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Glanz

Glanz

Titel: Glanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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unbeholfenen Schritten aufrecht. Einige trugen lange Äste oder Steine in den Händen.
    Bald waren wir von Hunderten von ihnen umringt. Sie machten ein ohrenbetäubendes Geschrei, hielten jedoch immer ein paar Schritte Abstand zu uns. Eric schwang drohend sein Schwert. Wenn die Wesen uns tatsächlich angriffen, hatten wir allerdings keine Chance – es waren einfach viel zu viele.
    Ich bemerkte, dass die Wesen eine Art Gasse bildeten, die zum Fuß eines der Rippenbögen führte. Mit wilden |114| Gesten, gefletschten Zähnen und lautem Geschrei versuchten sie, uns in diese Richtung zu drängen, ohne uns zu nahe zu kommen.
    Wir folgten dem Spalier der schreienden Affenwesen. Die Menge – inzwischen mussten es mehr als tausend sein – folgte uns und drängte uns in Richtung eines besonders großen Rippenbogens. An seinem Fuß befand sich eine kreisrunde Öffnung. Wir konnten nur in gebückter Haltung hindurchtreten.
    Drinnen fanden wir einen runden Raum von kaum drei Metern Durchmesser. Licht fiel durch den Eingang und durch zwei schmale Fensteröffnungen weiter oben. Ich konnte undeutlich dunkle Flecken an den Wänden erkennen, die sich, nachdem meine Augen sich an das schwache Licht gewöhnt hatten, als primitive Zeichnungen entpuppten. Es gab abstrakte Symbole – Spiralen, Dreiecke, geschwungene Linien – und etwas, das wie Sternbilder aussah. Also wurde es hier vielleicht doch irgendwann einmal Nacht, und der trübe Himmel klarte auf.
    Die Affenwesen blieben im Eingang stehen, schrien und deuteten auf einen Durchgang am anderen Ende des Raumes. Dort wand sich ein schmaler, röhrenartiger Tunnel steil nach oben. Es gab keine Treppenstufen, dafür aber regelmäßige Einkerbungen an den Wänden, an denen man sich mit den Händen emporziehen konnte.
    Der Gang war nicht für Menschen gemacht, und wir hatten große Mühe, uns in den engen Windungen fortzubewegen – besonders Eric, der mir folgte und seine sperrige Rüstung und den schweren Schild mit sich schleppte.
    Manchmal weitete sich der Tunnel zu einer kugelförmigen Höhle, und ein paar Fenster ließen frische Luft und Licht herein. Dann nutzten wir die Gelegenheit für eine |115| kurze Verschnaufpause, wurden jedoch von den Affenwesen, die uns folgten, sogleich lautstark angetrieben.
    Immer wieder gab es Abzweigungen vom Hauptgang, doch sie wurden von ebenfalls johlenden Affenwesen blockiert. Die enge Röhre verstärkte das Geschrei noch, so dass ich bald Kopfschmerzen bekam.
    Wir kamen immer höher. Ich hatte das Gefühl, dass wir bald die Spitze der Rippe erreicht haben mussten, doch ein Blick aus einer der Fensteröffnungen zeigte mir, dass wir höchstens dreißig Meter über dem Boden waren. Eine unübersehbare Affenmenge umringte die Rippe und starrte zu uns herauf.
    Dann endlich endete der Gang im Boden eines überraschend großen Raumes. Er maß mindestens fünfzehn Meter im Durchmesser und war gut drei Meter hoch. Überall an den runden Wänden leuchteten kleine Löcher wie gleißende Sterne. Der Raum musste die gesamte Breite der Rippe ausfüllen.
    Als wir eintraten, verstummte das Geschrei der Affenwesen sofort, und ehrfürchtige Stille senkte sich über uns. Die vielen Lichtschächte gaben dem Ort etwas Feierliches und erinnerten mich an meinen letzten Besuch im Planetarium, der schon einige Jahre zurücklag. Vielleicht war das hier tatsächlich eine Art Observatorium. Aber offensichtlich nicht nur das.
    In der Mitte erhob sich ein Podest, das mit Tierfellen bedeckt war. Auf diesem primitiven Thron saß ein einzelnes Affenwesen. Sein Fell war zerzaust und an vielen Stellen ausgefallen, so dass die bleiche, mit dunklen Flecken übersäte Haut darunter zum Vorschein kam. Das Gesicht war von tiefen Runzeln zerfurcht. Obwohl ich mich mit Affen nicht auskannte, sah ich sofort, dass dieses Wesen uralt sein musste.
    |116| »Willkommen«, sagte das Wesen mit einer kehligen, fremdartigen Stimme, die offenbar Mühe hatte, menschliche Laute zu formen. In den dunklen Augen spiegelten sich winzig die Lichtpunkte an den Wänden, so dass es aussah, als leuchteten Sterne darin. Es waren freundliche Augen, und sie wirkten seltsam vertraut.
    Ich brauchte einen Moment, bis ich meine Sprache wiedergefunden hatte. »Wer … wer bist du?«
    »Manche nennen mich Eva, andere Lucy, wieder andere Pandora. Für meine Kinder bin ich nur die Erste Mutter.«
    »Spotte nicht der Götter, Affenfrau!«, rief Eric. »Pan dora wurde von Hephaistos aus Erde und Wasser geschaffen,

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