Glasscherbenviertel - Franken Krimi
dem Fußboden. Der Körper war durch die Leichenstarre grotesk verbogen, die aufgerissenen, lichtstarren Augen schienen ihn geradewegs anzusehen.
»Du sagst, er war bekleidet, als er gefunden wurde?«
Belzl nickte. »Jeans, Hemd, Unterwäsche und eine altmodische Armbanduhr, die um zehn Uhr dreiundvierzig stehen geblieben ist – wobei es auch zweiundzwanzig Uhr dreiundvierzig gewesen sein könnte.«
»Letzteres ist keine Zeit, zu der man sich rasiert.«
»Mein Exmann hat sich nie in Jeans und Hemd rasiert, und zum Baden hat er sich auch meistens ausgezogen. Außer wenn er sturzbesoffen war, da hat er so manches getan, was man normalerweise nicht macht.«
Hackenholt seufzte. »Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Peter betrunken war?«
»Bislang nicht.«
»Also doch ein Suizid?«
»Wir werden sehen, was die Obduktion ergibt.«
»Ruf mich an, sobald das Ergebnis feststeht, ja?«
Belzl nickte. Während ihrer Unterhaltung hatte sich ihr Kollege Josef Lehmeier zu ihnen gesellt.
»Was gibt’s, Sepp?«, wandte sich die Hauptkommissarin an ihn.
»Laut Rezeptionistin ist der Tote am Freitagabend hier angekommen. Das Zimmer hatte er ein paar Stunden zuvor telefonisch reserviert. Gesehen hat sie ihn nach dem Einchecken nur noch einmal am Samstag im Vorbeigehen, als er das Hotel verlassen hat. Den Schlüssel hat er nicht abgegeben. Danach ist er niemandem mehr begegnet, und auch beim Frühstück war er weder am Samstag noch am Sonntag.«
»Was ist mit dem Zimmermädchen?«
»Am Samstag hat sie bei ihm geputzt, am Sonntag hing das ›Bitte nicht stören‹-Schild an der Tür.«
»Sie ist also nicht hineingegangen?«
Lehmeier blätterte in seinen Notizen. »Es kommt wohl hin und wieder mal vor, dass ein Gast mehr Wert auf Ruhe als auf Sauberkeit legt. Das Zimmermädchen hat sich nichts weiter dabei gedacht, aber als das Schild heute Vormittag dort noch immer hing, hat sie geklopft. Da sich nichts rührte, hat sie aufgesperrt.«
»Wann hast du das letzte Mal mit Renner gesprochen?« Belzl sah Hackenholt fragend an.
»Am Samstagnachmittag. Er hatte mich am Vormittag auf dem Handy angerufen und für den Abend ein Treffen auf dem Rother Weihnachtsmarkt vorgeschlagen. Den Termin habe ich jedoch am Nachmittag abgesagt, weil wir auf der Autobahn in eine Vollsperrung geraten sind. Ralph und ich waren in Köln, um einen Beschuldigten zu vernehmen. Ich habe Peter vorgeschlagen, die Verabredung auf Sonntagnachmittag zu verschieben, aber er hat nur mürrisch geschnaubt und ohne eine Antwort aufgelegt. Als er dann am Sonntag nicht am vereinbarten Treffpunkt erschienen ist, dachte ich, er wäre immer noch sauer. Am späteren Nachmittag mussten wir dann dienstlich nach Eichstätt, und als ich zurück war, habe ich hier im Hotel angerufen. Mich hat interessiert, ob er nach wie vor in Franken oder schon wieder nach Hause gefahren war.«
»Warum wollte er überhaupt mit dir reden? Bisher hört sich deine Erzählung nicht so an, als ob ihr sonderlich eng befreundet wart.«
»Das waren wir auch nicht.« Hackenholt berichtete von den zum Teil recht schroffen, aber eben auch dringlichen Anrufen des Kollegen. »Ich glaube, es ging ihm einfach um alte Zeiten. Wenn ich das, was er mir erzählt hat, richtig interpretiert habe, ließ ihm ein Fall, an dem wir beide vor vielen Jahren in Münster gearbeitet haben, keine Ruhe. Ich hatte den Eindruck, dass er wegen seiner Pensionierung, die bald angestanden wäre, noch einmal die Akten von damals durchgeschaut hat.«
»Das kenne ich.« Belzl machte ein vielsagendes Gesicht. »Von seinen aktuellen Fällen hat er dir aber nichts erzählt, oder?«
Hackenholt schüttelte den Kopf.
»Möchtest du bei seiner Dienststelle anrufen, oder soll ich das übernehmen?«
»Es ist dein Fall, ich bin da völlig außen vor. Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr sagen kann.« Hackenholt schaute auf die Uhr. »Wenn es für dich in Ordnung ist, fahre ich jetzt nach Nürnberg zurück. Wir ersticken derzeit in Arbeit.«
»Ich habe es im Lagebericht gelesen, bei euch scheint es gerade ziemlich zuzugehen. Danke, dass du trotzdem so schnell hergekommen bist. Immerhin können wir uns nun sicher sein, dass der Tote wirklich Peter Renner ist. Und wegen der Obduktion halte ich dich auf dem Laufenden.«
Als Hackenholt ins Kommissariat zurückkam, war Wünnenberg gerade dabei, frischen Kaffee aufzusetzen.
»Brasilien Yellow Bourbon oder Guatemala El Bosque?«
»Ralph, das ist mir auch heute so was von egal. Wie oft
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