Glashaus
»Gibt’s Probleme in der Arbeit?«
»Keine, die jemand bemerken würde«, tut Janis meine Frage ab. »Ehrlich gesagt lese ich derzeit viel. Übrigens hat das Krankenhaus mir deine Krankmeldung geschickt. Mach dir keine Sorgen, was mich betrifft.«
»Also gut, ich bin dabei. Solange ich nicht irgendwohin rennen muss. Wie komme ich da hin?«
»Nimm dir einfach ein Taxi und sag dem Fahrer, er soll dich zum Village Café bringen. Ich werde gegen zwei Uhr dort sein. Wir können das Café testen und vielleicht ein bisschen reden, hab ich gedacht.«
Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass Janis mir etwas vorenthält, allerdings kann ich mir recht gut vorstellen, was sie mir verschweigt. Bei dem Gedanken fröstelt es mich leicht. Möchte ich da wirklich mit hineingezogen werden? Eher nicht - aber wenn ich mich raushalte, werden sie bestimmt über mich klatschen. Und falls sie tatsächlich irgendetwas Unsinniges und Gefährliches vorhaben, schulde ich es Dr. Hanta meiner Meinung nach, ihnen die Sache auszureden. Ich blicke zum Fernseher hinüber. »Einverstanden. Bis gleich.«
Da es bereits ein Uhr ist, ziehe ich mir unverzüglich etwas Schickeres an und bestelle ein Taxi zum Village Café . Ich hab zwar keine Ahnung, von welchen Freundinnen Janis geredet hat, aber sicher ist sie nicht so taktlos gewesen, auch Jen einzuladen. Im Übrigen möchte ich nicht riskieren, einen schlechten Eindruck zu machen. Der äußere Schein zählt, wenn man versucht, den eigenen Punktestand zu verbessern, denn die anderen achten darauf. Und ich glaube, Janis würde ein solches Treffen nicht organisieren, wäre es nicht wichtig.
Es ist ein wunderbarer Tag: Der Himmel ist tiefblau, und es weht ein leichter warmer Wind. In einem Punkt hat Janis recht: Ich kann mich nicht erinnern, dieses Viertel der Stadt je zuvor gesehen zu haben. Das Taxi fährt durch Straßen, an denen reihenweise Häuser mit Schindelfassaden, weißen Lattenzäunen und gnadenlos gestutzten Rasen liegen. Bei einem größeren Backsteingebäude biegen wir links ab und fahren eine abschüssige, von Bäumen gesäumte Allee entlang, an die seltsam geformte Bauten grenzen. Es sind auch andere Taxis unterwegs. Und Menschen! Wir überholen ein Pärchen, das den Bürgersteig entlangspaziert. Und ich dachte, Sam und ich wären hier die einzigen Leute, die so etwas tun. Welche Bekanntschaften sind mir bislang entgangen?
Das Taxi hält unmittelbar vor einer Sackgasse, wo ein Halbrund von Markisen die weißen Tische und Gartenstühle gegen die Sonne abschirmt. Am Straßenrand steht ein Steinbrunnen, aus dem Wasser sprudelt. » Village Café, Village Café. Der Fahrpreis wird Ihnen vom Konto abgebucht«, leiert mein Chauffeur herunter. Während ich die Tür öffne und aussteige, tauchen in meinem linken Augenwinkel blaue Ziffern auf.
Die Tische sind besetzt. Jemand winkt mir zu: Janis, die viel besser aussieht als bei unserer letzten Begegnung. Schon deshalb, weil sie lächelt, als ich zu ihr hinübergehe.
»Hallo, Janis.« Ich sehe, dass Tammy neben ihr sitzt, weiß aber nicht, was ich sagen soll. »Hallo, alle zusammen.«
»Hi, Reeve! Das hier ist Tammy. Und das Elaine …«
»El«, murmelt sie.
»Und da drüben sitzt Bernice. Nimmst du dir einen Stuhl? Wir haben gerade überlegt, was wir bestellen sollen. Hast du irgendeinen Wunsch?«
Während ich mich setze, sehe ich, dass auf dem Tisch vor jedem Platz gedruckte und in Kunststoff eingeschweißte Speiseund Getränkekarten liegen. Gerade will ich mich in meine Karte vertiefen, da beginnt es in einer mit Stoff bespannten Box oberhalb der Eingangstür zu knistern. »Guten Tag«, dröhnt es gleich darauf aus dem Lautsprecher. »Wieder einmal können wir einen wunderbaren Nachmittag genießen …«
»Ich glaube, ich nehme einen Gin Tonic«, sage ich.
»Wir erbitten Ihre Aufmerksamkeit für zwei Durchsagen. Sie können jetzt unser vorzügliches Sahneeis probieren. Unsere Tagesspezialitäten sind Trüffel und Banane. Und hier eine Warnung: Im Laufe des Tages kann es gelegentlich zu leichten Schauern kommen. Wir bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit.«
Tammy zieht eine Grimasse. »Das macht das Ding alle zehn Minuten, seit wir hier sind. Ich wünschte, die würden das abstellen.«
»Ich hab an der Theke nachgefragt«, sagt Janis in entschuldigendem Ton. »Die sagen, sie können die Anlage nicht abschalten, weil sie das ganze Viertel beschallt.«
»Ach ja? Was ist das überhaupt für ein Viertel? Ich kann mich gar nicht
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