Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glanz

Glanz

Titel: Glanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
Vom Netzwerk:
kann!«
    »Okay. Hoffen wir, dass das der Deal ist, den er uns angeboten hat.«
    Wir gingen zurück in die Klinik. Dr. Ignacius mussten wir nicht lange suchen – er hatte in der Nähe des Eingangsbereichs auf uns gewartet, uns wahrscheinlich beobachtet. »Haben Sie sich entschieden?«
    »Ich habe vorher noch eine Frage«, sagte ich. »Wer genau finanziert diese Klinik? Und warum?«
    Dr. Ignacius lächelte. »Diese Klinik ist eine von mehreren |323| Institutionen, die vom Orden der Suchenden nach der Heiligen Wahrheit gegründet wurden. Den Orden gibt es bereits seit über 300 Jahren. Sie kennen vielleicht die Geschichte von Galileo Galilei, der die damals ketzerische Ansicht vertrat, die Erde sei nur ein Planet, der sich um die Sonne dreht. Er wurde von der katholischen Kirche gezwungen, diese Meinung öffentlich zu widerrufen.«
    Ich nickte. Ich hatte gelesen, dass er erst Ende des 20. Jahrhunderts durch Papst Johannes Paul II. offiziell rehabilitiert worden war.
    »Es gab bereits im 17. Jahrhundert innerhalb der Kirche heftige Auseinandersetzungen über die Frage, wie man mit dieser Theorie umgehen sollte«, fuhr Dr. Ignacius fort. »Einige ranghohe Würdenträger innerhalb des Vatikans waren der Meinung, dass wissenschaftliche Erkenntnisse niemals Ketzerei sein können, weil sie uns nur Gottes Wahrheit näher bringen, und dass es so etwas wie eine unumstößliche offizielle Kirchenmeinung zur Beschaffenheit des Universums nicht geben dürfe, weil wir Menschen Gottes Schöpfung niemals vollständig verstehen können. Diese Meinung wurde natürlich von der offiziellen Kirche nicht toleriert. Und so waren ihre Anhänger gezwungen, vor der Inquisition zu fliehen. Nach vielen Jahren der Verfolgung wanderten sie hierher nach Neuengland aus und gründeten den Orden der Suchenden nach der Heiligen Wahrheit. Seitdem kümmert sich der Orden um die Förderung der Wissenschaften im Namen Gottes.«
    Er machte eine Geste, die die Klinik umfasste. »Hier im Fresh Pond Institute versuchen wir, eines der größten Mysterien der Schöpfung besser zu verstehen: die Quelle des menschlichen Geistes. Wachkomapatienten sind dafür in gewisser Hinsicht besonders interessante Studienobjekte, |324| deshalb haben wir uns darauf spezialisiert. Aber wir sind in erster Linie Christen, und die Nächstenliebe und das Bedürfnis, Menschen zu heilen, stehen natürlich an erster Stelle. Andere vom Orden geförderte Institutionen beschäftigen sich zum Beispiel mit Elementarphysik und mit der Suche nach außerirdischem Leben.«
    Sein Gesicht verzog sich vor Abscheu, als er fortfuhr: »Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Wir betreiben keine Pseudowissenschaft wie diese verbohrten Eiferer, die Kreationisten. Denen geht es darum, längst gesicherte Erkenntnisse wie etwa Darwins Evolutionstheorie zu widerlegen, weil sie nicht in ihr Weltbild passen. Da gibt es Leute, die ernsthaft behaupten, Beweise dafür zu besitzen, dass die Erde erst dreißigtausend Jahre alt ist und Menschen und Dinosaurier gleichzeitig gelebt haben! Und das bloß, weil das angeblich so in der Bibel steht. Was für eine Anmaßung zu glauben, dass ein von Menschen geschriebener Text die absolute Wahrheit Gottes wiedergeben kann! Unser Orden dagegen betrachtet die Schöpfung als ein Rätsel, das uns der Schöpfer gestellt hat. Jede neue wissenschaftliche Erkenntnis offenbart uns neue Wunder, die uns Seiner Heiligen Wahrheit ein kleines Stück näher bringen. Wir glauben, dass es der Sinn des menschlichen Daseins ist, diese Wahrheit zu erforschen und dadurch Gottes Größe immer besser zu erkennen.«
    Ich dachte über die Wunder nach, die ich selbst im Inneren von Erics Phantasiewelt erlebt hatte, und plötzlich begann ich zu ahnen, warum der Arzt ein so großes Interesse an Eric hatte.
    »Wir sind einverstanden«, sagte ich.
    Der Doktor erlaubte sich ein dünnes Lächeln. »Das ist gut! Sehr gut! Ich lasse dann Eric direkt in den Untersuchungsraum bringen.«
    |325| »Haben Sie vielleicht ein Glas Wasser für mich?«
    Das Lächeln wurde breiter. »Selbstverständlich.«
    Kurz darauf lagen Emily und ich neben Eric auf den Liegen. Ich hatte halb damit gerechnet, dass man mir für die Elektroden an meinem Kopf die Haare abrasieren würde, aber das erwies sich als unnötig. Man hatte mir nur eine Art engmaschiges Haarnetz umgelegt und ein paar zusätzliche Elektroden an den Schläfen, meinem Nacken und der Brust befestigt.
    Dr. Ignacius, Swenson und eine Krankenschwester

Weitere Kostenlose Bücher