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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Autoren: Tanja Meurer
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eigenartiges Gefühl von Unsicherheit. Auf Chris konnte sie sich blind verlassen, aber Amelie und Olympia bedeuteten immer noch ein gewisses Maß erzwungenen Vertrauens. Camilla wappnete sich innerlich.
    Laut Amelie schloss sich unterhalb der Stadt an die Bibliothek ein System von Wohnräumen an, die Nathanael als sein Heim bezeichnete. Allerdings bezweifelte Camilla, dass sie dort ihre Familie zu suchen hatte. Nathanael würde sie kaum auf Kaffee und Kuchen einladen. Sie rechnete eher damit, dass Grimm sie in seinem Versteck im baufälligen Teil der Stadt gefangen hielt. Beschwören wollte sie diese Theorie allerdings nicht, nur eines hielt sie für sicher: Denise, Grimm und Nathanael waren Amadeos Opfer, Marionetten, die an unsichtbaren Fäden hingen. Diese Überzeugung half ihr, alle übermäßig negativen Gefühle weitestgehend abzustreifen, insbesondere die Angst vor Grimm und Denise. Zurück blieb die Sorge um ihre Eltern. Weder die vielen Toten noch die Grausamkeit der Morde ließen sich verzeihen, aber zumindest die Vorstellung, dass Grimm und Nathanael von Grund auf böse waren, traf nicht zu.
    Grimm wollte Rache für seine zerstörte Familie, das missbrauchte Vertrauen und seine furchtbare Kindheit. Camilla hatte nicht vergessen, wie gefühlvoll er von seiner Schwester Amelie gesprochen hatte. Für das Kind, das er damals noch war, musste die Trennung von ihr einem Weltuntergang geglichen haben.
    Amadeo spielte mit Menschen, ohne dass sie je den Hauch einer Chance bekamen, ihrem eigenen Willen zu folgen. Camilla empfand Mitleid für Grimm. Hinter jedem Gegner, gleich wer es war, würde sie immer Amadeo sehen.
    Was Denise betraf, so lag das Motiv auf der Hand. Sie liebte ihren Partner, eine weitere Marionette an Amadeos Fäden, auch wenn er sie nicht direkt beeinflussen konnte. Er nutzte Grimm, um ihre empfindsame, menschliche Seele zu lenken. Aber was war das Ziel, wenn Amadeo diese beiden steuerte?
    Grimm hatte Camilla in die Arme des Greises getrieben. Nachdem sie sich gegen ihn gestellt hatte, zog er sich zurück und ließ Grimm und Denise Jagd auf sie machen. Was wollte der Alte? Sie einschüchtern, von sich überzeugen oder … sie schluckte. Wenn sie diesen Gedanken weiter verfolgte, bedeutete das nichts anderes, als dass Amadeo vorhatte, sie zu töten.
    Der Nachhall des Gedankens verbreitete entsetzliche Leere. Plötzlich wurde sie sich der Eiseskälte bewusst, spürte die beklemmende Unendlichkeit des Felsendoms, der trotz seiner immensen Höhe auf sie herabdrückte.
    Ihr Blick streifte Olympia, die vor ihr ging. Was, wenn die Maschinenfrauen Amadeos effektive Endlösung darstellten?
    Das kalte Nichts füllte sich mit heißer Panik.
    Amelie, die bislang die Führung übernommen hatte, blieb stehen, während Olympia bis zum Kamm der Geröllhalde voranschritt.
    »Camilla?«
    Die warme Stimme beruhigte sie dieses Mal nicht.
    Langsam kam Amelie zurück. Im Schein der Taschenlampe sah sie seltsam blass und erschöpft aus, ein wenig wie eine lebende Tote. Stein knirschte unter ihrem Gewicht. Sie zermalmte die Brocken unter sich.
    Camilla musste schlucken. Ihr Gaumen war vollkommen trocken. Die Bedrohung, die Amelie bedeutete, nahm ihr den Atem. Das war eine Kampfmaschine, gegen die sie keine Chance hatte.
    Ihr Herz raste. Sie wollte herumfahren und rennen, aber wohin? Ohne die Lampe sah sie nichts.
    Was, wenn Amelie und Olympia sie von Chris und den beiden Kommissaren getrennt hatten, um sie hier aus dem Weg zu schaffen?
    Camilla wich vor Amelie zurück. »Was ist denn los?«
    Die Puppe deutete über die Schulter. »Komm schon, sonst verpassen wir den Treffpunkt mit den anderen in der Bibliothek.« Sie lächelte.
    Die Wärme in Amelies Zügen nahm ihr etwas Angst, konnte sie aber nicht vertreiben. Überreagierte sie vielleicht doch? Oder war das auch ein Teil von Amadeos Einfluss? Es fiel ihr schwer, den Verdacht des Verrats von sich zu schieben.
    Sie zwang sich ein Nicken ab. »Ich komme schon.«
    In einigem Abstand folgte sie den Frauen, immer darauf gefasst, fliehen zu müssen.
    Amelie leitete sie nicht zur Rückseite des alten Bauernhauses, durch das Chris mit ihr Ancienne Cologne verlassen hatte, sondern zu einer verwitterten, eingesackten Bruchsteinmauer. Im zuckenden Lichtkegel der Taschenlampe hatte Camilla im ersten Moment nicht erkannt, um was es sich bei dem dunklen, kränklichen Grün handelte, unter dem sich große Brocken abzeichneten. Erst als Amelie zielstrebig auf die Mauer zuging,
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