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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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kramen, doch ich erkannte problemlos die nun folgende Szenerie – bei der es, wie sich bald herausstellen sollte, ohnehin klug anmuten würde, das Risiko zu meiden, durch verräterische Reflexionen auf mich aufmerksam zu machen.
    Warmes Kerzenlicht ließ rauchige Schemen in den feinen Weingläsern auf dem schwarzen Holztischchen tanzen, es spiegelte sich auf den Goldrändern der Teetässchen, schwamm in der Karaffe mit blutfarbenem Wein. Die Grafentochter lag elegant ausgestreckt auf einer samtenen Chaiselongue, gehüllt in einen beinahe transparenten Kimono, wie ich sehen konnte. Der Jäger saß in dem großen Sessel, der dem Kamin am nächsten stand. Sie unterhielten sich mit gedämpften Stimmen und ernsthaften Mienen über etwas. Das Knistern und Knacken des Kaminfeuers ließ ihre Worte nur undeutlich zu mir hindurchdringen. Ich vernahm Kierans raue Stimme etwas deutlicher und war wohl keinen Moment zu spät gekommen, denn ein Gespräch war in vollem Gange. Hätte ich ein besser ausgeprägtes Schamgefühl besessen, so hätte ich mich wohl in Grund und Boden geschämt, die Dame, die ich so sehr mochte, zu bespitzeln.
    »… leid, mein Herz«, sagte er gerade.
    »Es steht wirklich nicht gut um ihn, wie ich hörte. Amaranth will ihn wohl möglichst langsam krepieren lassen. Giniver war sich sicher, dass sie den Wortlaut im Brief Hektors beinahe wortwörtlich an mich weitergeben konnte. Und ohne sie, weiß der Henker, ob ich noch rechtzeitig hier gewesen wäre. Eine andere Sache ist es, herauszufinden, welche Funktion dieser Lord hier hat. Er klingt zwar offensichtlich walisisch, jedoch weiß jeder einen anderen Ort, wo er angeblich seinen Besitz hat, und solchen Leuten sollte man bekanntlich nicht den Rücken kehren. Meine Güte – keiner hier scheint sein wahres Gesicht zu zeigen.«
    Er rieb sich das Gesicht mit den Händen. Eirwyn betrachtete inzwischen eine volle Weintraube zwischen ihren Fingern.
    »Ich jedenfalls habe beschlossen, ihm erst einmal nicht zu trauen. Aber Frederick. Ganz im Gegensatz zu dir. Er ist einer meiner ältesten Freunde. Wir hatten eine schöne Zeit im Haus meines Vaters. Er brachte mich stets zum Lachen, wenn ich wieder einmal wütend war.«
    »Mich bringt er ohnehin immer zum Lachen.«
    Sie warf kichernd eine Traube nach ihm. »Ein bisschen weniger Hochmut macht einen Mann sehr viel interessanter«, tadelte sie ihn lächelnd. »Was magst du wohl für Schwächen haben, Jägersmann?«
    Kieran tat, als würde er überlegen. »Außer dir wohl keine, schätze ich. Eventuell neige ich jedoch zu chronischer Selbstüberschätzung?«
    Sie lachte laut, schlug sich jedoch gleich die Hand auf den Mund. »Genug jetzt. Weiß Frederick, was meine Mutter vorhat? Dass sie meinen Tod will?«
    »Ich schätze nicht«, sagte Kieran leichthin, ohne sie aus den Augen zu lassen. »Er glaubt ihr immer noch jedes Märchen, das sie ihm erzählt. Ich aber denke, dass er auch seine Prinzipien … nun, strenger definiert. Er ist deiner Mutter doch hörig wie ein kleiner Pudel.«
    Ich stöhnte auf. Das konnte nicht sein! Niemals würde meine Lady ihrer Tochter ein Leid zufügen wollen! Hausarrest und Reitverbot waren eine Sache. Zuerst Ginivers Verrat, einem Jäger zu helfen – was dachte sie sich nur dabei! – und nun das! Bereits auf deutschem Boden hatte Kieran etwas Ähnliches behauptet, was ich auf eine Phantasterei meines trunkenen Gehirns geschoben hatte. Ich rang um Fassung. Erneut knirschte es in meiner Brust. Meine Finger krampften sich um das Revers. Sofort entsann ich mich der Falten, die ich damit hinterlassen würde und lockerte den Griff. Meine Neugierde ließ mich meinen Spionageposten wieder aufnehmen und ich presste erneut das Auge gegen das Guckloch.
    »… ist ihr gänzlich verfallen, der Schwachkopf. Wir sollten ihm gegenüber Stillschweigen bewahren. Und Vorsicht walten lassen. Schließlich muss er nichts davon mitbekommen, was wir beide wissen. Ich will ihn nicht in die Lage bringen, sich entscheiden zu müssen. Du weißt, da geht jegliche Kontrolle verloren. Vor allem weißt du, zu was deine Mutter fähig ist, wenn sich jemand gegen sie wendet.«
    Eirwyn nickte langsam und überlegt. Eine Weile schwiegen sie. Dann stand Kieran auf, stellte sein Glas ab und ging langsam um den Tisch herum auf sie zu. Er sank vor ihr auf die Knie, versenkte seinen Blick fest in dem ihren. Mir wurde wieder übel. Er nahm ihr die Teetasse aus der Hand und stellte sie hastig fort. Dann legte er seinen Kopf in

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