GLÄSERN (German Edition)
Zubereitung ich in der Küche überwachen sollte. Eirwyns Finger hingen nun starr in seinem Haar. Kieran richtete sich langsam auf und hob die Hände, um ihr Gesicht zu umfassen. Er blickte ihr lange in die meerfarbenen Augen und sagte mit rauer Stimme: »Sie behexte mich; sie tut es noch. Ich habe kaum mehr freien Willen. Jedoch … ich will dir alles erzählen, ich will dass du alles weißt … Sie ließ mich in jener Nacht holen, Eirwyn. Sie brachten mich in diesen grässlichen Saal, in dem sie sich immer einschloss. Alles war dunkel, schwarze Vorhänge, die die ganze Welt aussperrten, dunkle Kerzen, Schalen mit allerhand widerlichem Zeugs darin, Tiegel, gefüllt mit Nebel … Sie gab mir den Auftrag, dir zu folgen und dich zu töten, als würde sie mich um Brennholz bitten. Sie wusste, du würdest nicht an die Pferde kommen und zu Fuß fliehen müssen. Natürlich verweigerte ich ihr meine Dienste! Zum Henker, ich habe sogar versucht, deine Mutter zu töten. Mein Messer kam nicht einmal in ihre Nähe; die Hexe nahm es mir ab, als hätte ich es ihr selbst überreicht. Ich war wie betäubt. Gebannt. Ich stürzte auf einen Stuhl und sie …« Er stockte. Sowohl ich, als auch Eirwyn, starrten wie leere Puppen auf unserer Hände. »… sie riss mir das Hemd auf und …« Er stockte abermals, und ich fürchtete schon, die Märchenstunde wäre für heute vorüber. Glauben schenkte ich nur mehr Eirwyn selbst. Nicht einmal Giniver konnte ich sicher vertrauen. »… trieb mir winzige Glassplitter in die Brust, die sie in ihrer Hand hielt und rieb wie … Staubkörner. Sofort schnitten sich hunderte dieser kleinen Messer durch meinen Körper, scharf wie meine Sichel. Von diesem Moment an, wenn ich mich auch nur mit einem Gedanken gegen sie wendete … fraßen sie sich tiefer in mein Herz. Sie sagte, wenn ich ihr dein Herz nicht bringen will, soll meines leiden. Bald schon gab ich es auf, mich dagegen zu wehren, und floh aus Amaranth Manor. Dennoch, der Schmerz zwang mich, dir weit hinaus aus dem Wilden Wald zu folgen und den Auftrag dennoch auszuführen. Solange du genug Vorsprung hattest, quälte mich zwar der Schmerz schlimmer, jedoch zeigte er mir auch, dass du vorerst in Sicherheit vor ihr warst. Und vor mir.« Er küsste sanft ihre Hand. »Ich hatte sie maßlos unterschätzt. Entschuldige.«
Eirwyn sah ihn an, die Lippen fest zu einem blutroten Strich zusammengepresst.
»Ich wollte deinem Vater sagen, dass du wohlauf bist. Ich hätte nicht überstürzt fliehen sollen. Ich habe deinem Vater seine Krankheit beschert.«
Langsam nahm er die Hände von ihr. Er senkte den Kopf und sein Haar fiel wie ein leichter Vorhang um sein Gesicht. Ich konnte mich kaum rühren. Das waren vielleicht Offenbarungen zu später Stunde … Der vermummte Jäger sollte tatsächlich die Tochter meiner Herrin töten! Das konnte nicht wahr sein. Welchen Nutzen hätte die Lady davon? Niemals wäre simple Eifersucht doch Grund genug, eigenes Blut ermorden zu lassen. Oder? Und wozu eifersüchtig? Lady Amaranth war ebenso vollkommen wie Eirwyn, eben auf ihre eigene einzigartige Weise. Welche Ammenmärchen wurden hier von diesem Jäger zum Besten gegeben? Am liebsten hätte ich das Gemach gestürmt und Kieran zur Rede gestellt.
»Wohlauf?«
Eirwyn setzte sich langsam auf. Sie war noch immer besonders bleich, doch wirkte sie etwas gefasster. Schon als ich dachte, sie würde ihm den verdienten Schlag ins Gesicht geben, hob sie sein Gesicht an. Einer ihrer Finger öffnete ein, zwei Knöpfe seines Hemdes. Sie strich sachte über etwas, das sich wohl auf seiner Brust befand. Ich konnte nicht viel erkennen, doch die größte von einigen Narben, die das Fleisch teilten, war mir noch flüchtig von seiner morgendlichen Säuberung im Wald im Gedächtnis.
»Wohlauf bin ich noch nie gewesen. Aber sicher bin ich hier wohl für einige Zeit. Wie viele sind es noch?« sie legte ihre bleichen Hände auf seine Haut.
»Einige konnte ich herausschneiden«, flüsterte Kieran. »Trotzdem bleiben die meisten davon zu tief verborgen. Ich habe versucht sie loszuwerden, konnte jedoch irgendwann nicht mehr tiefer schneiden, ohne …«
Eirwyn beugte sich zu ihm hinab und küsste sanft die geschundene Haut. Ich konnte es nicht glauben. Dann legte sie ihre Lippen auf die seinen, küsste zärtlich die kleine Narbe auf seiner Oberlippe.
»Danke, dass du mir das alles erzählt hast. Für mich ist unwichtig, zu was du gezwungen wurdest. Was zählt ist, dass du versucht hast,
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