Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
Vom Netzwerk:
unter die Augen zu treten. Dennoch – ich versuchte, ein wenig Seele in seiner grauen Iris zu finden, doch er stierte mich nur mit kleinen kugelrunden Augen hasserfüllt an, die Unterlippe zwischen die kleinen spitzen Zähne gezogen. Wieder kam er mir seltsam vor, als würde etwas mit seinem Gesicht geschehen. Ich stützte mich auf Sandys Brust ab und erhob mich. Mehr würde man nicht von ihm erwarten können. Zumindest nicht ohne solides Folterwerkzeug. Und wieder hatte Sandford erfolgreich sein Geheimnis bewahrt, da war ich mir sicher. Kieran gab mir deutlich zu verstehen, ins Haus zu gehen. Es war Zeit, den Platz zu räumen. Gesenkten Kopfes ging ich mit Giniver hinein. Gerade, als wir die Tür hinter uns geschlossen hatten, rannten wir zum Fenster und blickten hinaus. Dort stand Lord Sandford inzwischen wieder auf seinen Beinen und Kieran taumelte, doch er hielt sich oben. Ich beobachtete, wie Kieran langsam auf Sandford zuging. Ich hörte seine Stimme undeutlich durch das Glas.
    »Wer auch immer du bist, ich lasse dich keinen Augenblick aus den Augen, mein Guter. Und diese erbärmliche Aktion mit dem gefälschten Brief …«
    Er holte aus und traf Sandford hart mit der Faust am Kinn. Ich zuckte zusammen und der Lord taumelte mit zurückgerissenem Kopf einige Schritte nach hinten. Dann sah er den Jäger höhnisch an und im Licht des Mondes sah ich sein Gesicht wölfisch lächeln.
    »Wie du meinst. Doch ich sage es dir hiermit gerade ins Gesicht: Drehe mir nie den Rücken zu, Jäger.«
    Dann lachte er. Nicht so irre, wie es in meine Geschichte gepasst hätte, aber doch in gewissem Maße gefährlich. Kieran ging langsam rückwärts auf das Haus zu. Doch dann – drehte er sich um und stieg die flachen Stufen hinauf. Ich drückte mein Gesicht näher an die Fensterscheibe, doch Sandy blieb einfach nur leicht wankend dort draußen stehen, während Kieran das Haus betrat. Ich hörte, wie die Tür laut zugeknallt wurde und wie seine schweren Schritte nach oben polterten. Als ich mich erneut betrank und der Mond langsam seine Runde beendete, ging Giniver allein schlafen, ohne mir eine gute Nacht zu wünschen. Normalerweise begleitete ich sie immer zu Bett und ich streichelte sie in den Schlaf, da sie mit diesem Ritual besser schlummerte. An jenem Abend aber wollte sie wohl lieber ohne mich gehen. Allein gelassen, ohne sie an meinem Rockzipfel, fühlte ich mich stark und zugleich total entkräftet. Es ertönte kein Schuss mehr in dieser Nacht.

    Kurz vor Morgengrauen , ich hatte über eine Stunde in die sterbenden Flammen gestarrt, hörte ich die Tür nach draußen. Jemand öffnete sie vorsichtig, als wolle er unentdeckt bleiben. Im Gegensatz zu den alten quietschenden Geistertüren in meinen Büchern gelang es ihm auch. Leichte Schritte tänzelten die Steintreppe hinab. Ich stemmte mich stöhnend aus dem Sessel und blickte aus dem Fenster. Der Garten war leer, auf dem Weg nach unten jedoch war eine zarte Gestalt, gehüllt in ein silbergraues Cape, dessen ausladende Kapuze Kopf und Gesicht ganz verhüllte. Im verblassenden Mondlicht wirkte der Stoff fadenscheinig. Ich erkannte darunter eine schlanke, weibliche Silhouette. Benommen von Whiskey, dem Bier und dem Wein schüttelte ich einige Male den Kopf, doch die Gestalt huschte weiter auf dem Weg durch den Garten, hinaus in Richtung Wald. Hastig stellte ich das Glas ab und riss die Tür zum Foyer auf. Dort rannte ich mit voller Wucht in den Jäger.
    »Verflucht noch mal – Fred!«, keuchte er.
    »Entschuldige«, murmelte ich abgelenkt.
    Mein Kopf drehte sich wie verrückt und meine Rippen schmerzten, als würde auf ihnen getanzt. Dennoch muss ich dir nun garantieren, lieber Leser, dass alles, was jetzt noch folgen wird, wahr ist. Trotz des Alkohols kann meine Fantasie kein solches Ausmaß erreichen, um das, was in den nächsten Stunden geschah, zu delirieren.
    »Hast du sie auch gesehen?«, flüsterte mir Kieran ins Ohr.
    Ich nickte. Ein wenig zu schnell. Ich schwankte und er stützte mich, sah mich seltsam an.
    »Meine Güte, Van Sade! Erst bedrohst du den Kopfgeldjäger der Lady, der es zwar mehr als verdient hätte, abgeknallt zu werden, mit einer Waffe, und dann ersäufst du dich in Alkohol? Wo hast du den echten Fred vergraben, hm?« Er kicherte.
    »Ah … Schschschnauze …« Ich hatte gerade keinen Sinn für Schadenfreude und fürchtete schon, wir würden die Gestalt aus den Augen verlieren. »Wo will sie hin? Ich dachte, du bist bei dir … äh, ihr?«, wollte

Weitere Kostenlose Bücher