Glanz
nach Maria schauen.«
Maria. Ein Stich des Bedauerns und der Reue durchfuhr mich. »Bitte richte ihr aus, dass ich ihr dankbar bin für das, was sie für Eric getan hat«, sagte ich. »Ich würde es ihr gern selbst sagen, aber ich glaube, ich brauche jetzt tatsächlich ein bisschen Ruhe. Und ich möchte Eric nicht allein lassen.«
Emily nickte. »Ich bin bald zurück.« Damit verließ sie den Raum.
Ich schob das fahrbare zweite Bett neben das von Eric und legte mich darauf. Ich nahm seine Hand in meine und drückte sie. Ganz schwach glaubte ich ein Zucken seiner Finger wahrzunehmen, als erwidere er meinen Händedruck.
Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen schlief ich ein.
38.
Als ich erwachte, war es dunkel. Die Leuchtziffern meines Digitalweckers zeigten 4.15 Uhr morgens an.
Ich fuhr hoch, als hätte jemand einen Eimer Eiswasser über mir ausgegossen. Ich drückte den Lichtschalter, der an der vertrauten Stelle neben dem Bett war.
Ein Geräusch entrang sich meiner Kehle, das nicht von mir zu stammen schien, sondern von einem kleinen, verängstigten Tier, das in meiner Brust eingesperrt war.
Ich befand mich in meinem Schlafzimmer in Manhattan. Statt der Jeans und des T-Shirts, die ich in der Klinik in Cambridge angehabt hatte, trug ich eines meiner seidenen Nachthemden.
»Nein!«, sagte ich laut. »Nein, das kann nicht sein!« Ich stand auf und riss die Vorhänge auf, getrieben von der unsinnigen Hoffnung, der kleine Park der Fresh-Pond-Klinik möge dahinter zum Vorschein kommen. Stattdessen sah ich das niemals ganz verlöschende Leuchten der Großstadt: Unzählige Lichtpunkte, die langsam blinkten und flackerten wie die Glut eines heruntergebrannten Feuers.
Ich versuchte, die Panik zu verdrängen, die mich befiel. Es musste eine logische Erklärung dafür geben, dass ich jetzt in meinem Apartment war, obwohl ich doch gerade noch in der Klinik in Cambridge gelegen hatte.
Mit zitternden Knien wankte ich in Erics Zimmer. Sein Bett war leer, und der Raum roch schal, als sei er lange nicht benutzt worden.
Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder war dies hier ein Traum, oder ich hatte nur geträumt, dass Eric aufgewacht war.
Beides erschien mir unmöglich. Doch die Tatsachen ließen keine andere Erklärung zu.
Es sei denn, ich war dabei, den Verstand zu verlieren.
Was immer mit mir geschah, musste mit den Auswirkungen der Droge zu tun haben. Ich ging zurück ins Schlafzimmer und legte mich wieder ins Bett. Vielleicht konnte ich ja einfach einschlafen und dann wieder in der Klinik in Cambridge aufwachen.
Ich schloss die Augen, doch an Schlaf war nicht zu denken. Stattdessen sah ich Bilder vor mir – Fetzen eines Traums, den ich unmittelbar vor dem Aufwachen gehabt hatte.
Da war ein Unfall gewesen. Ein brennendes Autowrack, das auf dem Rücken an einer Böschung lag. Eric war in diesem Auto. Ich sah sein Gesicht, an die Scheibe gepresst, wie er mich anstarrte, wie er stumm um Hilfe rief. Ich wollte ihm zu Hilfe eilen, doch etwas hielt mich fest. Flammen leckten an Erics Gesicht empor, umhüllten es wie ein grelles Tuch, bis seine Augen und sein zum Schrei geöffneter Mund nur noch dunkle Flecken waren.
Irgendwie musste mein Unterbewusstsein die Erinnerung an den Unfall, den wir auf der Rückfahrt von Steephill nach New York gesehen hatten, mit den Erlebnissen in Erics Traumwelt vermischt haben. Ich versuchte, die schrecklichen Bilder zu verdrängen, mich zu beruhigen, doch mein Kopf dröhnte vom Hämmern meines Herzens. Nach ein paar Minuten stand ich auf und ging in die Küche, um mir einen Beruhigungstee zu machen.
Der Tee half nicht. In meinem Kopf tobten die Gedanken weiter wie ein Schwarm Hornissen, deren Nest jemand mit Benzin übergossen und angezündet hatte. Ich hätte am liebsten laut geschrien, doch ich hatte Angst vor meiner eigenen Stimme.
Was war hier los? War ich auf irgendeine geheimnisvolle Weise immer noch in Erics Phantasiewelt gefangen? Befand ich mich in jenem erdachten New York, in dem ich ihn bereits einmal gesucht hatte? Würde ich, wenn ich morgen zum Times Square fuhr und die Hintertür eines Schnellrestaurants öffnete, wieder auf der Ebene der Tore stehen?
Die Realität schien auf einmal zu etwas Weichem, Flexiblem geschmolzen zu sein. Es gab keinen absoluten Bezugspunkt mehr, nichts, worauf ich mich verlassen konnte.
Ich presste die Hände an den Kopf und flehte, dass irgendwas geschehen möge, damit die Welt wieder ihre gewohnte Ordnung annahm. Doch alles, was
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