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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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würde die Stimme dämpfen.
»Und dann?«
Und dann wurde lästig. Es war wie der schrille Ton, den der Flötist am Teatro della Pergola ausgestoßen hatte, als ihn urplötzlich der Verstand verließ, mitten in einer Vorstellung. Sie hatten ihn aus dem Orchestergraben zerren müssen, und er hatte die ganze Zeit diesen Ton durch die Flöte geblasen. Nachher erzählten sie, dass er sich eingebildet hatte, das Teatro stünde in Flammen.
»… an Zaccarias Haus vorbei?«
»Was?«
Rossi seufzte. »Ich würde dich nicht bedrängen, wenn du nicht Blut …«
»Was für Blut?«
Er starrte sie an, und sie starrte zurück, und es tat ihr leid, dass sie ihn enttäuschte. Sie hatte ihn so gern. Mahlwerk hin oder her – sie würde sich für ihn Mühe geben. Und dann fiel es ihr wieder ein. »Der Hund …«
Gespannt beugte Rossi sich vor.
Sie merkte, wie ihre Augen groß und trocken wurden und ihr Herz zu klopfen begann. »Es ist wieder passiert«, flüsterte sie. »Ein Hund wurde gerissen.«
»Wo?«
Der Ton der Flöte schraubte sich höher. Sie war brav und versuchte sich dennoch zu erinnern. Und brachte heraus, was sie gesehen hatte. Der Hund – und dann ein Haus. Mit einem Turm und einer Uhr. »Kurz vor zehn.«
»Du hast die Bestien gesehen?«
»Nein.«
»Aber den toten Hund.«
Das hatte sie doch bereits erzählt.
»Und dann hast du ihn angefasst?«
Entsetzt starrte sie Rossi an. »Er war … nur noch Fetzen. Verstehst du nicht? Er … Natürlich habe ich ihn nicht angefasst. Er lag hinter einem Busch, und ich habe ihn nicht angefasst.«
»Cecilia! Das Blut …«
Der Flötenton bohrte sich durch die Stuckdecke. Feueralarm . Alle Besucher verlassen das Theater …
»Cecilia …«, hörte sie Rossis drängende Stimme.
»Was?«
Arthur tätschelte ihre Hand und versprühte zornige Blicke über das Bett.
»Ich …« Sie riss sich zusammen. »Ich bin wieder in die Kutsche gestiegen. Und dann bin ich …« Sachte, sachte. Das bekam sie hin. »Emilia wollte hinauf zu diesem Haus. Da war ein Tor. Wir sind durch das Tor gefahren, und im Hof haben wir …« … gewendet, wollte sie sagen. Sie hatte die Kutsche gewendet. Emilia hatte also doch noch klein beigegeben. Sie versuchte sich daran zu erinnern, wie sie sie mithilfe der Zügel in einen Kreis gezwungen hatte. Mit fester Hand , Cecilia … Natürlich. War sie tatsächlich ausgestiegen? Sie sah den Brunnen, sie sah den Ahorn, … wie ein Krake sah er aus, tatsächlich, als wäre ein Krake aus dem Meer gestiegen …
»Und was war dann?«
Ein Krake, der den ganzen Hof umarmen wollte …
»Und was war dann?«
Ein Krake … Sie merkte, wie ihr Gesicht nass wurde. Skid … Skid!
»Und nun lässt du sie hoffentlich in Ruhe«, zischte Arthur.
    Er gab ihr etwas Bitteres zu trinken, das sie einschlafen ließ, und als sie wieder erwachte, graute der Morgen. Ein trüber Schimmer fiel durch den Spalt zwischen den Vorhängen. Irene saß mit dem Kopf auf der Brust neben ihrem Bett und schnarchte leise. Aus ihrer weißen Haube hatte sich eine Strähne gelöst, was ihr ein verwegenes Aussehen gab, das sie beinahe hübsch machte. Der Eimer stand zu ihren Füßen.
    Der Eimer erinnerte Cecilia an Arthur und Arthur an Rossi und Rossi an das Haus auf dem Hügel und …
Nein, dachte sie. Beunruhigt schaute sie sich im Zimmer um, das ihr plötzlich eng und schlecht belüftet vorkam. Rossis lächerlicher chinesischer Hausmantel hing an einem Nagel neben der Tür, den er wohl zu diesem Zweck eingeschlagen hatte.
Ich schulde ihm etwas, dachte sie. Wahrscheinlich hatte er die Nacht irgendwo auf dem Fußboden verbracht. Sie lag schließlich in seinem Bett. Ich schulde ihm etwas. Und draußen gab es offenbar einen Menschen, der Hilfe brauchte – oder hatte sie das falsch verstanden? Rossi wollte ihn finden. Und deshalb musste sie sich erinnern. Die Kutschfahrt …
Sie wandte den Blick zur Decke, in der Hoffnung, sich so besser konzentrieren zu können. Emilia. Der Weg, der Hund … Das tat weh … Der Hund. Der tote Hund. Und dann das Tor. Die Krake … Das Tor, die Krake … Das Tor …
»O Signorina, ich wusste nicht … Sie sollten sich nicht aufsetzen. Der Dottore meinte …«
»Ich kann mich nicht erinnern, Irene.«
»Bitte, Signorina?«
»Ich kann mich nicht erinnern, was geschehen ist.« Die beiden Frauen starrten einander ratlos an. »Vielleicht ist das ein Glück, Signorina.«
»Besorgen Sie mir ein Kleid, Irene. Ich will aufstehen.«
»Aber der Dottore …«
»Laufen Sie. Das blaue mit dem hellen

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