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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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festsetzt, und die du, Francesca Brizzi, an Sergio Feretti zu zahlen hast.«
»Sie soll die Kacke aus meinem Zwinger schaufeln«, verlangte Feretti, plötzlich wieder ganz ruhig. »Sie selbst. Mit eigenen Händen. Das verlange ich.«
»Du kannst verlangen, was du willst, aber ich schlag’s dir ab.« Rossi bedeutete dem Schreiber, das Urteil ins Buch einzutragen. Von draußen drang das Gemurmel der Leute, die offenbar das Ende der Verhandlung abwarteten.
»Und warum?«
Rossi blätterte in seinen Unterlagen. »Warum was?«
»Warum soll sie die Kacke …«
»Das Gericht setzt die Strafe fest, nicht der Kläger.«
»Du beschützt deine Hure, Enzo Rossi. Das ist der Grund.«
Rossi hielt inne. Er blickte auf, und seine Gesichtsfarbe veränderte sich. Er wurde nicht bleich, dafür war sein Teint von Natur aus zu dunkel. Aber es war, als hätte sich ein ungesunder Silberton eingeschlichen. Feretti bemerkte es nicht. Er wartete, eingelullt in seine Empörung, dass Rossi ihn hinauswarf. In diesem Moment blickte ihm der Habenichts, der er einmal gewesen war, aus allen Knopflöchern. Und der kriecherische Betrüger, zu dem er sich entwickelt hatte, und der Mann, der eine Frau mit der Peitsche über die Pferdewiese jagte, dachte Cecilia, zitternd vor Widerwillen.
»Drei Zechinen, und wenn du noch einmal deinen Schmutz über dieses Gericht ergießt, wirst du das Doppelte als Buße in die Kasse des Granduca zahlen«, erklärte Rossi kühl. Damit war die Verhandlung beendet.
Und besonders gut hinbekommen hast du es nicht, dachte Cecilia. Wirklich nicht.
Gegen Mittag desselben Tages erklärte sie Rossi, dass sie vorhabe, die Wohnung der Seccis in der kommenden Woche zu beziehen. Er hörte ihr nicht zu. Er saß über einer Kladde, in die er etwas eintrug, und wahrscheinlich war er damit beschäftigt, seine Wunden zu lecken.
Cecilia ging mit Dina zu den Seccis, erfuhr, dass ihrem Einzug in die Wohnung der lieben verstorbenen Mamma nichts im Wege stünde, und empfing die Schlüssel. Sofort im Anschluss besichtigten sie die Wohnung.
»Montag kommen die Schauspieler. Ich war noch nie im Theater!«, freute sich Dina, während sie durch sämtliche Zimmer fegte. Sie fand die Schlafkammer. »Das Bett ist riesig. Hast du das Bett gesehen?«
Cecilia hatte erwartet, dass Dina sich über ihren Auszug grämen würde, aber das Mädchen war begeistert von der Wohnung. Mit dem Blick für Luxus, den sie ganz sicher von ihrer Mutter geerbt hatte, bestaunte sie die Möbel, und ihre kleinen Hände fuhren über die vergoldeten Bilderrahmen und die Intarsienarbeiten auf den Kommodentüren. Besonders entzückte sie der mit Samt beschlagene, kastenförmige Nachtstuhl, den sie in einer kleinen Kammer hinter dem Schlafzimmer entdeckte.
»Guck mal, mit Porzellanschüssel. Wie für eine Königin«, hauchte sie ehrfurchtsvoll.
Das Möbel war mit Ziernagelbändern versehen und … nicht ganz sauber, fand Cecilia, auch wenn ein dienstbarer Geist sich bemüht hatte, den Samt zu schrubben. Dieses Königinnending würde mit Sicherheit in dem Zimmer landen, das Cecilia als Rumpelkammer nutzen wollte. Sie dachte an die ParfümTerrinen und den ägyptischen Lampenmann. Oh ja, eine Rumpelkammer war wichtig.
»Gefällt dir deine Wohnung?«, fragte Dina atemlos.
»Gewiss«, sagte Cecilia und blickte sich um. Stimmt gar nicht, dachte sie. Sie fühlte sich plötzlich unwohl in dem muffigen Geruch, der in den Räumen hing, als könnte Mutters Geist sich nicht von der Wohnung trennen. Ihr war, als blinzelte der ägyptische Herr ihr boshaft zu. Sie sind eine Zigeunerin, Signorina. Wo werden Sie als Nächstes unterkriechen? Und was, wenn niemand Ihnen mehr Unterschlupf bieten mag? Was machen Sie dann?
    Rossi tauchte erst am Abend wieder zu Hause auf. Er war mit Secci und Zaccaria unten in den Sümpfen gewesen. Illegal, wenn man so wollte, denn die Sümpfe lagen ja in Luporis Bezirk. Sie hatten mit dem Einverständnis der Fischer – ein alter Mann namens Adolfo, der ihr Anführer zu sein schien, hatte sich dafür eingesetzt – sämtliche Fischerhütten durchsucht und dabei so vielen Hunden ins Maul geschaut, dass sie nach nassem Fell und Speichel stanken.
    »Der Sicario war nicht dabei.«
»Sicario?«
»So nannte einer der Fischer ihn. Ein tierischer Auftragsmörder. Der auf Befehl totbeißt.« Rossi schlürfte die heiße Schokolade, die Anita ihm gebracht hatte. Seine mageren Hände umklammerten den Becher, und sein Adamsapfel trat hervor, als er schluckte. Er sah elend aus.

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