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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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Und offenbar hatte auch keine Seele in der Umgebung der Höhle etwas Ungewöhnliches bemerkt. Cecilia lud ihn zum Essen ein, aber er hatte es eilig und verabschiedete sich.
    »Na schön«, sagte Rossi, als er gegangen war. »Ich brauche mein Hemd, den Justaucorps und dieses verteufelte Raschelzeug für den Hals.«
    Einen Moment war sie ratios. Dann fiel es ihr ein. »Du hast doch nicht etwa vor, Signora Seccis Diner zu besuchen?«
    »Habe ich, in der Tat. Sag Goffredo, er soll für den
    Abend die Vittoria fertig machen.«
»Wir brauchen nicht dorthin zu gehen. Du bist ver
letzt.«
»Doch, wir müssen.«
»Und warum?«
Gereizt knurrte er sie an: »Weil ich Leute kennenlernen will.«
Signora Seccis Villa platzte aus allen Nähten. Der
Affe und sämtliche Dekorationen, die an ihn erinnerten, waren verschwunden. Signora Secci hatte ihr Heim stattdessen in ein Theater verwandelt, mit einer Bühne, die zwar mit Rücksicht auf den Platz, den sie für die Gäste benötigte, nur wenige Fuß tief, dafür aber mit mannigfaltigen exotischen Requisiten versehen war. Palmenwedel aus Pappmaché, weiße Gipssäulen, ein Thron, über den eine Decke aus rot-grün gestreiftem Seidentaft ausgebreitet war, dräuende Gewitterwolken auf Leinwand als Hintergrund, das ausgestopfte Kostüm des Hirsches und eine lebensgroße Puppe, die ihren Anzug vermutlich vom Arlecchino entliehen hatte. Der Brighella amüsierte sich, indem er seinem stummen Rivalen unter dem Gelächter der Umstehenden Schimpfwörter an den Kopf warf.
Als Cecilia sich umschaute, hatte sie den Eindruck, dass die halbe Gästeschar aus verkleideten Schauspielern bestand. Eine lebendige Dekoration, die sich zudem unterhaltsam und schlagfertig gab. Dieses Diner würde im Gedächtnis bleiben.
Rossi humpelte zu einem Kanapee, neben dem ein pockennarbiger Zwerg mit einer Krone aus Goldflitter auf den Füßen wippte. Er schob ein Kissen beiseite und ließ sich in die Polster fallen.
»Ich suche Signora Secci und bedanke mich«, erklärte Cecilia.
»Tu das.« Er nahm ein Glas Wein entgegen. Inghiramo war nicht gekommen. Das stellte Cecilia mit Erleichterung fest, als sie durch die Räume ging – und doch fühlte sie auch einen Stich der Enttäuschung.
    Ich habe die Liebe gekränkt , die einzige Göttin , der ich diene … Solange es dauert, dachte sie, zuckte die Schultern und tat, als wäre es ihr gleich. Sie kehrte in den Salon zurück, wo sie endlich ihre Gastgeberin fand.
    Signora Secci war allerdings beschäftigt. Sie stand neben dem Arlecchino, der ihr vertraulich etwas zuflüsterte. Als sie nickte, nahm er einen Schritt Anlauf und schlug einen Purzelbaum, der ihn in einem atemberaubenden Salto mitten auf den Tisch beförderte, direkt neben den silbernen Tafelaufsatz. Das Wasser in den Blumenschalen schwappte. Signora Secci lächelte verwegen.
    »Signore, Signori! Ein Moment der Aufmerksamkeit, ein wenig Gehör für einen armseligen Spaßmacher. Ich bringe gute Botschaft: Deeeer … Frühling ist zurück.«
    Auf das Stichwort flog die Tür auf, und zwei Tänzerinnen mit schockierend kurzen Röcken aus einander überlappenden Stoffblättern wirbelten herein. Sie drehten sich um die Gäste und warfen Papierblumen aus Strohkörben. Nicht nur Blumen. Die Gäste kreischten auf, als ein Schwarm erschreckter Vögel in die Luft flatterte. Plötzlich schwirrte es überall. Kerzen schwankten. Ein Glas stürzte um, und roter Wein ergoss sich über das Tischtuch und das Kleid einer älteren Dame, die entsetzt ihren Stuhl zurückschob. Das Kristall des Lüsters klirrte unter Flügelschlag. Kreischend verzogen die Damen sich hinter die Rücken ihrer Kavaliere, und die Kavaliere wedelten entzückt mit den Händen.
»Deeeer Früüüühling …«
Cecilia sah den Arlecchino lachen und Signora Secci bestürzt ihr Zimmer inspizieren. Die mollige Nichte der Signora scheuchte panisch ein Vögelchen aus ihrem Haar. Unterdessen hatten die beiden Tänzerinnen den Vögeln Blumen und Körbe hinterdrein geworfen und standen nun ebenfalls auf dem Tisch – wo sie graziös knicksten.
    Cecilia fand sich an Rossis Seite wieder. »Dafür wird sie die Bande hassen«, wisperte sie ihm ins Ohr.
»Sie wird sie lieben, gleich, was sie tun. Sie hat sich entschlossen , sie zu lieben. Und sie ändert niemals ihre Meinung.« Rossi schien dem Spektakel nicht den geringsten Reiz abgewinnen zu können, was schade war, denn Cecilia hatte selten etwas Komischeres gesehen. Auch wenn das Benehmen der Schauspieler natürlich

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