Glanz
Bronzerüstung her.
Die Gestalt in der Ferne war ebenfalls stehen geblieben. Jetzt erkannte ich, dass sie einen langen Speer trug und etwas in der linken Hand hielt, das von hier aus wie ein Beutel aussah. Die Gestalt ließ Speer und Beutel fallen und begann, den Strand entlang auf mich zuzugehen.
Ich winkte, dann rannte ich auf ihn zu.
Als wir noch etwa zweihundert Schritte voneinander entfernt waren, merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Eric bewegte sich seltsam, langsam und auf merkwürdige Weise vornübergebeugt, so als sei er verletzt. Ich verlangsamte unwillkürlich mein Tempo.
Als nur noch ein paar Dutzend Schritte zwischen uns lagen, blieb ich stehen. Die Kehle schnürte sich mir zu. Der Mann vor mir war nicht Eric. Er konnte es nicht sein. Er trug die Bronzerüstung und das Schwert, und an seinen Füßen sah ich die zerfetzten Reste der Nike-Turnschuhe, die ich Eric mitgebracht hatte. Doch er hatte ansonsten kaum Ähnlichkeit mit dem jungen griechischen Krieger. |329| Sein Gesicht war zerfurcht und vom Wetter gegerbt. Er hatte einen bleichen Vollbart, und schneeweiße Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht.
Er blieb ebenfalls stehen und streckte eine Hand aus. »Göttliche Mutter«, krächzte der Greis mit einer Stimme, die er offenbar lange nicht benutzt hatte. »Du … du bist zurückgekommen!«
Ich wollte auf ihn zulaufen, ihn in den Arm nehmen, ihn trösten, aber ich konnte es nicht. Ich war wie gelähmt. »Mein Gott!«, brachte ich hervor.
Langsam kam er näher. In seinen Augen glänzten Tränen. »Ich habe … auf dich gewartet«, keuchte er. »Wie du es gesagt hast. Und … du bist zurückgekommen!«
Ich streckte eine Hand aus und berührte sein runzliges Gesicht. »Mein Gott!«, sagte ich erneut. Während der kurzen Zeit, die wir getrennt gewesen waren, war in seiner Welt ein ganzes Leben vergangen.
»Suchen … suchen wir jetzt das Tor des Lichts?«, fragte der Alte, den ich immer noch nicht als Eric ansehen konnte. »Ich … habe nicht mehr gehofft, es noch finden zu können. Doch jetzt, mit deiner Hilfe …« Er wandte sich um und ging den Strand entlang, zurück in die Richtung, aus der er gekommen war.
»Wohin gehst du?«, rief ich.
Er drehte sich kurz zu mir um. »Ich bin kein Gott«, sagte er. »Wenn ich am Leben bleiben will, muss ich etwas essen.«
Ich folgte ihm zu der Stelle, wo er seine Gegenstände hatte fallen lassen. Was aus der Ferne wie ein Speer ausgesehen hatte, schien tatsächlich eine Art Angel zu sein, eine an einem langen Stock befestigte Sehne mit mehreren Haken daran. Das Bündel entpuppte sich als mehrere tote Tiere, die wie eine Mischung aus Seestern und Krake aussahen, |330| mit kurzen Armen und einem sackartigen, mit Warzen bedeckten Körper ohne Augen.
Der Alte hob sie auf. »Sie sehen nicht sehr hübsch aus und sind etwas zäh, aber die Arme sind wohlschmeckend, und aus ihrer Haut lässt sich allerhand Nützliches herstellen«, erklärte er.
Ich streckte unwillkürlich meine Hand nach dem Bündel aus, um ihm tragen zu helfen, doch sein stolzer Blick ließ mich innehalten.
»Es tut mir leid … Eric … dass du so lange warten musstest«, sagte ich. »In meiner Welt vergeht die Zeit sehr viel langsamer als in deiner. Für mich war es kaum mehr als ein Tag. Ich bin so schnell zurückgekehrt, wie ich konnte.«
»Ein Menschenleben ist nur ein unbedeutender Augenblick im Leben der Götter, das weiß ich wohl«, krächzte er. »Aber du bist zurück, und nun kann ich meine Aufgabe zu Ende bringen.«
»Hast du … all die Jahre nur auf mich gewartet?«, fragte ich.
»O ja«, sagte er. »Aber ich war in der Zwischenzeit nicht untätig.« Er grinste. »Ich habe zahllose Türen geöffnet und Wunder gesehen, die noch nie ein Menschenauge erblickt hat. Es war kein schlechtes Leben, das ich geführt habe. Ein bisschen einsam vielleicht, obwohl ich hinter einigen Türen Lebewesen fand, mit denen ich sprechen konnte.« Sein Gesicht verdunkelte sich. »Einige Jahre habe ich in der Gefangenschaft von pelzigen Kobolden verbracht, die mich in einem unterirdischen Höhlenlabyrinth festhielten. Das Schlimme daran war nicht, dass sie ihren Schabernack mit mir trieben, mich quälten und mir kaum zu essen und zu trinken gaben. Das Schlimme war, dass ich ständig Angst hatte, dass du in dieser Zeit zurückkommen und |331| glauben könntest, ich hätte dich im Stich gelassen. Als ich schließlich fliehen konnte, war ich sehr erleichtert, keine Zeichen deiner Anwesenheit zu
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