Glashaus
daran erinnern.« Unverzüglich stecke ich die Nase in die Karte - kann ja sein, dass ich einen Fauxpas begangen habe.
»Weiß ich auch nicht genau. Ist erst gestern hier aufgetaucht. Deshalb dachte ich, wir sollten es uns mal ansehen.«
»Den Punkt können wir jetzt abhaken«, sagt Bernice, die dunkle Haut hat, etwas dicklich ist und ständig eine Miene leichten Abscheus zur Schau stellt. Ich glaube, ich habe sie schon in der Kirche gesehen, aber darauf beschränkt es sich auch. »Ich nehme einen Mango-Milchshake.«
Ein männlicher Zombie, der einen dunklen Anzug und eine lange weiße Schürze trägt, schlurft herbei. »Möchten Sie jetzt bestellen?«, fragt er mit hoher nasaler Stimme.
»Ja bitte.« Nachdem Janis eine ganze Liste von Getränken heruntergerasselt hat, zieht sich der Kellner wieder ins Café zurück. Die meisten der bestellten Getränke enthalten keinen Alkohol. Anscheinend bin ich die Einzige, die mal wieder aus der Rolle fällt. Hoppla!, denke ich. »Tammy, El und ich haben uns in den letzten Wochen jeden Samstag getroffen«, bemerkt Janis mit einem Blick in meine Richtung. »Unseren Ehemännern haben wir erzählt, wir seien ein Handarbeitszirkel. Es ist ein gutes Alibi dafür, miteinander zu tratschen und etwas zusammen zu trinken. Außerdem weiß sowieso keiner der Männer, was er sich unter einem Handarbeitszirkel vorstellen soll. Die würden’s ja nicht mal merken, wenn sie über einen echten stolpern, deshalb …«
»Und was ist ein Handarbeitszirkel?«, fragt Bernice.
El langt vorsichtig in eine riesige Tasche und zieht etwas heraus, das so aussieht, als gehöre es zur Stoffbespannung einer Luftschleuse. Es stecken Nadeln und bunte Fäden darin. »Etwas wie ein Kreis, in dem wir alle zusammen Stickereien anfertigen. So wie diese hier.« Als sie eine Nadel aus dem Stoff zieht, schafft sie es tatsächlich, sich in den Daumenballen zu stechen. »Ich hab’s noch nicht richtig raus«, setzt sie traurig nach.
»Was das Sticken betrifft, könnt ihr mich von der Liste streichen«, erkläre ich. »Aber gegen das Trinken und Klatsch und Tratsch habe ich nichts einzuwenden.«
»Genau das würdest du sagen, hat Janis gemeint.« Tammy wirft mir ein entschuldigendes Lächeln zu. »Übrigens hab ich mich gefragt, ob du wohl weißt, was mit Mick passiert ist.«
Nochmals hoppla! »Bin mir nicht sicher. Ich hab Dr. Hanta nach ihm gefragt, und sie sagte, sein Schicksal werde noch erörtert , was das auch heißen mag. Ich weiß aber, dass Cass immer noch im Krankenhaus ist.«
»Ah ja.« Tammy lehnt sich zurück. »Ich wette einen Zehner darauf, dass beide innerhalb der nächsten Woche aus dem Experiment ausscheiden.«
Mir läuft bei diesen Worten ein Schauer über den Rücken. Aus Sicherheitsgründen gibt es bei jedem MAE nur einen Weg hinein und hinaus, denn so kann die Flugbesatzung im Fall, dass die Zivilisation da draußen zusammenbricht, das Tor verbarrikadieren. »Ich weiß nicht, ob wirklich damit zu rechnen ist«, erwidere ich. »Dr. Hanta versucht in der Regel, die Dinge auf eigene Weise wieder geradezubiegen. Für Cass kann sie sicher einiges tun. Und Mick hat Cass nicht behelligt, seit … Nun ja.«
»Und was ist mit Fiore?«, fragt Janis.
Inzwischen bin ich fest davon überzeugt, dass sie mich nur deshalb ins Café eingeladen haben, um mir Informationen aus der Nase zu ziehen. Aber was soll’s? Wenigstens zahlen sie die Getränke. »Nach der Sache mit Cass bin ich ihm zufällig über den Weg gelaufen«, erwidere ich. Doch in diesem Augenblick öffnet sich die Tür des Cafés, und der Kellner bringt uns die Getränke. Erst als er uns den Rücken kehrt, rede ich weiter. »Er, ähm … Ich hab den Eindruck, dass Fiore nichts davon hält, wenn wir irgendetwas Unvorhersehbares unternehmen. Andererseits ist Mick zu weit gegangen. Wir haben ein Problem für Fiore gelöst.«
»Oh.« Janis wirkt enttäuscht. Ich könnte mich ohrfeigen, weil ich etwas Wichtiges übersehen habe: Selbstverständlich wollte sie in Wirklichkeit wissen, was an dem Tag, als sie sich krankgemeldet hat, in der Bücherei passiert ist.
»Im Krankenhaus hatte ich Gelegenheit, mit Dr. Hanta zu sprechen«, lenke ich auf ein anderes Thema um. »Sie sagte, äh … na ja … sie sei keineswegs damit einverstanden, wie mit Esther und Phil verfahren wurde. Ich hatte den Eindruck, dass sie deswegen Krach beim Bischof geschlagen hat. Damit sich so was nicht wiederholt, wollen sie Scheidungsprozeduren in das Punktesystem
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