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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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»Die Gerüchte schießen ins Kraut. Hier hat sich vor Jahren eine Bande herumgetrieben: entlaufene Soldaten, … Bauern, die ihre Pacht nicht zahlen konnten, … ausländisches Gesindel, geführt von einem Pfeifenbäcker aus Bivigliano. Der Granduca hat seine Grenadiere auf sie gehetzt, aber erwischt haben sie die Kerle nicht. Vielleicht ist der Pfeifenbäcker oder einer seiner Spießgesellen wieder aktiv geworden.«
    »Warum sollten sie einen Fischer ermorden?«, fragte Cecilia.
Rossi zuckte die Achseln.
»Weshalb bist du überhaupt in die Fischerhütten gegangen? Mario …«
Dina steckte die Nase ins Zimmer. »Darf ich König Hirsch anschauen, Vater?«
»Weißt du nicht, wie man klopft?«
»Es ist ein Märchen. Über einen König, der in einen Hirsch …«
»Darf sie?«, fragte Rossi Cecilia.
Sie nickte.
Rossi winkte seine Tochter hinaus, wie er ein Insekt fortgewedelt hätte. Dina schnitt ihm eine Grimasse, die er nicht bemerkte. Cecilia hätte gern beiden eine Grimasse geschnitten. Die Tür flog wieder zu.
»Um das Naheliegendste nicht zu übersehen.«
»Bitte?«
»Darum habe ich die Fischerhütten durchsucht. Wenn ein Mensch ermordet wurde, lohnt es sich, seine Familie, seine Freunde und Nachbarn unter die Lupe zu nehmen. Manchmal liegt einem die Lösung so dicht vor der Nase, dass man sie nicht sieht.« »Hast du etwas Neues erfahren?«
Rossi zuckte die Schultern. »Gibt es noch mehr Schokolade in diesem Haus?«
Cecilia stand auf und rief seinen Wunsch in die Küche hinab.
Als sie zurückkam, berichtete Rossi weiter: »Ein junger Mann ist verschwunden, ebenfalls ein Fischer. Ivaldo Bronzi. Er wollte zu den Maltesern, Soldat werden, weil die Fischerei ja doch stirbt, hier an den Seen. Er war ein Eigenbrötler. Gut möglich, dass er sich davongemacht hat, ohne sich zu verabschieden, meint Adolfo. Die anderen Fischer hätten bis vor Kurzem das Gleiche gedacht. Aber jetzt beunruhigt sie sein Verschwinden. Sie suchen die Sumpfränder ab. Du kannst ihre Angst spüren. Du kannst sie spüren wie einen verdammten Nebel auf der Haut.«
Er schwieg und schaute ins Feuer. Es roch im Speisezimmer immer noch nach kaltem Rauch und feuchtem Ruß, und Cecilia fragte sich, ob sie Dina mit in ihre neue Wohnung nehmen sollte, wenn die Handwerker mit den Tapeten kamen.
    Am übernächsten Tag – es war Montag, der sechste Februar, und zum ersten Mal ein wenig milder in diesem ungewöhnlich kalten Winter – erreichte die Compagnia Ferrari Montecatini Alto. Man hatte in dem kleinen Städtchen schon lange keine professionelle Schauspieler mehr zu Gesicht bekommen, und so verließen die Leute trotz des Regens die Häuser und folgten den Wagen mit den bunten Planen und Fähnchen und den roten Laternen.
    Cecilia sah sie auf den Marktplatz strömen. Zur Truppe gehörten drei Thespiskarren. Auf dem Bock des ersten saß ein Mann in einem schwarzen Frack, der angeheitert wirkte und kunstvoll die Peitsche kreiseln ließ, während er sich mit der Linken an die Strebe seines Sitzes klammerte. Im zweiten Karren, dessen Plane heruntergerollt war, standen pfauenhaft gekleidete Personen, die winkten und – mit gelangweilter Professionalität, was dem Ganzen ein wenig den Glamour nahm – scherzten und Konfetti unters Volk warfen. Der dritte enthielt offenbar Requisiten. Der Schweif einer Pferdeattrappe baumelte durch einen Schlitz zwischen Plane und Wagenkasten, und runde und spitze Gegenstände beulten die Stoffbahnen.
    »Uuund … sind wir willkommen?« Ein drahtiger Mann in einem Gewand aus bunten Rauten, mit übergroßen Schleifen an den Schuhen, einer weißen Halskrause, einem lustigen Hut und einer weißen Maske vor dem Gesicht sprang vom Wagen. Er zog dem Schwarzbefrackten geschickt die Peitsche aus der Hand und zauberte damit Kreise über seinem Kopf und Kreise, in die er mit den Füßen sprang, dass es einen schwindelte. »Sind wir willkommen? Sind die Jünger des Thespiiiis … in diesem wuuunderbaren … Ort … willkommen? Wo bleibt das … Huuurra?« Die Montecatinier starrten ihn verblüfft an. »Hurra«, brüllte Dina, die sich neben Cecilia geschlichen hatte und vor Aufregung kleine Hüpfer tat.
    Der Mann warf die Peitsche in die Luft, drehte eine Pirouette, fing sie wieder auf und machte eine großartige Gebärde in Richtung des ersten Wagens. Dort flog die Plane zur Seite. Im selben Moment …
    Cecilia zuckte zusammen und schlug die Hände auf die Ohren.
Etwas knallte und knatterte – und ein goldener Funkenregen stieg in die

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