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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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recht stattliche Zahl bedenke man, dass sie lediglich dem alten Hausherren und nun meiner Dame Eirwyn dienten) rund um den Kamin saßen, ging dem späten Gast öffnen und bat wenig später Eirwyn in das Foyer. Wir sahen uns über unsere Teller hinweg an und sicherlich dachte in diesem Moment jeder etwas anderes. Die Grafentochter kehrte bald daraufhin mit verwirrter Miene zurück.
    »Ein später Gast hat zu uns gefunden, meine Lieben. Rosaline, mach doch bitte noch einen Raum zurecht«, wies sie die Maid Servant freundlich an. »Er ist sehr müde und wünscht, sich sogleich zur Ruhe zu legen. Er hofft, ihr erachtet das nicht als unhöflich. Er wird morgen dann zu uns stoßen. Und vielleicht können wir uns ja alle zusammen bei einem gemütlichen Abend mit einer Schauergeschichte vergnügen«, kicherte sie. Dass man den Deutschen in Sachen grausiger Zwergen- und Hexengeschichten nur schwerlich das Wasser reichen konnte, war mir bekannt, und ich hoffte inständig, dass Sandford den bloßen Gedanken an einen eventuellen Gruselabend mit seiner unbedachten Art sogleich im Keim ersticken würde.
    »Du würdest uns doch sicherlich die Freude machen, mein Lieber?« sagte Eirwyn und legte eine Hand auf den Unterarm des Jägers.
    Sie blinzelte ihm mit ihren langen Wimpern zu. Es erübrigt sich sicher zu berichten, dass er zustimmte, auch wenn er es sicherlich weitaus weniger arrogant hätte tun können. Mein Gefühl sagte mir, dass der Jäger ausnahmslos alles für diese junge Dame tun würde und sie sich dessen auch gewiss war. Ich selbst tat es ja auch für meine Lady Georgina Amaranth. So waren wir also beide irgendwie Verlorene.
    Der Schmaus ging bis tief in die Nacht hinein weiter und ich gab mir die größte Mühe, mich nicht unnötig zu bewegen. Auch ignorierte ich Kierans harten Schlag auf die Schulter und Giniver und ich verabschiedeten uns zur Nachtruhe.
    Eirwyn nahm mich jedoch kurz zur Seite. »Frederick, ich hoffe, der Grund deines Besuches ist ebenso erfreulich wie deine Anwesenheit? Kieran möchte später mit mir sprechen, unter vier Augen. Er sagt, ihr habt euch unterwegs im Wald getroffen und da ihr scheinbar dieselbe Botschaft für mich habt …« Sie breitete die Arme weit aus und ich erkannte so etwas wie Ungeduld in ihrem Gesicht. Natürlich konnte ich mich auch täuschen. Nie war Eirwyn mit irgendjemandem ungeduldig oder böse. »Willst du mir denn gleich etwas sagen? Vielleicht über meinen Vater?«
    Noch konnte ich nicht sprechen, und schon gar nicht unter Kierans Adlerblick, der mich erneut durchbohrte. Daher schüttelte ich den Kopf. Es tat mir schrecklich leid, sie zu enttäuschen.
    »Wir sprechen morgen. Wenn du etwas Zeit für mich erübrigen könntest?«, versprach ich. Sie war enttäuscht, das sah ich ihr an. Seufzend wandte sie sich um.
    »Ich weiß nicht, welche Botschaft er da für dich hat«, bemerkte ich und deutete mit dem Kinn auf den Jäger, »aber es ist gewiss eine andere als die meine.«
    Eirwyn nickte verwirrt. Gern hätte ich sie offiziell gefragt, wer der späte Besuch war, doch ein Gefühl, stärker als eine Ahnung, beantwortete diese Frage ohnehin. Ich war neugierig auf Kieran und seine Version der Geschichte. Eirwyn drehte mir nun den Rücken zu. »Gute Nacht, Frederick«, sagte sie knapp im Davongehen.
    Jeder meiner Schritte war schmerzhaft, als ich in unser Zimmer ging. Einige Kerzen in und auf winzigem zartem Teeporzellan erhellten den Flur und seine vielen Stufen. Ebenso wie der Rest des Hauses war jeder Winkel geschmückt mit allerlei Nippes; ein asiatisch anmutendes Schränkchen aus rotem Lack hier, ein herzförmiges Stühlchen mit nur drei Beinen dort, kleine Schatullen aus Keramik mit gemalten Rosen hier, Kerzenhalter in der Form verschlungener Drachen da. Schnörkelige Bilderrahmen zeigten Portraits von allen Hausdienern, als auch vom Grafen selbst als sehr viel jüngeren Mann.
    Verzaubert von all den verspielten Fremdartigkeiten, stieg ich wie in Trance die kleinen Etappen hinauf. Es summte in meinem Kopf. Kurz dachte ich, es würden wieder Stimmen durch dünne Wände zu mir raunen. Viel Wein hatte ich allerdings nicht getrunken, jedenfalls nicht über mein Maß. Verführerisch drang plötzlich ein einzelnes Wort wie durch Watte an mein Ohr, nein, in meinen Kopf! Vor Schreck atmete ich zu scharf ein und meine Brust presste sich zusammen. Ich zwang mich, flacher zu atmen. Es schien, als wollte die Stimme mich beruhigen.
    »Schschsch«, zischte sie. Immer wieder

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