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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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keinerlei Geheimnis vor ihnen, das wird ihnen schmeicheln ... Trage auf! Asien, meine Kleine,« sagte er zu der Köchin; »und du, Liebchen, lege noch ein Gedeck hinzu,« sagte er zu Europa; »es ist doch das wenigste, daß diese Kinder Papa zum Frühstück einladen.«
    Als die beiden Frauen die Tür geschlossen hatten und der Spanier Europa hin und her gehen hörte, sagte er zu Lucien und dem jungen Mädchen, indem er seine große Hand öffnete: »Ich habe sie in der Gewalt!« – ein Wort und eine Geste, vor denen man erbeben konnte. »Wo hast du sie nur gefunden?« rief Lucien aus. »Ah, bei Gott!« erwiderte der andere, »ich habe sie nicht am Fuß der Throne gesucht! Europa kommt aus dem Kot und fürchtet, dahinein zurückzusinken ... Droht ihnen mit dem Herrn Abbé, wenn sie euch nicht zufriedenstellen, und ihr werdet sehen, daß sie erzittern wie eine Maus, der man von der Katze redet. Ich bin ein Tierbändiger,« fügte er lächelnd hinzu. »Sie machen mir den Eindruck eines Dämons!« rief Esther anmutig aus, indem sie sich gegen Lucien drängte.
    »Liebes Kind, ich habe versucht, Sie dem Himmel zu schenken, aber die reuige Dirne wird für die Kirche stets eine Mystifikation bleiben; wenn sich je eine fände, so würde sie im Paradies wieder zur Kurtisane werden ... Sie haben das dabei gewonnen, daß man Sie vergessen hat und daß Sie einer anständigen Frau ähnlich sehen; denn Sie haben da unten gelernt, was Sie in der ehrlosen Sphäre, in der Sie lebten, nie hätten lernen können ... Sie schulden mir nichts,« sagte er, als er auf Esthers Gesicht einen entzückenden Ausdruck des Dankes sah, »ich habe alles für ihn getan ...« und er zeigte auf Lucien. »Sie sind eine Dirne, Sie werden Dirne bleiben und als Dirne sterben; denn trotz der verführerischen Theorien der Tierzüchter kann man hier unten nur werden, was man ist. Der Mann mit den Schädelwölbungen hat recht. Sie haben die Schädelwölbung der Liebe.«
    Der Spanier war, wie man sieht, Fatalist, ebenso wie Napoleon, Mohammed und viele große Politiker. Seltsam, fast alle Menschen der Tat neigen zum Fatalismus, genau wie die meisten Denker zum Glauben an die Vorsehung neigen.
    »Ich weiß nicht, was ich bin,« erwiderte Esther mit der Sanftmut eines Engels, »aber ich liebe Lucien, und noch mit meinem letzten Atemzug werd ich ihn anbeten.« »Kommen Sie zum Frühstück,« sagte der Spanier schroff, »und beten Sie zu Gott, daß Lucien sich nicht zu schnell verheiratet, denn dann würden Sie ihn nicht wiedersehen.« »Seine Heirat wäre mein Tod,« sagte sie.
    Sie ließ den Priester vortreten, um sich ungesehen zu Luciens Ohr emporheben zu können. »Ist es dein Wille,« sagte sie, »daß ich unter der Gewalt dieses Menschen bleibe, der mich von diesen beiden Hyänen bewachen läßt?«
    Lucien neigte den Kopf. Das arme Mädchen unterdrückte ihre Trauer und schien lustig, aber sie fühlte sich furchtbar bedrückt. Es bedurfte mehr als eines Jahres beständiger und ergebener Pflege, damit sie sich an diese beiden furchtbaren Geschöpfe gewöhnte, die Carlos Herrera ›die beiden Wachhunde‹ nannte.
    Luciens Verhalten trug seit seiner Rückkehr nach Paris das Gepräge einer so tiefen Politik, daß er die Eifersucht all seiner alten Freunde wecken mußte und weckte; er übte ihnen gegenüber keine andere Rache als die, daß er sie durch seine Erfolge, seine einwandfreie Haltung und seine Art, die Leute von sich fernzuhalten, wütend machte. Dieser so mitteilsame, so überströmende Dichter wurde kühl und zurückhaltend. De Marsay, jener von der Pariser Jugend nachgeahmte Typus, hielt in seinen Reden und Handlungen nicht mehr Maß als Lucien. Was den Geist angeht, so hatte der Journalist schon ehedem seine Proben geliefert. De Marsay, dem viele Leute schadenfroh Lucien entgegenhielten, indem sie dem Dichter den Vorzug gaben, war klein genug, sich darüber zu ärgern. Lucien stand in hoher Gunst bei denen, die im geheimen die Macht hatten, und er gab jeden Gedanken an literarischen Ruhm so vollständig auf, daß er unempfänglich blieb für den Erfolg seines Romans, der unter seinem ersten Titel ›Der Bogenschütze Karls IX.‹ neu herausgegeben wurde, und gegen das Aufsehen, das seine Sonettensammlung, die ›Margueriten‹, erregte; Dauriat verkaufte die Auflage in einer einzigen Woche. »Das ist ein posthumer Erfolg,« erwiderte er lachend, als Fräulein Des Touches ihn beglückwünschte.
    Der furchtbare Spanier hielt sein Geschöpf mit ehernem

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