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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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Stühlen wartete.
»… zuerst will ich erschlagen dich , wie einen Tintenfisch , wie einen Aal . Jetzt unterhält der König sich mit Angela . Ah , ich spür , wie ich zerberste . Ich könnte mit dem Kopf gegen die Wand . Die Eifersucht , der Hass … Ich will zu ihm und will ihn stören …«
Der Mann wurde unterbrochen. »Das ist gar nichts, Nazario. Das ist Hühnerscheiße. Bist du schon tot?« Inghiramos Stimme.
»Stell mich auf die Bühne von San Carlo, und ich fang wieder zu leben an. Auf einem Hühnerhaufen spiel ich eben Hühnerscheiße«, murrte der Schauspieler. Eine längere Pause trat ein, in der sie vielleicht leise miteinander sprachen.
»Ein seltsames Völkchen, nicht wahr?«, meinte ein alter Mann, der einzige andere Kaffeehausbesucher, der einige Stühle von Cecilia entfernt seinen Kaffee schlürfte. »Sie nehmen das alles so ernst.«
Wieder ertönte Inghiramos Stimme, dieses Mal laut und inbrünstig: » Jetzt unterhält der König sich mit Angela … ich spür , wie ich zerberste … ich könnte mit dem Kopf gegen die Wand … Die Eifersucht … der Hass … Ich will zu ihm und will ihn stören … «
Cecilia merkte, wie ihr ein Frösteln über den Rücken kroch. Die Eifersucht … der Hass … Inghiramo war ein Schweinehund, wie Rossi gesagt hatte, aber wenn er deklamierte … Wenn er von Hass und Eifersucht sprach, bebte die Erde. Gott ja , ich bin gut . Sein Lieblingssatz, und er hatte recht damit.
»Natürlich ist es an der Zeit …« Inghiramos Stimme wurde überdeckt von der einer Frau aus der Nachbarschaft, die ein Federdeckbett über die Fensterbrüstung hängte und sich ausführlich vor jemandem in ihrem Haus darüber ausließ, welch ein Glück es war, dass man das stinkende Zeug endlich auslüften könne. Gestopft werden müsse es auch …
Goffredo hatte die Kutsche ins Freie geführt. »Da ist sie, die Gute, Signorina Barghini. Sie ist lammfromm, keine Sorge. Und sie kennt die Wege. Im Zweifelsfall, lassen Sie sie einfach laufen …«
»Genau das werde ich tun.«
Er reichte Cecilia die Hand und half ihr auf die Kutschbank. »Lassen Sie sie einfach laufen, Signorina …«
»Gewiss.«
Der Wirt verschwand wieder im Kaffeehaus. Die Tür des Teatro wurde aufgestoßen, aber Cecilia wartete nicht ab, wer herauskam. Sie ruckte an den Zügeln und konnte mit Genugtuung feststellen, dass Emilia sich in Bewegung setzte.
» Mein König , oh Deramo , denkt daran – der Himmel ist gerecht , und er bestraft , wer andren Schaden zufügt … «
»Amen«, murmelte sie, als der Marktplatz in ihrem Rücken verschwand.
    Emilia bevorzugte die Hügellandschaft. Nachdem sie aus der Stadt gezuckelt waren, stapfte sie pfadauf, pfadab mit dem behäbigen Vergnügen eines Wesen, das keine Uhren kennt. Eine Zeit lang versuchte Cecilia, sie in diese oder jene Richtung zu lenken, aber der Erfolg war begrenzt, und schließlich gab sie auf. Warum auch nicht? Sie hatte kein besonderes Ziel, und nach Goffredos Auskunft würde Emilia am Ende sowieso in die Stadt zurückzockeln.
    So ging es an Sommervillen vorbei, die im Winter nicht bewohnt wurden, an Bauernkaten mit winzigen Fenstern und Kindern vor den Türen, an immer noch kahlen Äckern, an einem Brunnen, der nicht mehr in Betrieb war und von Pflanzen überwuchert wurde … Gelegentlich blieb Emilia stehen und knabberte an kahlen Zweigen oder steckte die Nase in einen Misthaufen. Der Spaziergang machte ihnen beiden Spaß.
    Schließlich bog die Schimmelstute mit schwankendem Hinterteil in einen Seitenpfad ein, der in höher liegendes Gelände führte. Es roch nach Gülle, die ein Bauer auf sein Feld ausgefahren hatte, und irgendwo bellte ein Hund. Wau !
    Noch einmal … Knapp und kräftig.
Wau !
Cecilia bemerkte, wie ihr Herz zu flattern begann.
    Ein zweites Tier antwortete dem ersten, wild und aufgeregt. Wauwau … Plötzlich fiel ein Schuss, und es war wieder still.
    Sie holte tief Luft. Irgendjemand jagte in der Gegend. Vielleicht Feretti. Waren sie nicht in der Nähe seines Hauses? Sie wusste es nicht. Mittlerweile hatte sie jedes Gefühl dafür verloren, wo sie sich befand. Aber das Gebell hatte auf ihre Stimmung geschlagen. »Wir müssen heim, Emilia.«
    Die Schimmelstute zuckte mit den Ohren.
    »Nun komm schon! Auf dich wartet bei Goffredo ein Sack mit Heu. Das muss dir doch gefallen.«
Der Pfad, den Emilia jetzt einschlagen wollte, war für Kutschen eindeutig ungeeignet. Viel zu eng. Unkraut drehte sich in die Wagenräder. Außerdem ging es noch steiler bergan.

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