Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
Vom Netzwerk:
nicht! Er würde wie vom Erdboden verschwunden sein, zumindest für die Zeit der laufenden Ermittlungen.
    Als Löhring zu Ende argumentiert hatte, schwieg Kellermann eine Weile und sagte dann unvermittelt: »Das ist ja erbärmlich. Sie sind kein Mensch, Löhring. Sie nicht.«
    »Nun tun Sie mal nicht so.«
    »Ich bin besser wie Sie.«
    »Als Sie, Kellermann, ich bin besser als Sie …«
    Kellermann gab Kesch einen kameradschaftlichen Klaps auf die tote Schulter. »Wie hieß der mit Vornamen?«
    Scheiße, dachte Löhring und sagte: »Edgar.«
    »Na, geht doch. Eddy also. Ihren Kumpel Eddy hier, der die ganze Zeit auf Ihr Geld aufgepasst hat, der sich um alles gekümmert hat, den wollen Sie jetzt kurzerhand austauschen, ohne ihm auch nur eine Träne nachzuheulen?«
    »Das ist alles komplexer, als Sie glauben.«
    »Das ist unanständiger, als Sie glauben.«
    Löhring war es leid: »Hören Sie, Kellermann, an diesem Punkt waren wir schon einmal. Wir sind nicht unanständig. Wir sind lediglich kreativ. Natürlich hat die Trauer ihren Platz, aber doch nicht hier und jetzt. Wir stehen im Blut vor einer Leiche, Sie sind auf der Flucht, und ich werde meine Kohle auf immer vergessenkönnen.« Löhring war zwischenzeitlich eingefallen, dass Kellermann ja immer noch die Waffe hatte. Er fuhr also fort: »»Wissen Sie, das ist alles ein bisschen viel für mich. Ich bin schließlich Entführungsopfer und muss jetzt auch noch für zwei überlegen. Aber fest steht doch: Wir sind beide erwachsene Menschen, die nicht gerade auf den Kopf gefallen sind. Wir sind doch eigentlich ganz verträglich und emotional stabil …«
    Kellermann unterbrach: »Ich bin nicht verträglich. Ich verbitte mir das. Und Sie sind nicht emotional stabil. Das wird nix. Ich mach da nicht mit.«
    »Kellermann, Sie sind jetzt wirklich ein bisschen überreflektiert. Kenne ich so gar nicht an Ihnen. Sie müssen ein Gefühl für den richtigen Moment entwickeln. Braucht man in Ihrem Job doch auch, oder nicht?«
    »Ich entwickle hier sehr wohl Gefühl. Sie eher nicht.«
    »Es ist aber das falsche Gefühl.«
    »Fuck you.«
    »Mensch, Sie sind schon rein äußerlich prädestiniert für diesen Job. Ich brauche Sie!«
    »Nein, Sie gebrauchen mich. Das ist ein Unterschied.«
    »Ha, das sagt der Richtige.«
    Und so ging es fort, bis das Blut geronnen war und Fäden zog zwischen Tischkante und »New york Times«. Erst als Löhring im Rahmen einer zusammenfassenden SWOT-Analyse die Fonds-Kennzahlen seines Vermögensverwalters auf der noch eingeloggten Maske des Scheibtisch-PCs aktivierte, wurde Kellermann zugänglicher. Es war am Ende nur ein Tastendruck, und die Summen schoben sich von unten nach oben auf den Bildschirm. Allein Keschs Kundendatei war ein Vermögen wert, genauer gesagt: sie besaß einen zu managenden Gesamtumfang von dreißig Milliarden. Hier gehe es um Dimensionen der Macht, die weit über das reine Geld hinausgingen, bemerkte Löhring, hier sei der deutsche Geldadel virtuell versammelt, hier auf dem Tisch, so viele Bonzen könne er, Kellermann, nicht in einem ganzen Leben entführen! Alles andere sei eine Zurückweisung des Schicksals,eine solche Opportunity bekäme man nur einmal im Leben. Und Eddy hätte das auch so gesehen, schloss er.
    Das reichte. Am Ende nahm Kellermann ihm das Versprechen ab, die Leiche wenigstens ordentlich zu begraben. Dann, aber auch nur dann würde er es sich überlegen mit diesem durchgeknallten Spielchen.
    Winter überprüfte Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit an den Armaturen am Eingang, bückte sich und zog seine Schuhe aus, nachdem er mit Miranda einen der riesigen verglasten Schläuche betreten hatte. Er stellte seine Slipper auf einer Gummimatte an der Tür nebeneinander ab – so irritierend langsam und exakt, dass es fast schon etwas Liebevolles oder zumindest etwas überraschend Zartes hatte. In diesem Moment war er ganz bei seinen Schuhen. Doch dann legte er noch am Boden seine Hände um Mirandas Fesseln und sagte: »Schuhe aus. Dass Sie mir hier nichts durcheinanderbringen mit den Stöckelabsätzen. Wollen Sie Gummistiefel?«
    Miranda wich vor Schreck zurück, schüttelte stumm den Kopf und folgte Winter schließlich barfuß einen schmalen Weg entlang weiter ins Treibhaus, vorbei an riesigen, großblättrigen Pflanzen. Die Tropfen der letzten Regenwasserberieselung standen noch darauf, und in ihnen brach sich das Licht, dass es überall schimmerte und funkelte. Es war atemberaubend: hell, tropisch, völlig

Weitere Kostenlose Bücher