GLÄSERN (German Edition)
ihrem Bann zu trotzen. Für mich! Und dass du mir so vertraust. Ich kann dich nicht hassen, Kieran. Vor allem schulde ich dir so vieles …«
Ich lehnte mich gegen das Löchlein in der Wand. Giniver, Kieran und meine Lady übernahmen nun wie Schneestürme die Herrschaft über meine Gedanken. Keinem von ihnen vertraute ich in diesem Moment wirklich. Bei dem Wort „Bann“ fiel mir auch der Brief wieder ein, den ich noch immer in meiner Tasche trug und dem ich während meiner Beobachtungen böse zugesetzt hatte. Es war nun gleich, ob sie ihn noch erhielt; es machte keinen Unterschied mehr. Ich legte zögerlich und auch etwas ängstlich mein Auge an das Guckloch. Die beiden Menschen dahinter küssten sich nun zart, aber innig. Er streichelte ihre Beine, ihren Hals, ihr Gesicht. Schließlich hob er sie auf seine Arme und sie schlang die ihren um seinen Hals und lächelte verzückt.
»Du machst mich unglaublich glücklich«, seufzte er. »Ich habe dich immer geliebt, Eirwyn. Sogar schon, als du noch ein kleines seltsames Mädchen warst.« Sie schlug ihm scherzhaft tadelnd auf die Schulter. »Mehr als gut war für mich, glaube mir. Beinahe hättest du mich zum Trunkenbold gemacht.«
»Tust du es noch?«, fragte sie ihn. Das kleine Biest kannte die Antwort so gut wie ich, ihr stiller Beobachter.
Trinken? Oh ja. Das mit der bedingungslosen Liebe und Zuneigung glaubte ich keinen Augenblick.
»Ja. Jeden Tag mehr«, hauchte er ihr dennoch auf die Lippen.
Erstaunlich, welche romantischen Seiten ein solch imposanter Jäger, der Hirschkühe ausweidete und sich selbst den Körper zerschnitt, an den Tag legen konnte. Sie lachten und er wirbelte sie auf seinen Armen durch den Raum, bis sie sich dem wenige Schritt entfernten, großen Bett näherten, das auf einem Podest im hinteren Teil des Raumes stand. Kieran ließ Eirwyn sanft von seinem Arm auf die Laken gleiten, als wöge sie nicht mehr als ein Fetzen seines Hemdes. Hauchdünne Tücher verdeckten – leider oder barmherziger Weise? – meine Sicht ein wenig, doch abwenden konnte ich mich nicht, obgleich ich es unbedingt hätte tun sollen, wie mir klar war.
Ich wechselte meine Position und stierte gebannt weiter durch das Loch. Er kniete nun wieder vor ihr und löste langsam die Schnürungen ihrer Strümpfe an den Oberschenkeln. Sie glitten beinahe wie von selbst an ihren langen Beinen hinab und der Jäger küsste jeden Zoll ihrer Waden. Er liebkoste ihren Oberschenkel mit seinen Händen und Lippen, schob dabei den langen Kimono mehr und mehr nach oben. Ich hörte Eirwyn seufzen. Sie richtete sich halb auf, zog ihn am Kragen zu sich auf das Bett. Nun begann der für meinen Geschmack etwas zu intime Augenblick, doch ich konnte nicht wegsehen, selbst wenn ich gewollt hätte. Meine Gedanken fuhren erbarmungslos Karussell und ich fragte mich ernsthaft, wie die Schöne so leidenschaftlich sein konnte, nachdem ihr der Waldmensch gestanden hatte, dass er sie hätte umbringen sollen und sich ab und an mit seinem gezackten Messer Glas aus dem Brustkorb hebelte.
Der Jäger hob sie mit einem Handgriff weiter nach oben und umschlang sie fest. Scheinbar flüsterte er ihr Liebesschwüre ins Ohr, denn sie errötete, so dass ich es bis in mein Versteck sehen konnte.
Mit Romantik hatte das nun Folgende jedoch nicht die Spur zu tun, lieber Leser, und knisternde Erotik ist hier ebenfalls fehl am Platz. Somit kann ich dem genervten Seufzen männlicher Leser entgegenwirken, da solcherlei Szenen Büchern und Geschichten stets einen widerlichen und unpassenden femininen Hauch verleihen. Ihr weicher Körper richtete sich nun auf. Im Gegensatz zu ihrer Mutter war sie wohlgeformt, wohingegen meine Herrin eher dünn und elfenhaft zerbrechlich schien. Sie stieg aus dem Bett, öffnete spielend leicht die wenigen Knöpfe am Rücken ihres Kimonos und ließ ihn sacht an ihrem Körper hinab zu Boden gleiten.
Zweifellos hatten wir beide, Kieran und ich, nie etwas Bezaubernderes gesehen als diese Frau, die nunmehr in einer hauchdünnen Korsage vor ihm stand. Eine Taille, so schmal, als würde sie bei einer unbedachten Berührung brechen, ihre Formen – vollendet mit rundem Po und, für ihren Körper, erstaunlich großer Brust. An einem Oberschenkel trug sie ein leuchtend rotes Strumpfband. Ich weiß, ich hätte den Blick senken sollen.
Sie schritt mit wiegenden Hüften leise lächelnd um das Bett herum zwischen die feinen Schals, die von oben herab hingen, und verdeckte sich so teilweise vor dem Mann
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