GLÄSERN (German Edition)
sogar bleich vor Neid. Ich habe nie verstanden, wieso. Wir sind noch nicht einmal in einer Weise vergleichbar!«
Ich ersparte mir die Erklärung, dass auch schöne Frauen meist grundlos selbst die biedersten Weiber als Konkurrenz sehen, wenn diese sich nur stolz genug präsentieren.
Sie packte energisch das Zaumzeug ihres Fuchses. »An diesem Abend riss auch das letzte dünne Band zwischen uns … wenn es denn je existiert hatte. Den Rest kennst du.«
In der Tat kannte ich ihn, wenn auch nicht unbedingt in der wirklichen Variante, wie ich befürchtete. Noch ehe ich nachfragen konnte, erhob sie sich, stieg auf und stob wie eine Wahnsinnige durch das Geäst davon. Kieran folgte ihr sogleich und ich hatte Mühe, ihnen hinterher zu kommen.
Endlich holte ich etwas auf und Eirwyn ritt eine Weile langsamer neben mir her.
»Weißt du, Frederick, mit Kieran rechnete ich jeden Tag, doch dass du mich aufsuchen würdest, habe ich nicht erwartet«, sagte sie ernst.
Ich lächelte sie besorgt an. »Nun, Lady Amaranth will, dass du nach Hause kommst. Nur für eine Weile, damit–«
Hart holte mich ein herabhängender schwerer Ast aus dem Sattel, als ich für einen Moment nicht genug Acht gab. Ich stürzte vom Pferd. So kam es, dass ich hart auf dem Waldboden aufschlug und es in meiner Brust vernehmlich knackte. Lange blieb ich bewegungslos liegen, horchte auf das Schlagen meines Herzens und das leise Knirschen, welches es bei jedem Schlag begleitete.
Es dauerte einen Augenblick, bis Angst in mir aufstieg. Panische Angst! Ich versuchte verzweifelt, flach zu atmen, jedoch sah ich bald ein, dass das unmöglich war. Ich hyperventilierte nun. Mein Körper war für einen Moment wie aus schmelzendem Schnee, lediglich meine Augen konnte ich hastig bewegen. Aus den Augenwinkeln sah ich Kieran heranpreschen. Noch im Ritt sprang er ab und eilte zu mir. Vorsichtig betastete er mich, drehte meinen Kopf zu sich. Inzwischen kam auch Eirwyn zurück. Panik stand in ihrem Gesicht, wo ich bei Kieran ausnahmsweise echte Sorge sah. Gemeinsam hievten sie mich vor Kieran in den Sattel und brachten mich wie eine zerbrochene Porzellanpuppe behutsam zurück zum Gut.
Ich konnte mich nicht oft genug entschuldigen, dass ich ihren Ausritt so rasch und ungalant beendet hatte. Eirwyn vergab mir natürlich großherzig und blieb sogar bei mir, bis mich Giniver in dem großen Bett in unserem Raum in den Schlaf gestreichelt hatte. Schon bald glitt ich in einen schmerzfreien und traumlosen Schlaf …
Viele, viele Stunden später weckte mich meine stille Freundin, um mich in den Salon zu begleiten. Man hatte mir die Brust mit einem festen Verband geschnürt, damit ich mich nur sporadisch bewegen konnte. Ich wankte unkontrolliert an ihrem Arm, versuchte jedoch so gut es ging, Haltung zu wahren. Es war schmerzhafter, als ich hier darlegen kann. Am Fuß der Treppe sank ich beinahe im Teppich ein, so weich war er. Überall erhellten kostbare Glaslampen in der Form großer Blumen die Ecken und Winkel. Es war etwas verklärt und dennoch wunderschön. Ich presste die Hand auf meine Brust und trat leicht an Giniver gelehnt in den Speisesaal. Dort fand das abendliche Wiedersehensmahl statt. Ich ließ mich zwischen den beiden Frauen an dem runden Holztisch nieder. Amüsiert bemerkte ich, dass die Lehnen der zarten Stühle wie Herzen geformt waren. Wir schmausten ausschweifend, zudem schmeckte es hundertmal so gut, wenn man Wochen in Gasthäusern bei allerlei Schleim und in freier Natur bei kaltem Braten und hartem Brot zugebracht hatte.
Es war ein angenehmes Mahl, frei von all den Anspannungen der letzten Tage. Lachen beherrschte die Tischgesellschaft, man erzählte sich Anekdoten aus dem rauen Schottland und seinen schrulligen Bewohnern an der Küste. Meiner Meinung nach ging der Löwenanteil dabei auf mein Konto, doch ich möchte dem Leser dies hier ersparen, um meinen Stolz etwas zu wahren. Und entgegen Kierans Behauptungen – bevor Sie es von jemand anderem hören – habe ich auch nicht einen Moment lang Ginivers Lackpumps getragen.
Eirwyn fütterte den Wolfshund, der auf den Namen Sarastro hörte, mit Fleisch von meinem Teller, das ich beiseitegeschoben hatte. Der Jäger warf ihr stets kurze, glühende Blicke zu, die sie mit flatternden Augenaufschlägen erwiderte. Wieder fiel mir auf, wie vollkommen sie war. Sie gaben eigentlich ein wunderbares Paar ab. Eigentlich.
Spät abends klopfte es dann laut an die Tür. Eine der Servants, die zu siebt (eine doch
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