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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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Cecilia zog am Zügel, was keine Wirkung hatte, außer dass die Stute unwillig schnaubte. Würde sie durchgehen, wenn man sie verärgerte? Eine von Großmutter Biancas Cousinen war von einem durchgehenden Gespann zu Tode getreten worden.
»Nanu, was ist denn das?«
Cecilia reckte den Hals. Emilia steuerte offenbar das einzige Gehöft an, das sich in diesen weitläufigen Hügeln versteckte. Mehrere heruntergekommene Gebäude, aus deren Mitte ein Turm mit einem Flachdach und einem schmalen Fenster ragte. Unterhalb des Fensters prangte eine Uhr, die auf kurz vor zehn Uhr stehen geblieben war. Die Ansiedlung musste schon vor geraumer Zeit im Stich gelassen worden sein. Trotz der Entfernung konnte Cecilia erkennen, dass die Fensterläden herausgebrochen, die Fensterscheiben eingeschlagen und die Türen mit Brettern krumm und schief vernagelt worden waren.
»Da wollen wir nicht hin«, sagte sie.
Emilia trottete voran. Cecilia schaute auf die Zügel in ihren Händen und dann zum Abhang an der Seite. Die Kutsche auf dem Rumpelweg zu wenden, wäre nicht einmal möglich gewesen, wenn das Tier ihr gehorcht hätte. Sie seufzte. Und dann ergab sich doch eine Chance. Der Pfad folgte einem natürlichen Schwung und verbreiterte sich hinter einer Kurve zu einem Platz. Früher einmal musste er mit Bäumen bestanden gewesen sein. Die hatte man allerdings auf Kniehöhe abgeholzt, und so sah es jetzt aus, als stünde man vor einem Gasthaus für Elfen und Feen mit einem Dutzend Tischen aus den Stümpfen der gefällten Riesen.
Cecilia zog an einem Hebel, den sie für die Bremse hielt – es war die Bremse, die Räder stockten –, und band die Zügel an der Lehne des Sitzes fest. Emilia scharrte unwillig mit den Hufen. Cecilia stieg vom Bock und näherte sich ihr von der Seite. »Wir werden jetzt kehrtmachen.« Feste Stimme, genau wie Rossi geraten hatte. Also gut, die Sache war geklärt. Sie würde Emilia am Geschirr, oder wie immer man die Lederbänder nannte, die sich um ihren Kopf wanden, im Kreis führen und den Rückweg antreten. Zuvor musste sie allerdings die Bremse wieder lösen.
Sobald Emilia ihre Freiheit zurückerlangt hatte, setzte sie sich erneut in Bewegung. Dieses Mal lockte sie ein Gebüsch hinter der Feentafel.
»Nein … nein, bitte …!« Cecilia packte zu, hatte aber nicht genügend Kraft, um Emilia davon abzuhalten, den Kopf hinter das Gebüsch zu senken. Dort lag etwas, rot und schwarz. Zähflüssig und strähnig. Stinkend. Cecilia ließ das Tier los und reckte den Hals.
»O Gott«, sagte sie.
Die Fetzen dort – die auseinandergerissenen Glieder und Pfoten, das Gedärm, das Fell – mussten noch vor Kurzem ein Hund gewesen sein. Das ließ sich zweifelsfrei aus dem Rest des schwarzen Schädels schließen, der wie ein Kinderball in eine Mulde zwischen den immergrünen Gewächsen gerollt war.
»O Gott«, wiederholte Cecilia. Das Pferd prustete angeekelt und wandte sich von seinem Fund ab.
Fort, nur fort von hier. Cecilia erklomm die Bank … »Hüh, beweg dich!«
Ein Hund also. Zerrissen wie der aus Monsummano. Wie die Schweine mit dem weißen Gurt. Offenbar vergnügten die Sumpfbestien sich damit, andere Tiere zu reißen. Cecilia lauschte in den Wind, konnte aber nichts hören bis auf das aufgeregte Tschilpen eines Vogels. Weit und breit war kein Hund zu entdecken, und kein flüchtendes Tier. Sie versuchte sich zu beruhigen.
Leider entschied Emilia sich erneut für den Weg hinauf zu dem verlassenen Hof.
»Mistvieh!«, fluchte Cecilia gedämpft und zog an den Zügeln, aber nicht sehr fest, denn sie hatte immer noch Angst, dass Emilia vor lauter Bockigkeit durchgehen könnte. Ernsthaft erwog sie, von der Kutsche zu springen und zu Fuß nach Montecatini zurückzukehren. Dagegen sprach, dass sie den Weg nicht kannte, Emilia aber vielleicht doch. Und dass sie keine Lust hatte, ohne Kutsche und Schimmel vor Rossi zu treten. Und … Sie hoffte, dass die mörderischen Hunde, falls sie nicht schon über alle Berge waren, vor den Hufen eines Pferdes mehr Respekt hatten als vor einer wehrlosen Frau.
Die Vittoria folgte einer Kurve, sie bog um eine zweite, dann erreichten sie das verfallene Gut, und zwar an der dem Turm abgewandten Seite, wo sich ein großer Mauerbogen vor einem Innenhof auftat. Die letzte Strecke fuhren sie im Schatten eines Felsens, und der Hof winkte einladend mit blendend hellem Licht. Dort würde sie endlich wenden können. Und dann heim, du tückisches Biest!
Sie verließen den Schatten. Der Mauerbogen wich

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