Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Zickenterror ?«
»Und wie. Das ging nicht gut. Nur wenn Denise dabei war, hielt sich der Burgfrieden länger als ein paar Minuten.«
Auffällig, dachte Camilla. Natalie reagierte sicher nur wegen Grimm so extrem über.
»Haben Sie nie die Beziehung zwischen Ihrer Freundin und Grimm besprochen?«
»Durchaus, aber Natalie redete nur unter Zwang darüber und Andreas enthielt sich lieber, wie er sagte, um mich nicht zu verletzen.«
»Was für eine Beziehungskiste.« Camilla schlug die Hände vors Gesicht, während Chris stöhnte.
»Das zum Thema offene Worte oder wie?«
Insgeheim stimmte sie ihm zu, aber Habicht knurrte nur abfällig.
»Angesichts dessen, was gestern alles passiert ist, Andreas’ Verschwinden, nachdem er hinter dir hergefegt ist wie ein Irrer und in Zusammenhang mit den Morden, ist es logischer, sich erst einmal auf das zu stützen, was ich von euch weiß. Irgendwann müssen Bernd und ich endlich mal vorankommen.«
»War das der Grund, warum Sie uns vertrauen?«, fragte sie zweifelnd.
Habicht schwieg einige Sekunden. »Als ich gestern heimkam, habe ich alles mit Natalie besprochen. Sie bestätigte, was du gestern über Andreas’ manipulative Fähigkeiten gesagt hast. Er kann Personen beeinflussen und ist auf seine Art irgendwie unmenschlich.« Er zögerte. »Sie sagte, er sei körperlich sogar vollkommen anders als ich.«
Camilla wusste nicht, ob dieses »vollkommen anders« sie neugierig machte oder abschreckte. Einen Längenvergleich brauchte sie nicht wirklich.
»Meinen Sie das wörtlich?«, fragte Chris skeptisch.
»Andreas muss fast das Doppelte von mir wiegen, obwohl er kleiner und schlanker ist. Seine Kräfte sind die einer Hebebühne. Davon abgesehen besitzt er wenig Feingefühl. Wenn er gereizt wird, rastet er so sehr aus, dass er schon mal jemanden zusammenschlägt.«
»Und so was decken Sie?« Camilla schüttelte sich. »Nur weil er Ihr bester Freund war, muss man doch nicht alles hinnehmen …« Oder sind Sie genauso? Die letzten Worte wollte sie lieber nicht aussprechen.
Habichts Blick driftete ins Leere. »Davon abgesehen wissen wir nichts über seine Vergangenheit. Er redet nie darüber.«
Wut kochte in ihr hoch. Mühsam verdrängte sie die heißen Wellen, bevor ihr etwas herausrutschte, das sie bereuen würde. Chris zog sie zu den Stühlen und drückte sie mit sanfter Gewalt in die Holzschale. »Beruhige dich«, flüsterte er.
Einen Augenblick lang konzentrierte sich ihr Zorn auf Chris, doch der konnte ja nichts dafür. »Immerhin haben Sie nun etliche Hinweise, die klarmachen, dass wir keine durchgeknallten Spinner sind.«
Widerstrebend nickte Habicht.
»Und nun?«
Habicht setzte sich neben sie. »Warten wir auf deine Eltern.«
Chris trat ans Fenster. »Ich will euch ja nicht in euren Überlegungen stören, aber wir sollten vielleicht den Gedanken an das Fernrohr – das Perspektiv – nicht verdrängen.«
»Dass es das wirklich gibt, ist wohl eher unwahrscheinlich«, entgegnete Habicht.
Sie schüttelte den Kopf. »Als Pascal vor mir aufschlug, hielt er die Hand um ein antikes Fernrohr gekrampft. Ich würde wetten, dass es sich dabei um dieses Ding handelt.«
»Und was soll das Ding können? Vielleicht ist es nur etwas, was der kleine Hosenscheißer geklaut hat.«
Ohne sich umzudrehen schüttelte Chris den Kopf. »Sicher nicht. Er war in Amadeos Auftrag unterwegs. Was sollten wir in Ancienne Cologne mit einem Fernrohr? Die Höhlendecken sind nicht so hoch, als dass man über die Häuser sehen …« Er brach ab, spannte sich.
Camilla sprang auf. Was sah er?
»Es ist wertvoll, oder?«, fragte Habicht. Ihm schien nichts an Christophs Haltung aufzufallen.
»Keine Ahnung.« Sie hörte ihm nicht mehr richtig zu.
Chris verdrehte sich fast den Hals, bevor er das Fenster öffnete. Sie trat zu ihm.
»Was beobachtest du?«
Er deutete zu der Tiefgarage, in der Weißhaupt geparkt hatte. »Da ist gerade ein dunkelgrauer Golf reingefahren, sah dem von dieser Denise ähnlich.«
»Wirklich?« Camilla reckte sich neugierig.
Auch Habicht sprang auf. Er sah über sie hinweg.
»Jetzt ist er außer Sicht. Ich bin mir auch nicht sicher …«
»Hast du ein Kennzeichen erkannt?«
Chris schüttelte den Kopf. »Das ist zu weit fort.«
»Bleibt bitte bei Bernd.« Er deutete zu dem Aufenthaltsraum.
»Sie wollen nachsehen gehen?«, fragte Camilla.
Habicht nickte grimmig. »Sagt Bernd bitte Bescheid. Er erreicht mich auf dem Handy.«
Camilla folgte dem Beamten mit Blicken.
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