Glaenzende Geschaefte
Dangast denn eigentlich genau?«, wollte er wissen. »Ich meine, ich habe da ein paar Verträge, die sie nur an einer einzigen Stelle so komisch kringelig unterschrieben hat. Aber sieben Mal ihr Mann daneben. Und Kesch gar nicht.«
»Ja«, sagte Löhring. »Keschs Gesamtvermögensverwaltung bezog sich auf Etta von Dangast privat, auf die Holding, auf die Stiftung, auf die Beteiligungsgesellschaften und so weiter. Da kommt schon einiges zusammen an Unterschriften.«
»Das hat die alles von diesem Glatzkopf managen lassen?«, fragte Kellermann. Langsam schien er zu verstehen, warum Winter mit seinen Plänen zuerst zu Kesch gekommen war.
Löhring blickte ihm aufs Haupt und bemerkte grinsend: »Ja, lieber Edgar, du scheinst der Mann zu sein, dem die Frauen vertrauen, nicht wahr?« Und dann ging das Profiling in seinem Kopf los, so wie das immer war vor wichtigen Meetings. »Aber im Ernst. Etta von Dangast ist seit der Fusion mit der Pflanzen-Samland-Gruppe vor ein paar Jahren größte Aktionärin der Dangast Gartencenter Holding – wohlbehütetes, einziges Kind aus zweiter Ehe, wenn Sie mich verstehen. Die musste eben ran. Ihre Anteile hat sie nach und nach aufgestockt, und zwar mit Hilfe von Kesch und der Bank über steuerbegünstigte Kredite. Kesch und die Bank hängen auch in den Dangast-Immobilien mit drin, Pflanzen-Samland hat schon lange vor Ettas Zeit ein paar Immobilien an Kesch-Sallewitz verkauft, die daraus einen Fondsfür ihre Kunden aufgelegt haben. Die Winter Berry Group gehört auch dazu.«
Kellermann setzte die Brille ab und bohrte einen Bügel ins Ohr. »Hört sich ja gut nach Kohle an. Wo liegt das Problem? Wieso will die verkaufen?«
»Na, weil sie jetzt noch einigermaßen viel Geld bekäme für ihre Aktien. Die Dangast-Gruppe hat ihre besten Zeiten gesehen, Kellermann.« Löhring blickte zur Seite. »Die Käfer kommen doch jetzt gerade recht. Bio-Tech! Oder sind Sie etwa noch ein Fan von Pflanzkartoffeln und Kletterazaleen? Die Leute wollen sich doch heute nicht mehr mit diesem romantischen Krimskrams die Hände schmutzig machen.«
»Och«, setzte Kellermann an, doch Löhring kam ihm zuvor: »Kellermann, Sie halten jetzt gleich einfach mal die Schnauze, zeigen nur Ihre Fresse und lassen mich und Mollow den Rest machen. Haben wir uns verstanden?«
»Fuck. Ich kapiere das einfach nicht.« Kellermann schob die Brille wieder auf die Glatze und schüttelte den Kopf: »Hier fließen permanent Zahlen von einem Konto auf das andere, dass einem schwindelig wird. Ich sehe das doch alles schwarz auf weiß. Und dann soll ich die Klappe halten? Ich? Ich habe immer noch nicht mal Geld für ’ne Bratwurst am Stand! Immer noch nicht! So sieht das nämlich aus. Hier ist siebzig.«
Etwas huschte vorbei, das im Rückspiegel aussah wie ein Schild. Löhring gab Gas. Er spürte wieder die Wut in sich hochkommen über so viel Unbelehrbarkeit und Instinktlosigkeit. »Mensch, Kellermann, Sie haben ja eigenartige Vorstellungen. Ich sag Ihnen jetzt mal was.« Löhring rollte die Augen, als erkläre er es seinem kleinen Sohn. »Über vier Billionen der Geldmenge Europas sind nicht bratwurstfähig, sind rein virtuell, praktisch nicht vorhanden. Es heißt Geld. Aber es ist kein Geld. you got me?«
»Mir knurrt der Magen.«
»Es sind, wie soll ich sagen, lauter Nullen, tief drinnen im Computer. Um die geht es. Über diese Stufe der Abstraktion müssen Sie gehen, Kellermann. Ein für allemal!«
»Ist mir trotzdem egal. Ich will jetzt endlich die Kohle. Das ist mir alles viel zu theoretisch.«
Löhring versuchte, sich zu beruhigen, und senkte die Stimme: »Bargeld wird meiner Meinung nach völlig überschätzt. Wussten Sie, dass auf neunzig Prozent aller im Umlauf befindlichen Geldscheine Spuren von Kokain sind?«
»Umso besser. Ich lass mir gleich einen Kredit geben, wenn wir in der Bank sind. Als Kesch. Ausgezahlt werde ich den schon kriegen, auch ohne Karte. Nix mit virtuell.« Kellermann grinste die Windschutzscheibe an. »Genau so mache ich das jetzt.«
»Kellermann, damit fliegen Sie doch auf. Wechseln Sie mal die Dimension! Ihnen gehört doch praktisch die halbe Bank mit ihren Fonds!« Löhring stellte das Fernlicht wieder aus. Er musste vorher an den Hebel gekommen sein.
»Dann heb ich da jetzt einfach Geld ab. Geht ja noch schneller. Der muss doch ein Girokonto haben! Und die kennen mich doch jetzt.«
Mangelnde Flexibilität konnte man Kellermann zumindest nicht vorwerfen. Es hatte keinen Sinn. Das
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