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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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Gleichgültigkeit, geradezu mechanisch. Manchmal hätte er sich eine Lady Macbeth zur Seite gewünscht, die ihn morgens hart rannahm, die Blessuren abtupfte und das Visier wieder herunterklappte, bevor sie ihn aus dem Haus in die Schlacht schickte. Sollte sie jemals so gewesen sein, hatten sie diese Zeiten längst hinter sich gelassen.
    Nachdem Löhring gedanklich mit sich und seinem Eheleben abgeschlossen hatte, sagte er: »Von meiner Frau haben weder ich noch Sie irgendetwas zu erwarten, glauben Sie mir.«
    Es ging bergab. Kellermann sagte: »Scheiße, verdammt«, fuhr an den Straßenrand, stellte den Motor ab, zog die Handbremse an und drehte sich zu Löhring um, die Waffe wieder auf ihn gerichtet. »Soll ich Ihnen mal was sagen? Das interessiert mich alles nicht die Bohne, es muss auch so gehen. Dann fahren wir eben direkt zu Ihrer Bank. Ich will die Kohle.«
    »So einfach ist das alles nicht.«
    Kellermann schlug mit der Waffe gegen das Lenkrad. »Hey, Mann, und ob das einfach ist! Es ist mir auch schnuppe, wie Sie so reich geworden sind und welche Luxusprobleme das mit sich bringt. Suchen Sie sich einen Therapeuten, dem Sie das erzählen.«
    »Sie verstehen mich nicht!«
    Kellermann schien zu merken, dass er in der Kürze der Zeit so nicht weiterkam: »Also gut. Wo liegt das Problem?«
    »Ich habe kein Geld.«
    Kellermann ließ die Waffe sinken. »Wie, jetzt?«
    »Nun ja, es flattert nicht gerade, wenn Sie mich verstehen. Ich komme da gar nicht ran.« Löhring wusste, dass er sich jetzt um Kopf und Kragen reden konnte, aber sein Liquiditätsstatus war ihm nie so bewusst gewesen wie in diesem Moment, und er fuhr fort: »Haben Sie sich etwa einen Koffer voller Scheine vorgestellt,wie in diesen Filmen aus den achtziger Jahren? Womöglich noch Euros? Mensch, wo leben Sie denn?«
    Kellermanns Miene war ein einziges Fragezeichen.
    Löhring wiederum verstand nicht, was es da zu erklären gäbe: »Ist Ihnen dieser Sachverhalt zu komplex?«

DER KÄFER
ODER VOM UNTERSCHIED
ZWISCHEN SOLL UND HABEN
    Chrysina aurigans und Chrysina limbata. Miranda konnte die Namen mittlerweile einigermaßen flüssig aussprechen. Zwei Käfer, etwa vier Zentimeter lang, von gedrungener, ovaler Gestalt, mit Maikäferbeinchen und blattförmigen, großen Fühlern, die sich an den Spitzen in mehrere kleine Glieder zerteilten und sich ständig bewegten wie zwei Miniaturschaufelbagger.
    An sich hätte man dies alles auch kopfschüttelnd abtun können als höchst merkwürdige Spinnerei, als mehr oder weniger krankhaften Tick oder als übertriebene Tierliebe. Einer ihrer ehemaligen Chefs hatte sich ein Terrarium mit einer Ringelnatter in der Sitzecke seines Büros aufstellen lassen und genüsslich angemerkt, dass die Kollegen in der Buchhaltung schließlich auch ihre yukkapalmen und Benjamini hätten. Doch mit den Käfern verhielt es sich anders. Winter war zuletzt mit solch beängstigender Ernsthaftigkeit bei der Sache gewesen, dass einem der Atem stockte. Ein Blick auf die Tierchen hatte tatsächlich gereicht, um zu erahnen, dass mehr dahintersteckte, denn sie waren fast irritierend besonders: Der eine, Chrysina aurigans, glänzte so golden, als habe jemand einen kostbaren Siegelring mit Beinchen ausgestattet. Der andere, Chrysina limbata, war silbern, und auch sein Panzer war von einer metallischen Strahlkraft, dass man sich fragte, ob die Natur überhaupt so etwas hervorbringen konnte oder ob da vielleicht jemand nachgeholfen hatte.
    Winter war tatsächlich ins Reden gekommen und hatte ihr in stoischer Ausführlichkeit erklärt, dies seien zwei zur Familie der Scarabäiden gehörende Käfer, zwei von circa achtundzwanzigtausendArten weltweit, beheimatet in den tropischen Regenwäldern Costa Ricas. In den oberen Schichten des Außenskeletts dieser Käfer habe man einige Dutzend feinster Lagen von Chitin entdeckt, eine Art Zellulose, die nach innen allmählich dünner werde.
    Außenskelett? Ob diese Käfer tatsächlich ihr Skelett nach außen trugen, hatte Miranda gefragt.
    Ja selbstverständlich, das sei bei allen Gliederfüßern der Fall, hatte Winter erwidert und sie dabei so mitleidig angeguckt, als habe sie gerade nach dem Weihnachtsmann gefragt. Weil nun diese Chitinschichten unterschiedliche Brechzahlen aufwiesen, werde das einfallende Tageslicht auf verschiedenste Art und Weise und vor allem mit verschiedenen Geschwindigkeiten gebrochen und gestreut. Wechseleffekte zwischen den einfallenden und den zurückgeworfenen Lichtwellen würden

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