grund Ihres Kommens ist.«
»Miles Manda«, sagte ich.
Der Hellseher nickte. »Kürzlich interviewte mich ein Journalist. Ich sagte ihm, daß Mandas Rückkehr kurz bevorstehe, bat ihn aber, dies für sich zu behalten.«
»Warum?« fragte ich.
»Ich wollte keine Hysterie heraufbeschwören, aber der Zeitungsmensch hängte die Nachricht an die große Glocke. Zum Glück haben die Leser nicht darauf reagiert. Das muß wohl daran liegen, daß Miles Manda im Laufe der Zeit in Vergessenheit geriet.«
»Gestern abend hat er seinen ersten Mord verübt«, sagte ich.
Der Zigeuner senkte ernst den Blick. »Das habe ich befürchtet.«
»Woher wußten Sie, daß er zurückkommen würde?« fragte Mr. Silver.
»Mein Geist streifte ihn während einer Medidationsstunde. Er prahlte mit seinen einstigen Tagen und kündigte an, daß er sie demnächst fortsetzen würde. Die Konstellation irgendwelcher Höllengestime stünden für seine Rückkehr sehr günstig. Er ließ mich wissen, daß er schon bald wieder in London sein Unwesen treiben würde. Dann riß der Kontakt ab.«
»Wir möchten ihm das Handwerk legen«, sagte ich. »Wie sollen wir das anstellen?«
Jir Karobec zuckte mit den Schultern. »Da bin ich leider überfragt, Mr. Ballard. Ich fürchte, ihm ist sehr schwer beizukommen.«
»Wir sind schon mit ganz anderen Kalibern fertiggeworden«, sagte ich. »Hatten Sie nur diesen einen Kontakt mit ihm?«
»Ja.«
»Und Sie können uns keinen Tip geben, wo wir unseren Hebel ansetzen sollen?«
»Leider nein, Mr. Ballard.«
»Würden Sie es schaffen, noch mal einen Kontakt mit dem Toten aus der Themse herzustellen?«
»Das käme auf einen Versuch an. Ich hab’s nicht noch mal probiert.«
»Warum nicht?« fragte ich. »Hatten Sie Angst, es könnte klappen?«
»Ein bißchen schon. Miles Manda ist eine große Gefahr für uns alle. Niemand ist vor ihm sicher. Man unterschreibt sein eigenes Todesurteil, wenn man den Mörder mit der Geisterschlinge reizt.«
»Wir erwarten von Ihnen nicht, daß Sie ihn reizen. Es würde uns schon genügen, wenn Sie etwas mehr über ihn in Erfahrung bringen könnten, damit wir erkennen, wo er zu packen ist.«
Jir Karobec setzte sich. »Ich kann’s ja mal versuchen. Da fällt mir ein, es gibt einen Unterschied zwischen jenem Miles Manda, der vor hundert Jahren gelebt hat, und dem Manda, der nun sein Unwesen treibt.«
»Welchen?« wollte Mr. Silver wissen.
»Damals war er ein Mensch wie wir, der seine Seele dem Teufel verschrieben hatte. Heute ist er ein Wiedergänger. Sein Wiedererwachen kann als Vorschuß der Hölle angesehen werden. Wenn er weiterhin am Leben bleiben will, muß er töten, denn dann geht die Kraft seiner Opfer auf ihn über. Es verhält sich ähnlich wie bei einem Vampir, nur daß seine Opfer nicht auch zu Untoten werden.«
Jir Karobec legte die Hände auf sein Gesicht.
Wir verhielten uns ruhig.
Der Hellseher schaltete ab, schickte seinen Geistfühler in Richtung Miles Manda aus, und nach etwa fünf spannungsgeladenen Minuten zuckte der Zigeuner plötzlich zusammen. Er schien Kontakt mit Miles Manda bekommen zu haben. Mr. Silver und ich störten Karobec nicht. Mich durchlief ein leichter Schauer. Ich hoffte, daß uns Jir Karobec weiterhelfen konnte. Vielleicht war er in wenigen Augenblicken in der Lage, uns wertvolle Anhaltspunkte zu liefern.
Der Zigeuner atmete schwer aus.
Seine Hände glitten vom Gesicht und legten sich auf die Schenkel. Mit reglosem Gesicht und geschlossenen Augen saß der Hellseher da. Seine Nasenflügel bebten kurz. Dann schlug er die Augen auf, und ich hatte einen Moment den Eindruck, er würde mich feindselig und haßerfüllt ansehen.
So, als stünde er auf Miles Mandas Seite!
»Hatten Sie Kontakt mit ihm?« fragte Mr. Silver ungeduldig.
»Ich glaube ja«, antwortete Jir Karobec.
»Sie sind nicht sicher?« fragte ich enttäuscht.
»Er schirmt sich ab. Aber mein Geist hat ihn ertastet.«
»Heißt das, Sie wissen, wo er sich im Augenblick aufhält?«
Der Zigeuner ließ seinen Blick zwischen Mr. Silver und mir hin und her pendeln. »Er weiß, daß Sie ihn vernichten wollen, deshalb befindet er sich auf Ihrer Fährte. Möglicherweise lauert er draußen in der Nähe Ihres Wagens auf Sie.«
Mr. Silvers Entschluß stand sofort fest. »Ich sehe mich mal um.«
»Ich komme mit dir«, sagte ich.
»Nicht nötig«, gab der Ex-Dämon zurück. »Bleib du inzwischen
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