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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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ab. Schweigen.
    »Entschuldigung. Was habe ich Ihnen denn getan?« Kellermann war der Erste, der wieder etwas sagte. Dies war wohl einer der Momente, in denen er ahnte, welch schweres Erbe er da angetreten hatte. Man hätte nicht mit ihm tauschen wollen.
    »Ich habe Sie nicht hier erwartet. Ich will nicht mehr mit Ihnen zusammenarbeiten.«
    »Warum denn nicht?«
    »Wollen Sie mir etwas sagen?«
    »Wie, jetzt? So vorab?«
    »Vielleicht.«
    »Was denn?«
    »Das frage ich Sie.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Tun Sie doch nicht so.«
    »Nun, ich bin nicht mehr derselbe, würde ich mal sagen.«
    »Wie haben Sie das überlebt?«
    »Wie bitte?«
    Man schien ein wenig festzustecken in der Unterhaltung, aber trotz allem schien Etta von Dangast ihren Vermögensberater zumindest für echt zu halten. Mollow stürzte sich zwischen die beiden, um sie auf unverfänglichere Themen zu bringen, insbesondere auf den Deal. Er ließ neuen Tee kommen.
    Löhring konnte den Blick nicht von der Dangast lassen. Unter normalen Umständen hätte er ihr Verhalten lediglich für typisch weiblich überzogen gehalten. Denn um ehrlich zu sein, hatte Kesch zuletzt eher ihre Schulden gemehrt als ihr Vermögen. Die fünf abgekauften Immobilien hatten ihr nur kurzzeitig zu Geld verholfen, während Kesch sie fondsfinanziert entwickelt und an die Holding zurückvermietet hatte – zu Mieten, die mit der Zeit zwanzig Prozent des Dangast-Umsatzes auffraßen. Kein Unternehmer konnte sich lange so halten, ohne nicht auch gleichzeitig auf Kreditbasis in gewinnbringende Beteiligungen zu investieren, wie es Hunderte von vermögenden, renommierten Mitinvestoren schließlich auch taten. Sehr selektiv. Steueroptimiert.
    Auch Etta von Dangast hatte es getan. Mit einer Bank wie von Sallewitz im Rücken, die ab einer gewissen Bonität wirklich alles finanzierte, auch wenn dafür die letzte Gartenlaube verpfändet werden musste. Und Kesch hatte dann auch gleich einen kompletten Vermögensverwaltungsvertrag mit ihr gemacht. Kapital sei schließlich ein flüchtiges Reh, das eine sichere Futterstelle suche, hatte er immer gesagt. Leider war Etta von Dangasts Kapital flüchtig geblieben und wohl im Unterholz an die falschen Futterstellen gelockt worden. Und nun, da Etta von Dangast nieaus eigener Kraft ihre Kredite hätte zurückzahlen können, war die Bank darauf angewiesen, ihr eben noch mehr davon zu geben, sie weiter investieren zu lassen, bis irgendwann einmal der große Wurf dabei war.
    Es gab also nur zwei Erklärungen, warum die Frau sich Kellermann gegenüber so merkwürdig verhielt: Entweder handelte es sich hier um eine fast schon klinische, aber doch harmlose Antipathie, die auch Kleinanleger ab und zu überkam – oder aber um das ungläubige Entsetzen darüber, dass ihr Mordanschlag auf Kesch augenscheinlich fehlgeschlagen war. Ja, dachte Löhring, sie konnte tatsächlich diejenige sein, die Kesch erschossen hatte. Gründe hätte es genug gegeben. Und nun stand der Typ sozusagen wieder vor ihr – ein Untoter samt Immobilienfonds und laufendem GV-Vertrag. Wenn letztere Hypothese stimmte, konnte man die Angelegenheit, gelinde gesagt, als Herausforderung betrachten – eben als high conflict resolution task. Er scannte wieder die Wände ab, wanderte im Raum umher und tastete dabei mit der Schuhspitze unauffällig den Teppichboden ab.

DER DEAL
    Das Vertrauen Etta von Dangasts in ihren Vermögensverwalter schien nachhaltig gestört zu sein, sodass Kellermann von Mollow in die Sitzgarnitur in der anderen Ecke des Raums beordert wurde, da er sicherlich noch einige Telefonate zu tätigen habe. Mollow wollte ihn wohl erst einmal aus der Schusslinie nehmen, ihn aber als Druckmittel gegenüber seiner Kundin sehr wohl im Raum lassen. Genial, dachte Löhring.
    Mollow leitete Etta von Dangast an den Besprechungstisch, zog gerade noch rechtzeitig einen Stuhl unter dem Tisch hervor, auf dem sie vollends in sich zusammensank.
    Sie starrte auf die Tischplatte und sagte: »Da war doch Blut. Da war doch wirklich Blut.«
    Mollow musste sich sichtlich zusammenreißen, tupfte sich kurz die Stirn ab und reichte seiner Kundin ein Glas Wasser. »Frau von Dangast, das Leben ist nicht einfach. Wir wissen das. Und was immer Sie gerade bewegt, ich sage Ihnen, dass wir auch das in den Griff bekommen. Auch dafür sind wir da.« Und dann, ganz langsam und rhetorisch geschult seit zweihundert Jahren, brachte er ihr Winters Pläne bei. Man hätte auch sagen können: Er munterte sie auf, er

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