Glasklar
erwecken, allein wegen Heidenreich gekommen zu sein.
»Nur wenn es um die Bahn ging. Vielleicht drei- oder viermal. Aber heute wollte er einen Höhlenexperten mitbringen.« Schloz blickte in die aus etwa zehn Personen bestehende Runde, als wolle er den angekündigten Mann suchen. Dann stöpselte er ein Stromkabel in den Tageslichtprojektor und bat die Bedienung um ein Verlängerungskabel.
Der Hinweis auf den Höhlenforscher hatte Linkohr innerlich aufgeschreckt. Lechner. Es konnte nur Lechner sein. Er überlegte, ob der ihn wohl erkennen würde. Sie hatten gestern Nachmittag eine kurze Begegnung im Wasserberghaus. Aber vermutlich war Lechner derart aufgeregt gewesen, dass er sich nicht mehr an ihn erinnern würde. Immerhin war Linkohr erst während der Vernehmung dazugestoßen und hatte sich wortlos an die Seite gesetzt. Würde Lechner ihn aber enttarnen, war die ganze konspirative Mission vergebens.
Schloz wies Linkohr einen Platz zu und entrollte eine Leinwand. Weitere fünf Männer trafen ein, die den anderen die Hände schüttelten und sich Linkohr vorstellten. Dann führten sie am Tisch ihr Gespräch fort, das sich um den Mord an Heidenreich drehte, wie Linkohr vernahm. Er bestellte eine Apfelsaftschorle, lehnte sich zurück und beobachtete die Personen um sich herum. Keiner hatte sich bisher neben ihn gesetzt – weder links, noch rechts –, sodass er den Eindruck gewann, nur als Fremdkörper wahrgenommen zu werden. Schloz begrüßte die Gäste. Zuerst referierte der Vorsitzende, mit wohlgewählten Worten und sichtlich um Neutralität bemüht, über ein kleines Gewerbegebiet einer Landgemeinde, das dicht an ein Landschaftsschutzgebiet heranreichte. Schloz hob hervor, dass mit dieser Maßnahme neue Arbeitsplätze geschaffen würden, doch dürften andererseits nicht die Belange der Natur außer Acht gelassen werden.
Linkohr besah sich die bunten Folien, die an die Leinwand projiziert wurden, ohne sich sonderlich dafür zu interessieren. Er musste seine Gedanken zügeln, die wieder zu Mariella abzuschweifen drohten, und versuchte, sich in die Materie der Naturschützer einzudenken. Schloz hatte natürlich recht, wenn er erklärte, dass man mit dem Argument, neue Arbeitsplätze zu schaffen, nicht alle Bedenken des Naturschutzes vom Tisch fegen durfte. Wie viele Gewerbegebiete gab es, die auf fruchtbarstem Ackerland entstanden waren, in bester sonnigster Wohnlage, wo außer Erschließungsstraßen und Kabel, die aus der Wiese ragten, seit Jahren Öde herrschte? Oder es wurden Hochregellager in die Landschaft geklotzt, mehrere Fußballfelder groß, und die Arbeitsplätze beschränkten sich dann auf drei oder vier Gabelstaplerfahrer, die halbtags beschäftigt wurden. Manchmal gab es auch nur Umsiedlungen einiger Betriebe von einer Gemeinde zur anderen. Mit der Folge, dass sich ein Schultes rühmen konnte, neue Arbeitsplätze in seiner Kommune zu haben, während sein Nachbarkollege dieselbe Anzahl von wegfallenden Arbeitsplätzen beklagte. Dieser Unfug geschah dann meist noch mit staatlichen Fördermitteln.
Im Augenwinkel bemerkte Linkohr, dass sich die schwere Eingangstür geöffnet hatte und ein Mann wortlos eintrat, den er auf den ersten Blick als Volker Lechner identifizierte. Der Jungkriminalist wandte sich deshalb zur Seite, um nicht sofort von dessen Blick erfasst zu werden. Lechner murmelte eine Entschuldigung und ließ sich glücklicherweise nicht auf einem der freien Stühle neben ihm nieder, sondern an der Stirnseite der leeren zweiten Tischreihe hinter ihm. Endlose 20 Minuten lang wurden immer neue Folien aufgelegt und etliche Mitglieder meldeten sich zu Wort. Zwischenzeitlich war endlich auch ein jüngerer Mann aufgetaucht, der den einzigen freien Platz einnahm, so, als sei er für ihn vorgesehen. Seine langen Haare erinnerten an eine Zeit, als die ›Grünen‹ noch ›Chaoten‹ waren.
Linkohr versuchte, ihn in eine der Kategorien des vielfältigen Umweltschutzes einzuordnen, doch weil der Mann kein Wort sagte und sich auch kaum bewegte, fiel ihm dies schwer.
Ein älterer Herr hingegen zappelte aufgeregt auf seinem Stuhl, nestelte an seiner Strickjacke und konnte es kaum erwarten, endlich zu Wort zu kommen. Dann jedoch legte er los, wetterte gegen neue Straßen, die doch nur mehr Verkehr anzögen, und forderte seine Mitstreiter auf, sich viel intensiver um die Belange des Naturschutzes zu kümmern.
Schließlich gelang es Schloz, einen gemeinsamen Nenner zu formulieren, der dann bis auf zwei
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