Glanz
Existenz der Seele bewiesen, weil Eric aufgewacht ist?«
Der Abt schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Sehen Sie, diese Klinik verfügt über modernste Apparate, mit denen Gehirnaktivitäten sehr genau gemessen und aufgezeichnet werden können. Aus diesen Aufzeichnungen geht eindeutig hervor, dass Ihre Gehirnströme während Ihrer Trance mit denen Ihres Sohnes und denen von Mrs. Morrison synchronisiert waren. Wir konnten nicht sehen, was in Ihren Gehirnen vorging, aber wir konnten sehen, dass Sie, Mrs. Morrison und Eric dieselben Dinge gesehen, gefühlt und erlebt haben. Es gab eindeutig eine Verbindung zwischen Ihnen. Etwas Derartiges ist nie zuvor beobachtet worden. Es gibt dafür keine andere wissenschaftliche Erklärung als die, dass Ihre Seelen direkt miteinander kommuniziert haben!«
Langsam begann ich zu verstehen. Ich hatte mich offenbar in Dr. Ignacius getäuscht. Die altertümliche Kleidung der Ordensmitglieder kam mir ein bisschen albern vor, und die Idee, etwas unbedingt wissenschaftlich beweisen zu wollen, was doch jeder Mensch intuitiv erfahren konnte – dass die menschliche Existenz mehr ist als eine zufällige Aneinanderreihung chemischer Prozesse –, erschien mir irgendwie armselig. Aber es war jetzt klar, dass mein Misstrauen gegenüber dem Arzt unbegründet gewesen war. Er hatte offensichtlich im Auftrag des Ordens aus ehrenhaften Motiven gehandelt.
»Kann ich meinen Sohn jetzt nach Hause bringen?«, fragte ich.
»Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie noch eine Weile unsere Gäste blieben«, sagte der Abt. »Dr. Ignacius ist der Ansicht, dass es besser für Eric wäre, wenn er noch eine Weile hier unter ärztlicher Aufsicht bliebe. Es wird noch etwas dauern, bis er wieder ganz hergestellt ist, und wir werden natürlich alles tun, um ihm dabei zu helfen. Die Kosten seiner Behandlung übernimmt selbstverständlich der Orden – das gilt auch für Ihren Aufenthalt hier. Ehrlich gesagt vermute ich, dass auch Sie etwas Erholung gebrauchen können. Aber es ist Ihre Entscheidung. Wir sind Ihnen zu tiefstem Dank verpflichtet, und der Orden wird Sie stets mit offenen Armen empfangen und Ihnen jede erdenkliche Hilfe zuteil werden lassen!«
Ich nickte. »Sie haben recht. Wir brauchen etwas Ruhe. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich einen Augenblick mit meinem Sohn allein lassen würden.«
Der Abt nickte. »Selbstverständlich.« Er wandte sich an die übrigen Ordensmitglieder. »Brüder und Schwestern, lasst uns nun in der Kapelle einen Gottesdienst feiern und dem Herrn für das Wunder der Offenbarung danken, die wir heute erhalten haben!«
Zustimmendes Gemurmel erhob sich, und die schwarzgekleideten Gestalten verließen den Raum in einer kleinen Prozession. Dr. Ignacius und Swenson folgten ihnen.
Erleichtert schloss ich die Tür. Nur Emily war zurückgeblieben. Wir fielen uns in die Arme, und mir kamen erneut die Tränen. Es gab keine Worte, die meiner Dankbarkeit gegenüber meiner Freundin Ausdruck verleihen konnten. So hielten wir uns nur stumm umfasst.
Ein Geräusch ließ mich herumfahren. Es klang wie ein Stöhnen. Erschrocken beugte ich mich über Eric. Doch er wirkte entspannt. Seine Augen waren klar und wach, und sie folgten meinem Gesicht. Sein Mund zuckte leicht, so als versuche er zu lächeln, könne sich aber nicht mehr genau erinnern, wie das funktionierte. »Mmm …«, machte er. Und dann, deutlich hörbar: »Mmmom …«
Ich streichelte seine Wange und küsste seine Stirn. »Schon gut, mein Sohn«, sagte ich. »Lass dir Zeit. Bald wirst du wieder ganz gesund sein!«
Eine kleine, nagende Stimme in meinem Hinterkopf meldete sich mit der Frage, ob er wirklich jemals wieder ganz geheilt sein würde. Was, wenn bleibende Schäden zurückblieben? Was, wenn Eric nie wieder richtig sprechen konnte?
Ich verdrängte den Gedanken. Mein Sohn war wieder zurück. Die lange Suche hatte ein Ende. Nur das zählte!
Die Tür öffnete sich, und zwei Pflegerinnen kamen herein. Sie hoben Eric von der fahrbaren Liege auf das Krankenbett, in dem er zuvor gelegen hatte. Dann entfernten sie die Liege und brachten stattdessen ein zweites Bett in das Zimmer. »Dr. Ignacius meinte, Sie wollen sich vielleicht eine Weile hier ausruhen«, sagte eine der Schwestern.
Ich bedankte mich. Ich fühlte mich in der Tat sehr erschöpft. »Was ist mit dir?«, fragte ich Emily. »Möchtest du auch ein bisschen schlafen? Wir könnten uns zu zweit hierherlegen.«
»Nein danke«, sagte sie. »Ich will erst mal
Weitere Kostenlose Bücher