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Glanz

Glanz

Titel: Glanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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zu sein schien, noch weniger als die leere Ebene.
    Wir folgten der Hügelkette. Auf diese Weise konnten wir uns trockenen Fußes landeinwärts bewegen. Doch nach einer Weile wurden die bleichen Hügel niedriger, als versänken sie immer tiefer im Morast. Bald sahen wir vor uns das Ende der Kette. Dahinter erstreckte sich Sumpf, so weit das Auge reichte.
    Wir blieben stehen. »Welch schreckliche Eingebung mag die Götter bewogen haben, dieses Land zu schaffen«, murmelte Eric. »Entschuldige, göttliche Mutter«, schob er rasch nach. »Ich wollte nicht respektlos sein …«
    »Ich habe dir schon gesagt, ich bin keine Göttin«, erwiderte ich. »Wenn ich eine wäre, würde ich dafür sorgen, dass dieser Sumpf ausgetrocknet wird!«
    »Mir scheint, wir sollten umkehren und versuchen, den Morast zu umgehen. Diese Gegend ist nicht für Sterbliche bestimmt.«
    Ich war geneigt, ihm recht zu geben. Ich hatte genauso wenig Lust, durch diese stinkende Brühe zu waten, auch wenn mir die Vorstellung, die lange Hügelkette zurückzuwandern, kaum verlockender erschien. Warum, zum Kuckuck, konnte sich Erics Geist nicht auf einer hübschen Blumenwiese verirrt haben, oder wenigstens in der kargen, aber malerischen Landschaft des Mittelmeerraums?
    Gerade als ich mich umdrehen wollte, entdeckte ich in der Ferne etwas, das mich frösteln ließ. Zuerst hielt ich es für Rauch, doch die Art, wie die schwarze Wolke sich bewegte, |73| sich ausdehnte und wieder zusammenzog, machte mir klar, um was es sich handelte: Tausende Vögel.
    Ich dachte an den Schwarm, dem ich auf der Ebene gefolgt war. Vielleicht war dies der Ort, an dem die Vögel nisteten. Irgendwie erschien mir das passend.
    Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, Einzelheiten zu erkennen. Nach einem Moment glaubte ich hinter dem Schwarm einige bleiche Felstürme zu sehen, die aus dem Moor aufragten wie die Zähne eines Riesenungeheuers.
    Ich wusste plötzlich, dass wir dorthin mussten, ohne den Grund für meine Gewissheit zu kennen.
    Ich wies in die Richtung. »Siehst du diese seltsamen Gebilde dort hinten am Horizont?«
    »Nein, göttliche Mutter.«
    »Es sind bleiche Türme. Sie sind wegen des Nebels kaum zu erkennen.«
    »Doch, warte … ja, jetzt sehe ich sie auch. Bei den Göttern, sie müssen so hoch sein wie Berge!« Er sah mich sorgenvoll an. »Du willst doch nicht dorthin, göttliche Mutter, oder?« Er schüttelte leicht den Kopf. »Natürlich willst du dorthin! Warum nur müsst ihr Götter uns Sterblichen immer den schwierigsten aller denkbaren Wege weisen?«
    Wir folgten der Hügelkette, bis der letzte bleiche Felsen in einem schwarzen Tümpel versank. Blasen stiegen aus seinem Grund auf, und rötliche Schlieren waren auf der stinkenden, öligen Oberfläche zu sehen.
    Am Rand des Tümpels wuchsen einige der seltsamen bleichen Blasenketten. Mit umsichtigen Schritten tastete ich mich vor und zog eine davon zu mir heran. Wie ich erwartet hatte, war sie biegsam wie ein Grashalm. Die Blasen schienen mit einem Gas gefüllt zu sein, das leichter als Luft war, Wasserstoff vielleicht. Es gab der Pflanze |74| Auftrieb, so dass sie senkrecht in die Höhe ragte, ohne ein Stützskelett zu benötigen.
    Ich zog an dem Blasenhalm. Er ließ sich mit einem schmatzenden Geräusch aus dem Untergrund ziehen. An seinem Ende befanden sich rötliche Wurzeln, die sich jedoch wie Würmer bewegten und panisch nach etwas suchten, an das sie sich klammern konnten. Erschrocken und voller Ekel ließ ich das Gebilde los. Es schwebte rasch in den Himmel und war bald in den Wolken verschwunden. Vielleicht, wenn man mehrere dieser Gebilde aneinander befestigte …
    Eric schien zu ahnen, was ich dachte. Er machte ebenfalls ein paar Schritte in den Sumpf, wobei er mit dem Schwert immer die Festigkeit des Bodens vor sich prüfte. So konnte er sich weiter vorwagen als ich. Er schnitt einige der Blasenhalme dicht über der Wurzel ab, umfasste sie und brachte sie mir wie einen grotesken Strauß Blumen. Er hatte offensichtlich Mühe, sie festzuhalten, so stark zogen sie nach oben.
    Er bog die Halme in der Mitte, so dass sie ein U formten.
    Er machte mir vor, was er plante, indem er ein Bein über das U streckte und die Blasenhalme zwischen seine Beine klemmte, als säße er auf einem Schaukelpferd. Dann zog er das Bein zurück und hielt mir die Halme hin.
    Es fühlte sich seltsam an, und die scharfen Kanten der Halme schnitten in meine Oberschenkel, aber es funktionierte. Die Gasblasen zogen mich hoch, so

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