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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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Gestaltwandlung und Geisterbeschwörung ist eindeutig eine der etablierten Stufen. Somit waren alle ihrer eigenen Versuche gescheitert, Eirwyn tatsächlich zu töten. So stark waren also ihre Eifersucht und ihr Neid, den sie anderen stets als Schwäche und als verabscheuungswürdig angelastet hatte. Ebenso wie Mitleid! Eigenschaften, die auch ich schnell ablegen sollte in ihrem Haus. Doch so eifersüchtig auf die Schönheit ihrer eigenen Tochter zu sein, dass durch das Ableben des einzigen geliebten Kindes der Zerfall des Ehemanns hingenommen wurde? Ehrlich gesagt, begriff ich rein gar nichts mehr und hatte Lust, mich in meinem Bett zu verkriechen. Auf ewig und mit einem Humpen Whiskey für das süße Vergessen. Ich stierte fassungslos zu Boden. Der Wein war leer, die Kälte kroch durch die Decke. Eirwyn schmiegte sich an mich und dankte mir für meine innige Freundschaft. Ich geleitete sie zurück in das Kaminzimmer und dort fand gerade ein handfester Streit statt. Als Erstes sah ich Giniver wie ein Kätzchen in einem der Sessel ganz hinten an der Wand kauern. Ihre weit aufgerissenen Augen starrten hinter angezogenen Knien die Szenerie an, die dort gerade ablief. Der Lord stand breitbeinig mitten im Raum und stieß Kieran wieder und wieder mit seinem fleischigen Finger gegen die Brust. Der Jäger hob das Kinn und trotzte dem kalten Blick des anderen arrogant wie eh und je.
    »Ich habe dich wirklich satt, Jäger! Deine Verschwörungen, deine Hetztriaden! Wie kann man nur so illoyal sein!?«, brüllte Sandy gerade. Man hatte also wieder zum allseits vertrauten Tonfall übergewechselt. Die Ruhe von vorhin war mir ohnehin zu fragil erschienen.
    »Wer bist du schon, dass du deinen Willen über den einer Adelsdame oder einer Grafentochter stellst! Ein dreckiger Waldkriecher!«
    Interessant – ich verstand kein Wort.
    »Nun, derjenige, den man bereits drei Meilen gegen den Wind roch, warst wohl du«, entgegnete Kieran höhnisch und ging dabei behände wie eine Waldkatze auf Abstand.
    »Das ist nicht zum Lachen!« Lord Sandy war sichtlich wütend und ich zog schon einmal den Kopf ein.
    Einen solchen Ausbruch hätte ich ihm nicht zugetraut. Gerade als Kieran etwas zweifellos Geistreiches und Schlagfertiges erwidern wollte, schob sich Eirwyn dazwischen und bat um Ruhe. Ich ging langsam zu Giniver und nahm sie in den Arm.
    »Welchen Grund habt ihr, dass ihr meine Freundin so erschreckt?«, wollte sie wissen und deutete auf Giniver. Sandy holte Luft, um seine Version zum Besten zu geben, doch Kieran schnitt ihm das Wort ab: »Meister Blaubart hier, wünscht einen – am besten sofortigen – Aufbruch nach Schottland. Ich bin dagegen. Ich denke, du solltest aus allen bekannten Gründen bleiben. Nun … fast allen«, berichtete er knapp und warf mir einen scharfen Blick zu. »Gegen Ignoranz kann man ja bekanntlich wenig ausrichten.«
    Wieder ergriff Sandy das Wort: »Ihr Vater braucht Sie, Madame. Wir haben bereits viel Zeit verloren. Es geht ihm täglich schlechter. Ihre Anwesenheit wird ihm helfen, wieder gesund zu werden.«
    Er klang aufrichtig verzweifelt und Eirwyn sah ihn wieder mit diesem seltsamen Blick an.
    »Und Sie treffen diese Entscheidung für mich, ja, Lord? Ihr beide trefft meine Entscheidungen?«
    O – oh …
    »Glauben Sie mir, ich bin in der Lage, das selbst zu tun. Und wer hat beschlossen, dass es ihm besser gehen wird, wenn ich zu ihm fahre? Beim Sterben kann ich ihm keine Erleichterung verschaffen. Er hat in Kauf genommen, dass ich aus seinem Leben verschwinde …« Ihre Stimme brach.
    Der Lord senkte den Kopf. »Das, Madame, finden Sie nur heraus, wenn Sie Stärke zeigen und ihm versöhnlich beistehen in seiner schweren Zeit«, nuschelte er.
    Hoppla, ein klitzekleiner Diplomat steckte in unserem grobschlächtigen Lord.
    Alle schwiegen, bis Kieran schließlich den Kopf schüttelte und leise lachte. »Schluss jetzt mit diesem Schmierentheater! Welchen Vorteil ziehst du aus der ganzen Angelegenheit, Sandford? Es wird ja wohl kaum ein Akt der puren Freundlichkeit sein, nicht?!«
    »Nein, es ist ein Akt von Gehorsam. Und was genau unterstellst du mir nun?«
    »Dass du ein Kopfgeldjäger bist, Sandford. Weiß der Henker, woher du wirklich kommst. Aber ich zumindest habe noch nie etwas von dir gehört.« Er sah ihn herausfordernd an.
    »Ein Kopfgeldjäger?«, meinte Sandy etwas zu überrascht.
    Ich spitzte die Ohren.
    »Jawohl! Hast du wohl kein Säckchen mit Gold bekommen, um Eirwyn aus ihrer sicheren Zuflucht

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