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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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ihren Schoß. Verwundert blinzelte ich und ein paar winzige Stückchen von der Wand rieselten in mein Auge. Ich rieb den Staub hektisch heraus. In Schottland stieß sie ihn stets von sich. Spielerisch, jedoch war klar, dass er zu wenig vermögend war, um ernsthaft Chancen bei ihr zu haben. Zumindest wenn es nach der Etikette ging. Er sollte doch inzwischen über eine gewisse Lernfähigkeit verfügen, dennoch …
    »Ich muss dir etwas gestehen«, hob er mit leiser Stimme an. Eine Hand fuhr über ihr Bein, streichelte es sanft. Eirwyn schloss entspannt die Augen. Ich stutzte. »Es ist so schwer. Du wirst mich vielleicht hassen, Eirwyn.«
    Sie glitt mit ihren Fingern durch sein helles Haar. »Lass mich diese Entscheidung bitte selbst treffen«, raunte sie.
    Er nahm sich noch einige Augenblicke Zeit, ehe er leise fortfuhr: »Als du nach dem Streit mit deinem Vater in den Wilden Wald liefst, verlangte die Lady nach deinem Leben.« Eirwyn nickte mit geschlossenen Augen. »Du solltest getötet und deine Innereien als Abendschmaus für deine Mutter und, wie ich vermute, auch den Grafen zubereitet werden. Ohne sein Wissen, natürlich. Sie wollte dich vollständig vernichten, deinen Geist in sich aufnehmen und deine Schönheit mit ihm. Sie glaubte so fest daran.« Er stockte und hob den Kopf. Eirwyns Augen waren nun aufgerissen und riesig wie zwei Teiche. Sie war bleich wie der Tod, der sie ereilen sollte. »Ich weiß das alles, weil ich es war, der dich töten sollte. Ich war der Jäger des Grafen und damit auch im Dienste seiner Frau. Und in jener Nacht übertrug sie mir zudem noch die Rolle des …«
    Des gehörnten Bediensteten, der den Wahnwitz in seinem Vorhaben noch bitter betreuen sollte? Ich kicherte in mich hinein. Das wäre doch mal was. Sühnen für die Vermessenheit des –
    »… Mörders«, sagte Kieran nun.
    Ich presste mein Auge bestürzt noch fester auf das Loch. Nur mühsam unterdrückte ich den Drang, entsetzt aufzuschreien. Welche Verleumdung an meiner Herrin und der Liebe zu ihrer Tochter das doch war.
    Nur das Knistern aus dem Kamin störte die Stille, die sich nun niedergesenkt hatte. Kierans Stimme durchschnitt den Raum wie ein Peitschenschlag. Ich grinste in mich hinein – vorbei der Traum, die Grafentochter zu bedrängen.
    »Ich vermummte mein Gesicht, damit du mich wenigstens nicht erkennen solltest, Liebste …«
    Ein seltsamer Irrsinn überkam mich plötzlich und ich lehnte lächelnd meinen Kopf gegen die Wand und presste die Lippen aufeinander, bemüht, nun nicht zu kichern. Erst nach wenigen Augenblicken wurde mir jedoch bewusst, dass ich belogen worden war. Immer wieder hatte meine Herrin behauptet, ihr Kind wäre nach einem heftigen Streit in die Winternacht geflohen, und vielleicht stimmte das sogar bis zu diesem Punkt. Selbst wenn ich mir diese Momente ins Gedächtnis rief, an denen sie mir ihre Flucht mitgeteilt hatte, bin ich mir sicher, nicht den kleinsten Schatten einer Lüge in ihrem Gesicht gesehen zu haben. Niemals hätte ich es auch gewagt, danach zu suchen. Was wohl Eirwyn gesehen haben mag in der Dunkelheit. Einen großen Schattenalb, der ihr im tiefen Schnee nach dem Leben trachtete?
    »Als du stürztest und vor mir im Schnee gelegen hast«, fuhr der Jäger fort, »und ich dich zu Boden drücken musste, mit meinem Messer über dir saß … Ich kann es nicht beschreiben, mein Herz. Ich konnte es nicht, obwohl ihr Fluch mir im wahrsten Sinne das Herz zerriss. Es war für einen Moment beinahe, als hätte ich geschlafen, als wäre ich erwacht von dem Bann den sie mir auferlegt hatte. Und in diesem kurzen Augenblick konnte ich dich gehen lassen. Deshalb ließ ich zu, dass du mich fortstoßen konntest. Deshalb vermummte ich mein Gesicht mit einem Tuch, um noch ein wenig Würde zu wahren. Ich starb, als du mich panisch von dir stießest und im Schnee verschwandest wie ein Geistwesen. Dein Blick, so angsterfüllt und voller …«
    Abscheu? Hoffentlich doch.
    »… Hass.«
    Auch gut.
    Eirwyn saß mit starrem Blick und streichelte mechanisch sein langes helles Haar. Sie sagte kein Wort, und ich glaube, es hätte auch keines gegeben, das es auszusprechen wert gewesen wäre. Kieran vergrub sein Gesicht tiefer in ihrem Überwurf und ich konnte seine Worte nun kaum noch verstehen.
    »Nachdem du geflohen warst, tötete ich einen schlafenden Dachs, den ich ausgrub und weidete ihn aus, um dieser Hexe die gewünschten Innereien zu bringen.«
    Ja, es war damals die Rede von einem Eintopf, dessen

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