Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
seinem Kanzlisten gereicht hatte, »Zeigen Sie, Herr Jacomety,« sagte Bibi-Lupin.
Der Chef des Sicherheitsdienstes nahm die Börse und schüttete sich das Gold in die Hand und untersuchte es aufmerksam. »Gold ist es!...« sagte er, »und die Börse trägt ein Wappen! Ach, der Halunke, der versteht es! Der ist vollkommen! Mit jedem Augenblick legt er uns hinein!... Man sollte ihn wie einen Hund niederschießen!« »Was gibt es denn?« fragte der Kanzlist. »Was es gibt? Daß die Frau eine Gaunerin ist!...« rief Bibi-Lupin, indem er vor Wut mit dem Fuß auf die äußeren Fliesen des Portals stampfte.
Diese Worte riefen unter den Zuschauern, die sich in einem gewissen Abstand um Herrn Sanson gruppiert hatten, lebhafte Sensation hervor. Der Scharfrichter stand immer noch aufrecht da, den Rücken gegen den dicken Ofen im Mittelpunkt dieses ungeheuren gewölbten Saales gelehnt; er erwartete den Befehl, die Toilette des Verbrechers vorzunehmen und auf dem Richtplatz das Schafott zu errichten.
Als Jakob Collin wieder auf den Hof kam, ging er mit dem Schritt des Bewohners der ›Wiese‹ auf seine Freunde zu. »Was hast du auf dem Buckel?« fragte er La Pouraille. »Ich bin geliefert,« sagte der Mörder, den Jakob Collin in einen Winkel geführt hatte. »Jetzt brauche ich einen zuverlässigen Freund.« »Und wozu?« La Pouraille erzählte seinem Führer in Rotwelsch all seine Verbrechen und schilderte ihm den Mord und den Raub an dem Ehepaar Crottat. »Du hast meine Achtung,« sagte Jakob Collin. »Das ist gute Arbeit; aber du scheinst mir einen Fehler gemacht zu haben.« »Welchen?« »Sowie das Ding gedreht war, mußtest du einen russischen Paß bereithalten, dich als russischen Fürsten verkleiden, einen schönen wappengeschmückten Wagen kaufen, dein Gold kühn bei einem Bankier deponieren, einen Kreditbrief für Hamburg verlangen, in Begleitung eines Kammerdieners, einer Kammerfrau und deiner als Fürstin verkleideten Geliebten die Post besteigen und dich dann in Hamburg nach Mexiko einschiffen. Mit zweihundertachtzigtausend Franken in Gold kann ein Bursche von Geist machen, was er will, und gehen, wohin er will, du Tölpel!« »Ah, du hast solche Einfälle, weil du eben der Dab bist!... Du verlierst nicht den Kopf! Aber ich ...« »Nun, ein guter Rat in deiner Lage, das wäre Kraftbrühe für einen Toten,« fuhr Jakob Collin fort, indem er seiner Spitze einen bannenden Blick zuwarf. »Allerdings,« sagte La Pouraille mit zweifelnder Miene; »aber gib deine Kraftbrühe nur her; wenn sie mich nicht mehr satt macht, nehme ich ein Fußbad darin.« »Jetzt hat der Storch dich mit fünf schweren Diebstählen und drei Morden gepackt, deren letzter zwei reiche Bürger getroffen hat... Das mögen die Geschwornen nicht, daß man Bürger tötet... Du bist zum Transport geliefert, und du hast nicht die geringste Hoffnung mehr!...« »Das haben sie mir alle gesagt,« erwiderte La Pouraille wehleidig. »Meine Tante Jakobine, mit der ich mitten in der Kanzlei eine kleine Unterredung gehabt habe und die, wie du weißt, für die Spitzen eine wahre Mutter ist, hat mir gesagt, der Storch wolle dich los sein; so sehr fürchtet er dich.« »Aber«, sagte La Pouraille mit einer Naivität, die beweist, wie sehr die Diebe von ihrem natürlichen Recht, zu stehlen, durchdrungen sind, »ich bin jetzt reich, was also fürchten sie?« »Wir haben jetzt keine Zeit zum Philosophieren,« fuhr Jakob Collin fort, »laß uns auf deine Lage zurückkommen...« »Was willst du mit mir anfangen?« fragte La Pouraille, indem er seinen Dab unterbrach. »Das wirst du sehen. Ein toter Hund ist auch noch etwas wert.« »Für die andern!« erwiderte La Pourallle. »Ich nehme dich in mein Spiel hinein!« sagte Jakob Collin. »Das ist schon etwas!...« erwiderte der Mörder. »Und...?« »Ich frage dich nicht, wo dein Geld ist, aber was du damit beginnen willst!«
La Pouraille spähte mißtrauisch nach dem undurchdringlichen Auge des Dab, der kühl fortfuhr: »Hast du irgendein Weib, das du liebst, ein Kind oder eine Spitze, der du helfen willst? Ich bin in einer Stunde draußen; dann vermag ich alles für die, denen ich wohlwill.«
La Pouraille zögerte noch; er konnte sich immer noch nicht zu einem Entschlusse aufraffen. Da schickte Jakob Collin sein letztes Argument vor. »Dein Anteil an unserer Kasse beträgt dreißigtausend Franken; hinterläßt du die den Spitzen? Schenkst du sie irgend jemandem? Dein Anteil ist in Sicherheit, ich kann ihn heute abend
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