Glaenzende Geschaefte
davon?«
Das waren ein paar Fragen zu viel für eine Sekretärin, die jemanden mit Asperger-Syndrom zum Chef hatte, fand Miranda, und wandte ein: »Sie wissen doch, wie er ist. Er macht das mit sich aus, da kann ich noch so viel fragen. Wenn ich mir über jeden Namen, den ich schreibe, immer gleich so viele Gedanken machen würde, dann …«
»Ist schon gut. Ich erzähle es Ihnen. Es stand damals sowieso in allen Zeitungen.« Schlick setzte sich auf einen Bürostuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches, schlug die Beine übereinander und schien ihre Gedanken zu ordnen, bevor sie zu erzählen begann: »Dieser Herr Löhring und Winter waren vor einigen Jahren zusammen in stationärer Behandlung in einer Klinik.« Schlick fingerte an ihrer Kette herum, wie es Frauen tun, wenn sie sich konzentrieren wollen oder unsicher werden. »Nun, bei dieser Klinik handelte es sich um die St. Ägidius Medical Care Group.« Sie blickte Miranda in die Augen: »Kennen Sie St. Ägidius? Sie haben ja schon in vielen Unternehmen gearbeitet.«
Miranda überlegte. Sie kannte Winters Befund, und sie musste an den geflochtenen Jeff-Koons-Korb auf der Fensterbank des Besprechungsraums denken. Es war verrückt, doch sie sagte es trotzdem: »Nein, aber vielleicht irgendwas mit Psycho?«
Schlick nickte langsam mit dem Kopf: »Richtig. Winter hatte damals einen akuten Krankheitsschub, und Löhring hatte, wenn ich mich richtig erinnere, nun ja, diffuse Wahrnehmungsstörungen. Das ging so weit, dass die beiden die Klinik fast an die Börse gebracht hätten.«
Miranda verstand nicht ganz und fragte: »Nach der Behandlung? Mit all dem Insiderwissen sozusagen?«
Schlick schüttelte den Kopf: »Nein, als Insassen. Das ›Medical Care‹ im Namen stammt noch aus dieser Zeit. Das hat man später sogar als Modell übernommen. Löhring hat seinerzeit aus der geschlossenen Abteilung heraus einen Mantelbörsengang arrangiert, er hat sozusagen telefonisch ein bereits existierendes Gesellschaftskonstrukt kaufen lassen und wollte daraus WMC, eine global agierende World Medical Care Group, machen.«
»WMC? Das kommt mir bekannt vor, aber aus einem anderen Zusammenhang.« Miranda hatte Mühe, sich die Tragweite dessen, was Schlick ihr da gerade erzählte, auch nur vorzustellen.
Schlick nickte. »Wuppertaler Miederwaren Compagnie – als fertiges AG-Konstrukt billig erworben. Löhring musste nur noch einen neuen Unternehmensgegenstand einbringen. Und das war eben die Klinik, in der er sich gerade befand. Für Winter war es ein Spaziergang. Er hat damals alle Zahlen aufbereitet und vor den Investoren performt. Beide hatten ja eine entsprechende Reputation in der Wirtschafts-Community. Wer kam schon auf den Gedanken, dass mit denen was nicht stimmte? Sie waren verhaltensauffällig wie alle anderen Patienten auch. Gut, vielleicht etwas hyperaktiver, ein klein wenig weiter von der Normalität entfernt, aber alles im Rahmen ihres Krankheitsbildes.«
Miranda bemerkte erst jetzt, dass ihr Unterkiefer schlaff herunterhing. »Ich fasse es nicht. Woher wissen Sie das alles so genau?«, fragte sie. Bei Schlick schien beim Erzählen etwas mitzuschwingen, das über die reine Schilderung der damaligen Vorkommnisse hinausging.
Schlicks Blick ging zum Fenster. »Ich war auch dort. Depressives Erschöpfungssyndrom. Ich habe damals eine Liste der geweinten Tränen geführt. Das muss man sich mal vorstellen.«
»Wechseljahre?«, fragte Miranda.
»Nein, Job.«
Miranda wurde flau im Magen.
Und Schlick erzählte weiter: »Winter und ich haben damals zusammen eine Arbeitstherapie im Gewächshaus gemacht. Und, tja, wir sind dabei geblieben und haben, wenn man so will, unser Modell mit den Erdbeeren ins sogenannte richtige Leben hinausverlegt.«
Miranda wollte raus. Nur noch raus.
Doch in der Tür stand jetzt Keith Winter. Er kam langsam näher. »Ja, Schlick hat uns damals den Deal vermasselt, weil sie gequatscht hat.«
Schlick schnellte zu Winter herum. Sie war außer sich. »Wie kommt Löhring jetzt wieder ins Spiel? Der hat doch einen Befund. Der ist doch inzwischen nicht gesund, oder? Geht das jetzt alles wieder von vorne los, Keith?«
»Er war da. Er war einfach da, als ich bei Kesch war«, sagte Winter.
»Keith, ich weiß, dass die Welt klein ist, besonders in euren Kreisen. Aber das hier, das glaube ich nicht! Ich will nichts damit zu tun haben!« Schlick ging an Winter vorbei Richtung Tür und drehte sich noch einmal zu Miranda um, bevor sie den Raum
Weitere Kostenlose Bücher