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Glanz

Glanz

Titel: Glanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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strahlend schön wie die Sonne und nicht hässlich wie du!«
    Das Wesen stieß ein keckerndes Geräusch aus, das entfernt wie Lachen klang. »Schönheit ist ein relativer Begriff, nicht wahr? Findet nicht eine Fledermaus ihresgleichen attraktiv? Sind Menschen in den Augen einer Spinne nicht grob, riesenhaft und erschreckend? Es gab viele, die mich schön fanden.«
    »Du … du bist … der erste Mensch?«, fragte ich.
    »Nichts hat einen klaren Anfang – nur das Ende ist eindeutig«, sagte das Wesen. »Aber wenn es jemals einen entscheidenden Schritt der Menschwerdung gegeben hat, dann bin ich vielleicht sein Zeuge.«
    »Aber das war vor Jahrmillionen«, protestierte ich, obwohl ich wusste, dass Zeit in dieser Traumwelt eine andere Bedeutung hatte als in der Realität.
    »Die Dinge sind nicht immer so, wie sie erscheinen«, gab die Erste Mutter zurück. »Aber ihr seid sicher nicht gekommen, um mit mir über Philosophie zu diskutieren.«
    »Wir … wir suchen das Tor des Lichts«, sagte ich. »Eric |117| hier – mein Sohn – muss hindurchgehen, um … um die Götter zu besänftigen.«
    Wieder stieß die Alte ihr keckerndes Lachen aus. »Glaubst du wirklich, du kannst mich täuschen, Tochter?« Sie machte ein seltsames Geräusch, eine Art Schnauben, und die Lichtpunkte in ihren Augen tanzten auf Tränen. »Die Dinge sind nicht so, wie sie erscheinen«, wiederholte sie. »Der Weg, den wir suchen, ist selten der, den wir gehen müssen.«
    Dieses Sprechen in Rätseln ging mir bereits jetzt auf die Nerven, auch wenn es natürlich sehr gut zu einer Phantasiewelt passte, die von einem Computerspiel inspiriert war. »Kannst du uns sagen, wo wir das Tor des Lichts finden?«
    »Es ist da, wo euer Weg sich gabelt«, gab die Erste Mutter zurück.
    Ich schnaubte gereizt. »Geht es vielleicht noch etwas genauer? Wie wäre es zum Beispiel mit einer Himmelsrichtung? Mit Entfernungsangaben? Am Sumpf rechts, dann durch die Rippenbögen und immer geradeaus bis zur Zyklopenschlucht oder so!«
    Die Erste Mutter sah mich eine Weile schweigend an, und plötzlich schämte ich mich für meinen Ausbruch. Ich senkte den Blick.
    »Du weißt, dass das Leben nicht so einfach ist, meine Tochter«, sagte sie schließlich, und ihre Stimme war sanft und voller Mitgefühl. »Es gibt keinen Plan. Nur Entscheidungen.«
    »Aber … aber welche Entscheidungen soll ich … muss ich denn treffen, wenn ich meinen Sohn wiederhaben will?«, rief ich, und die Verzweiflung presste mir die Brust zusammen. »Kannst du mir denn nicht helfen? Du bist doch ein Teil von ihm! Er kann uns hören, wie wir hier miteinander sprechen!«
    |118| Ich hatte auf einmal die Nase voll von diesem perfiden Spiel. »Wach auf!«, schrie ich, und meine Stimme hallte von den Knochenwänden wider. Ich rüttelte ihn an den Schultern. »Wach endlich auf, Eric!«
    Er sah mich voller Mitleid an. Mein Zorn verrauchte, und Stille kehrte wieder ein.
    »Geh zum Tempel der Wahrheit, meine Tochter«, sagte die Erste Mutter. »Er ist nicht weit von hier, in der großen Knochenhalle am Ende der Säule. Dort wirst du dem brennenden Mann begegnen.«
    Ich spürte eine Art Beben, das meinen ganzen Körper erschütterte. Nein, es schien die ganze Welt zu erfassen. Die Höhle erzitterte und verschwamm vor meinen Augen. Ich fühlte mich leicht, fast durchsichtig.
    Ich begriff.
    »Nein!«, schrie ich. »Nein, jetzt noch nicht!« Doch das Bild um mich begann bereits zu verblassen.
    »Eric! O Gott, Eric!«

|119| 14.
    Ich hob den Kopf und blinzelte. Durch ein offenes Fenster fielen Strahlen grellen Sonnenlichts herein. Winzige Staubteilchen tanzten darin. Ich lag auf dem Bett neben Eric.
    Emily saß neben mir und lächelte. »Guten Morgen!«
    »Was … was ist passiert? Wieso … du siehst besser aus!«
    Sie nickte. »Du hast recht gehabt. Dieses … Zeug ist unglaublich! Ich habe gesehen, was geschah.«
    »Du warst bei mir? Wo?«
    »Ich habe dich die ganze Zeit von schräg oben gesehen, wie ein Vogel, der dir folgte. Ich habe gesehen, wie du die Schildkröte erschlagen hast und wie du der Ersten Mutter begegnet bist. Ich konnte jedes Wort hören, das ihr gesprochen habt.«
    »Hast du es verstanden? Ich meine, glaubst du wirklich, sie war der erste Mensch?«
    »Wer weiß? Es ist möglich, dass sie nur eine Ausgeburt von Erics Phantasie ist, aber vielleicht steckt mehr in unseren Genen als nur die Information darüber, welche Haarfarbe wir haben und ob wir Zimt mögen. Oder vielleicht sind es nicht die

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