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Glanz

Glanz

Titel: Glanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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kontrollierten mit ernsten Mienen den richtigen Sitz der Messapparaturen und die Funktion der Apparate. Die Droge erfüllte mich mit einer gewissen lässigen Heiterkeit. Der Arzt und seine Helfer taten mir beinahe leid – sie gaben sich solche Mühe, exakt zu messen, was in unseren Gehirnen vorging, und würden doch nie begreifen können, was es bedeutete, wirklich
dort
zu sein.
    »Wir sind bereit, wenn Sie es sind«, sagte Dr. Ignacius.
    Ich sah Emily an. Sie nickte. Wir nahmen jede eine von Erics Händen und schlossen den Kreis.

|326| 35.
    Ich stand auf der Ebene der Tore, nicht weit von dem großen weißen Marmorportal entfernt. Ich trug wieder das T-Shirt und die Jeans, die ich in der fiktiven Version meiner Wohnung angezogen hatte.
    Eric war nicht da.
    Ich kletterte auf den Sockel des großen Portals und sah mich um. In der Nähe entdeckte ich eine primitive Hütte, die aus Holz zusammengezimmert war. Sie machte einen windschiefen Eindruck. Neugierig ging ich darauf zu. Als ich näher kam, sah ich, dass das Holz verwittert war. Ein Gefühl der Beklemmung befiel mich, als mir klar wurde, dass seit unserer Trennung in Erics Welt eine lange Zeit vergangen sein musste. Mehrere Monate vermutlich, vielleicht sogar ein ganzes Jahr.
    Neben der Hütte stand ein simples Holzgestell, auf dem ein einfaches Leinengewand zum Trocknen hing. Ein schwarzer Kreis mit verkohlten Holzresten markierte eine Feuerstelle. Die Asche fühlte sich kalt an. Die Hütte hatte keine Fenster und statt einer Tür nur einen Vorhang aus grobem Stoff. Ich schob ihn zur Seite und spähte ins Innere, doch der kleine Raum war leer. Ein Lager aus Stroh und ein kleiner Tisch mit einem Schemel waren die einzigen Einrichtungsgegenstände.
    Auf dem Tisch stand eine Kerze, die offenbar aus Bienenwachs hergestellt war, wenngleich mir die Waben ungewöhnlich groß erschienen. Sie war ein Stück heruntergebrannt. Ich konnte es nicht sicher sagen, aber ich hatte das Gefühl, dass Eric noch nicht lange fort war.
    |327| Ich beschloss zu warten und setzte mich in den Schatten der Hütte.
    Während ich dort saß und auf die Tore in der Nähe starrte, bemerkte ich, dass eines von ihnen einen Spaltbreit geöffnet war. Es bestand aus unbehandeltem Holz und war relativ klein, so dass ich mich bücken musste, um hindurchzugelangen. Ein Ast klemmte zwischen Türblatt und Rahmen, so dass die Tür nicht von selbst zufallen konnte.
    Ich öffnete die Tür und sah hindurch. Vor mir erstreckte sich ein langer Sandstrand. Das Meer war türkisblau und idyllisch. Vor der Küste gab es einige Inseln. Jenseits des etwa fünfzehn Meter breiten Sandstreifens erhob sich dichter Dschungel. Fußspuren führten von der Tür den Strand entlang.
    Ich trat durch das Tor. Als ich mich umwandte, sah ich nur noch einen schmalen, unwirklich hellen Streifen in der Luft, der von einem auf dem Boden liegenden Ast ausging. Dahinter setzte sich der Strand fort.
    Am Himmel hing ein riesiger Viertelmond, so groß, dass die Enden seiner Sichel fast mein gesamtes Blickfeld ausfüllten. Seine Oberfläche war neblig gestreift wie die des Jupiter. Drei weitere, kleinere Monde schwebten links und oberhalb der großen Scheibe.
    Ich folgte den Fußspuren und merkte, dass ich rasch außer Atem geriet. Die Luft schien hier dünner zu sein als auf der Ebene der Tore. Aus dem Dschungel erhoben sich Vögel und glitten aufs Meer hinaus. Nein, eigentlich waren es keine Vögel, eher längliche, schlangenartige Wesen mit großen Libellenflügeln. Sie bewegten ihre Körper in Wellen, während sie dahinglitten.
    In der Ferne erhob sich ein Felsen. Die Fußspuren führten darauf zu. Als ich näher kam, erkannte ich, dass der |328| Stein mit Hunderten der Schlangenvögel bedeckt war. Manche flatterten auf und flogen hinaus aufs Meer, vermutlich auf Beutejagd, doch die meisten klammerten sich an die Felswand. Sie gaben merkwürdige klickende Laute von sich, so als hätten sie Beutel mit Murmeln in ihren Kehlen. Die Wesen machten keine Anstalten, mich anzugreifen, dennoch machte ich lieber einen weiten Bogen um den Felsen, so wie es auch die Fußspuren im Sand taten.
    Als ich den Felsen umrundet hatte, blieb ich abrupt stehen. Auf der anderen Seite machte der Strand eine Biegung nach rechts, so dass er eine weite Bucht formte. Die Fußspuren setzten sich am Strand fort. In der Ferne glänzte etwas golden im Sonnenlicht. Ich schirmte das Licht mit der Hand ab. Nein, ich täuschte mich nicht: Das Funkeln rührte von einer

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