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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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wieder los. Er hatte noch nicht gewählt. Ein Glück. Es brauchte etwas Zeit, bis er wirklich verstand, was Kellermann da gerade angedeutet hatte. Er starrte vom toten Kopf zu Kellermanns Kopf und wieder zurück, und ganz langsam dämmerte es ihm. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt, und er fand es vor allem erstaunlich, dass er nicht schon längst selbst darauf gekommen war: Oh Gott, ja, die beiden hatten tatsächlich eine verblüffende Ähnlichkeit. Mit Keschs Brille und dem passenden Outfit könnte Kellermann einen respektablen Kesch abgeben, in der Tat. Wie hatte er so blind sein können? Es war ein Wink des Schicksals. Löhrings Gedanken ratterten durchs Hirn: Es würden sich komplett neue Perspektiven eröffnen, ach was, es würde ihm wahrscheinlich das Leben retten! Sicher, es war ein mutiger Plan, aber auch ein verdammt naheliegender – insbesondere eine äußerst clevere Alternative zum Tod. Die Wahrheit würde ihnen sowieso niemand glauben.
    Er ging langsam wieder auf Kellermann zu, der sich am nächsten Bild an der Wand zu schaffen machte. Es galt jetzt, den Ball flach zu halten, und Löhring sagte mit größtmöglicher souveräner Beiläufigkeit: »Wissen Sie, manchmal ist es auch sehr günstig, in eine ungünstige Situation hineinzukommen. Es können sich da Chancen eröffnen, die man vorher nicht für möglich gehalten hätte.«
    Kellermann schien noch nicht einmal ins Grübeln zu kommen. Das solle er mal seinem toten Kumpel da erzählen. Ihm, Kellermann, jedenfalls würden langfristig Keschs Gemälde reichen, und daher nehme er die jetzt kurzfristig von der Wand.
    Es musste anders gehen. Löhrings Gedanken pocherten weiterhin durchs Hirn, während Keschs Blut im Herzschlagtempo auf die Zeitungen tropfte. Es würde durchkommen auf den Teppich. Löhring wurde eine Spur aggressiver, und er wusste nicht, ob es am plackernden Blut, am süßlichen Geruch oder an demPlan lag, der sich da gerade in seinem Kopf abzuzeichnen begann: »Sie lassen sofort das Gemälde da hängen! Am Ende geht die Alarmanlage doch noch los. Mensch, Kellermann, was Sie da vorhaben, ermöglicht doch nur partiellen Profit. Gehen Sie doch endlich weg von dem verdammten Bild, das kriegen Sie doch gar nicht in Ihren blöden Käfer.«
    »Klappe.«
    Löhring suchte fieberhaft nach noch mehr Worten und fuhr fort: »Deswegen sind Sie doch gar nicht mit mir hierhergefahren, oder? Sie wollten doch die große Kohle, wenn ich das richtig verstanden habe. So funktionieren doch Entführungen, oder nicht?«
    Kellermann erwiderte, das wisse er nicht. Dies sei seine erste Entführung, so etwas habe er bisher nicht im Produktportfolio gehabt. Aber aus Mitleid habe er ihn gewiss nicht entführt. Er machte sich an einem anderen Bild zu schaffen, das verdächtig nach einem Immendorff aussah.
    Löhring gab nicht nach: »Hören Sie, das Leben ist voller verpasster Chancen, sage ich Ihnen. Und dies hier, dies ist eine Chance, die Sie kein zweites Mal bekommen. Ich auch nicht im Übrigen. Da bin ich ganz ehrlich. Ich muss Ihnen das genauer erklären …«
    Dann solle er mal loslegen, er sei gespannt, sagte Kellermann und nahm das Bild ab.
    Es war jeden Versuch wert, fand Löhring. Er musste sich lediglich in Kellermanns Situation versetzen. »Hören Sie, Kellermann, Sie als angehender Betriebswirtschaftler müssten das doch besser wissen: Ein schnöder Diebstahl ist ertragsmäßig das reinste Nischengeschäft, die klassische Ich-AG sozusagen. Da kommt nicht viel bei rum.«
    »Meine Erträge sind immerhin steuerfrei«, entgegnete Kellermann.
    Löhring konnte so viel Naivität nicht fassen und rechnete vor: »Selbst wenn Sie pro Bruch und Tag auf das Jahreseinkommen eines Halbtagsjobs kommen, so liegt doch die Wahrscheinlichkeit,geschnappt zu werden, bei, ich würde sagen, zwanzig Prozent?«
    »Nicht schlecht, was?« Kellermann grinste.
    »Bei zwei Arbeitstagen pro Jahr kommen Sie aber schon auf vierzig Prozent Wahrscheinlichkeit, in den Bau zu wandern. Bei drei Brüchen gar auf sechzig Prozent.« Löhring tupfte dem toten Kesch triumphierend etwas Blut von der Krawatte, während er Kellermann einen Deal anbot: Er würde nicht vier, sondern fünf Millionen zahlen, wenn Kellermann mit Löhring zusammen die Leiche entsorge und anschließend für eine kurze Übergangszeit, sozusagen als Interimsmanager, in Keschs Haut schlüpfe, um an die Summe und vielleicht sogar an noch mehr Geld zu gelangen. Eine bessere Tarnung als diese gäbe es für Kellermann doch gar

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