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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Arm und führte sie in eine Fensternische.
    »Knädige Frau,« sagte er, »hab ich je kesagt ein spöttisches Wort ieber Ihre Laidenschaften, daß Sie sich machen lustik ieber maine? Aine kute Frau wirde helfen ihrem Mann, daß er sich ßieht aus der Verlegenheit, ohne ßu spotten, wie Sie es tun ...«
    Nach der Schilderung, die der alte Bankier entworfen hatte, erkannte Lucien seine Esther. Da er sich schon ärgerte, weil er sah, daß man sein Lächeln bemerkt hatte, so benutzte er den Augenblick allgemeinen Geplauders, während man den Kaffee servierte, um zu verschwinden.
    »Wo ist denn Herr von Rubempré geblieben?« fragte die Baronin von Nucingen. »Er bleibt seiner Devise › Quid me continebit? ‹ treu,« erwiderte Rastignac. »Was ganz nach Belieben heißt: ›Was kann mich halten?‹ oder ›Ich bin unbezähmbar‹,« fuhr de Marsay fort. »In dem Augenblick, als der Herr Baron von seiner Unbekannten sprach, entschlüpfte Lucien ein Lächeln, aus dem ich schließen möchte, daß sie ihm bekannt ist,« sagte Horace Bianchon, ohne zu ahnen, wie gefährlich eine so natürliche Bemerkung war.
    ›Kut!‹ sagte der Luchs vor sich hin.
    Wie alle verzweifelt Kranken griff der Baron nach allem, was eine Hoffnung zu sein schien; und er nahm sich vor, Lucien von andern Leuten überwachen zu lassen als denen Louchards, des gewandtesten Exekutors der Handelsgerichte, an den er sich vor vierzehn Tagen gewandt hatte.
    Ehe Lucien sich zu Esther begab, mußte er ins Hotel der Grandlieus gehen, um dort die zwei Stunden zu verbringen, die Klotilde Friederike von Grandlieu zum glücklichsten Mädchen des Faubourg Saint-Germain machten. Die Klugheit, die das Verhalten dieses jungen Ehrgeizigen charakterisierte, riet ihm, Carlos Herrera alsbald darüber zu unterrichten, welche Wirkung das Lächeln gehabt hatte, das ihm entschlüpft war, als der Baron von Nucingen Esthers Bild entwarf. Die Liebe des Barons zu Esther und der Gedanke, der ihm gekommen war, sie durch die Polizei suchen zu lassen, waren übrigens als Ereignisse wichtig genug, daß sie einem Menschen mitgeteilt wurden, der unter der Soutane Zuflucht gesucht hatte, wie ehedem die Verbrecher in den Kirchen Zuflucht suchten. Und von der Rue Saint-Lazare, wo der Bankier damals wohnte, bis zur Rue Saint-Dominique, in der sich das Hotel Grandlieu befindet, führte Luciens Weg ihn bei seiner Wohnung auf dem Quai Malaquais vorbei. Lucien traf seinen furchtbaren Freund, wie er sein Brevier rauchte, das heißt eine Pfeife anbräunte, ehe er zu Bett ging. Dieser eher fremdartige als fremdländische Mensch hatte auf spanische Zigarren verzichtet, weil er sie zu milde fand.
    »Das wird ernst,« erwiderte der Spanier, als Lucien ihm alles erzählt hatte. »Der Baron, der sich Louchards bedient, um die Kleine zu suchen, wird auch Geist genug haben, um dir einen Schergen auf die Fersen zu setzen, und alles würde bekannt. Die Nacht und der Morgen sind nicht zuviel, um die Karten für die Partie zu studieren, die ich gegen diesen Baron spielen will, um ihm vor allem die Ohnmacht der Polizei zu beweisen. Wenn unser Luchs jede Hoffnung aufgegeben hat, sein Lamm zu finden, so mache ich mich anheischig, sie ihm um den Preis zu verkaufen, den sie für ihn wert ist ...« »Esther verkaufen?« rief Lucien, dessen erste Regung stets ausgezeichnet war. »Du vergißt unsere Lage!« rief Carlos Herrera.
    Lucien senkte den Kopf. »Kein Geld mehr,« fuhr der Spanier fort, »und sechzigtausend Franken Schulden zu bezahlen! Wenn du Klotilde von Grandlieu heiraten willst, mußt du für eine Million ein Landgut kaufen, um die Mitgift dieser Scheuche sicherzustellen. Nun, Esther ist ein Wild, dem dieser Luchs mir so nachlaufen soll, daß er um eine Million entfettet wird. Das ist meine Sache ...« »Esther wird niemals einwilligen ...« »Das ist meine Sache.« »Sie wird daran sterben.« »Das ist die Sache der Begräbnisinstitute ... Was übrigens dann? ...« rief dieser Wilde, indem er Luciens Elegien durch die Art seiner Haltung zum Schweigen brachte. »Wie viele Generale sind in der Blüte ihres Lebens für den Kaiser Napoleon gestorben?« fragte er Lucien nach einem Augenblick des Schweigens. »Frauen findet man immer! 1821 hatte Coralie für dich nicht ihresgleichen; Esther hat gleichfalls nicht ihresgleichen gefunden. Nach diesem Mädchen kommt ... weißt du, wer? ... Die unbekannte Frau! Das ist von allen Frauen die schönste, und du wirst sie dir in der Residenz suchen, in der der

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