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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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abzufassen, indem er ihm sagte, in welchem Hause und mit welchen Leuten er gespeist hatte; dann weihte er ihn in das Komplott gegen Peyrades Leben und in die Ursachen des Zustandes ein, in dem Lydia sich befand. Corentin ging in die Zimmer des armen Mädchens hinüber, wo Desplein und Blanchon die Kranke untersuchten; er traf sie jedoch schon auf der Schwelle der Tür.
    »Nun, meine Herren?« fragte Corentin. »Bringen Sie das Mädchen in ein Spital. Wenn sie ihre Vernunft nicht bei der Niederkunft zurückerlangt, falls sie überhaupt schwanger wird, so wird sie ihr Leben als Geistesschwache beschließen. Für die Heilung gibt es kein anderes Mittel als das Muttergefühl wenn es erwacht ...«
    Corentin gab jedem der beiden Arzte zwanzig Franken in Gold und wandte sich dann zu dem Polizeikommissar, der ihn am Ärmel zog.
    »Der Arzt behauptet, es sei ein natürlicher Tod,« sagte der Beamte, »und ich kann um so weniger einen Bericht einreichen, als es sich um den Vater Canquoelle handelt; er mischte sich in viele Angelegenheiten, und wir würden niemals wissen, an wen wir geraten ... Solche Leute sterben oft auf Befehl ...« »Ich heiße Corentin,« sagte Corentin dem Polizeikommissar ins Ohr. Dem Kommissar entschlüpfte eine Bewegung der Überraschung. »Setzen Sie also eine Notiz auf; sie wird später sehr nützlich sein,« fuhr Corentin fort, »und schicken Sie sie nur als vertrauliche Auskunft ein. Das Verbrechen ist nicht zu erweisen, und ich weiß, daß eine Untersuchung beim ersten Schritt niedergeschlagen würde ... Aber ich werde die Schuldigen eines Tages einliefern; ich werde sie überwachen und auf frischer Tat ertappen.« Der Polizeikommissar grüßte Corentin und ging.
    »Gnädiger Herr,« sagte Katt, »das Fräulein singt und tanzt nur noch; was soll ich beginnen? ...« »Ist denn noch etwas hinzugetreten?« »Sie hat gemerkt, daß ihr Vater gestorben war ...« »Setzen Sie sie in einen Wagen und bringen Sie sie ganz einfach nach Charenton. Ich werde dem Generalpolizeidirektor des Königreichs einige Worte schreiben, damit sie gut untergebracht wird. Die Tochter in Charenton, der Vater im Massengrab!« sagte Corentin. »Contenson, bestelle den Armenwagen ... Jetzt wir beide, Carlos Herrera! ...« »Carlos?« sagte Contenson, »der ist in Spanien.« »Er ist in Paris,« sagte Corentin bestimmt. »Da haben wir das spanische Genie aus der Zeit Philipps II., aber ich habe Fallen für jedermann, selbst für Könige.«
    Fünf Tage nach dem Verschwinden des Nabobs saß Frau du Val-Noble um neun Uhr morgens am Kopfende von Esthers Bett und weinte, denn sie fühlte, daß sie sich auf der schiefen Ebene des Elends befand. »Wenn ich wenigstens hundert Louisdor Rente hätte! Damit, meine Liebe, zieht man sich in irgendeine kleine Stadt zurück und findet einen, der einen heiratet ...« »Ich kann sie dir verschaffen,« sagte Esther. »Und wie?« rief Frau du Val-Noble. »Oh, auf ganz natürliche Weise. Nehmen wir an, du wolltest dich vergiften, spiele diese Komödie gut: du läßt Asten kommen und versprichst ihr zehntausend Franken für zwei schwarze Perlen aus sehr dünnem Glas, in denen sich ein Gift befindet, das in einer Sekunde tötet; du bringst sie mir, ich gebe dir fünfzigtausend Franken dafür ...« »Weshalb verlangst du sie nicht selbst?« fragte Frau du Val-Noble. »Asien würde sie mir nicht verkaufen.« »Es ist nicht für dich? ...« fragte Frau du Val-Noble. »Vielleicht.« »Du, die du inmitten der Freude, des Luxus und in einem eigenen Hause lebst! Kurz vor einem Fest, von dem man noch zehn Jahre reden wird und das Nucingen zwanzigtausend Franken kostet! Man soll, sagt man, im Februar Erdbeeren, Spargel, Trauben und Melonen essen ... Es sollen für tausend Taler Blumen in den Zimmern sein!« »Was sagst du? Für tausend Taler Rosen sind allein auf der Treppe!« »Man sagt, deine Toilette koste zehntausend Franken?« »Ja, mein Kleid ist aus Brüsseler Spitzen, und Delphine, seine Frau, ist wütend. Aber ich wollte die Kleidung einer Braut haben.« »Wo sind die zehntausend Franken?« fragte Frau du Val-Noble. »Es ist mein ganzes Kleingeld,« sagte Esther lächelnd. »Öffne meinen Putztisch, sie liegen in meinem Wickelpapier ...« »Wenn man vom Sterben spricht, begeht man kaum Selbstmord,« sagte Frau du Val-Noble,» »wenn es wäre, um ...« »Ein Verbrechen zu begehen? Geh!« sagte Esther, indem sie den Gedanken ihrer Freundin, die zögerte, aussprach. »Du kannst ruhig sein,« fuhr sie

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