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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Autoren: Tanja Meurer
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entsetzliche Parallele. Wen und was steuerte der irre Greis noch alles? Amadeo spielte ein verwirrendes Spiel, in dem alle Denkansätze ins Leere liefen.
    »Chris?«
    Vornübergebeugt stützte er sich an der Wand ab. Mit einer Hand wischte er sich über die zitternden Lippen.
    Camilla packte seine Schultern und half ihm, sich aufzurichten.
    Aus trüben Augen starrte er sie an. Jedwedes Gefühl schien von dem Anblick der Organe erstickt zu werden. Schlimmer noch, er las in Camillas Gefühlen und Gedanken. Was sie empfand, traf auch ihn. Wie schlimm musste es für ihn sein, seine eigenen Gedanken und die ihren zu ertragen? Wie stark musste er dafür sein? Erst jetzt wurde ihr bewusst, welche Belastung diese Situation für ihn bedeutete.
    Langsam kehrte wieder Leben in sein aschfahles Gesicht. Stumme Tränen rannen über seine Wangen. Camilla umschlang ihn fest.
    Amelie trat ein, dicht gefolgt von Olympia.
    »Großer Gott.« Das tiefe Entsetzen in Olympias Stimme deutete auf Theresa hin, denn die Puppe hatte im Lauf ihrer Existenz sicher weitaus schlimmere Dinge gesehen. Ließ Olympia Theresa mehr Freiheiten? Oder diente der Persönlichkeitswechsel zum Abhärten gegen die neue Realität, in der sie nun leben musste?
    »Camilla, Kowalski, kommt her.« Habicht klang aufgeregt.
    Camilla wirbelte herum, auf neue Schrecken gefasst, entdeckte Habicht aber mit eher wissenschaftlicher Neugier über Papierfetzen gebeugt, die sich jenseits des Tisches über den Boden ergossen. In all der Zerstörung fand sich ein lederner Einband, aus dessen Rücken die traurigen Reste von eingenähtem Leinen und vergilbtem Papier hingen. Klauenspuren zeichneten sich darin ab.
    Camilla sank in die Knie und betrachtete das Zerstörungswerk. Sicher Nathanael. Er musste außer sich gewesen sein. Bedauernd strich sie über das Cover.
    »Vorsicht. Die Spurensicherung sollte nicht deine Fingerabdrücke feststellen können.«
    »Ist das nicht egal? Nathanael ist mehr als 200 Jahre alt. Was sollen Ihre Kollegen gegen ihn unternehmen?«
    Habicht blinzelte. »Ist das sicher?«
    Sie deutete auf die Krallenspuren und nickte. Vorsichtig fischte sie nach einem etwas größeren Papierfetzen. Amadeos Handschrift. Gar nicht verwunderlich. Allerdings fiel ihr auf, dass das Papier alt war, die Tinte aber tiefschwarz, also neu … sehr neu. Camilla versuchte, die engen, schwer lesbaren Buchstaben zu entziffern. Mehr als die Namen Nathanael, Claus und die Bezeichnung Sandmann konnte sie allerdings nicht ausmachen. Die sonst geschwungenen Buchstaben wirkten hektisch niedergekritzelt.
    Habicht starrte angestrengt auf einen ähnlichen Schnipsel. »Grauenhafte Sauklaue. Kann ich nicht lesen.«
    Wortlos reichte Camilla den Schnipsel an Chris weiter. Er konnte Amadeos Handschrift einfacher entziffern.
    Mit gerunzelter Stirn betrachtete er den Fetzen. Nach einer Weile weiteten sich seine Augen. »Scheiße«, flüsterte er.
    »Was?« Camilla erhob sich. »Was steht da?«
    Er reagierte nicht auf sie. Rasch kniete er nieder und suchte weitere Fetzen, überflog sie und ließ sie schließlich sinken. »Hier steht etwas davon, dass Grimm deine Eltern aufspürt und entführt. Notlage für Nathanael, kann ich noch entziffern.«
    »Wie?« Camillas Stimme versagte. Der wahnsinnige Alte schilderte schriftlich, was geschah?
    Plötzlich verstand sie. Er konnte noch immer die Realität steuern. Er hatte nicht nur vor zwei Jahrhunderten Nathanaels Schicksal beeinflusst, sondern steuerte es willentlich und mit eiskalter Berechnung, um ihn weiterhin als sein ganz privates Schreckgespenst zu halten. Er, der Autor, der langsam begriff, dass ihm einige Akteure zu entgleiten drohten. Er verursachte sicher auch die Erschütterung in der Realität, die Veränderung in Grimms Persönlichkeit …
    Wie perfide musste ein Mensch sein, um solch ein grausames Spiel zu treiben?
    Chris starrte sie fassungslos an. Ihre Gedanken flossen offenbar in das, was er gelesen hatte. »Amadeo hat genau beschrieben, wie Denise die Frauen aus Ancienne Cologne anlockt und ausweidet, sodass die Stadt glaubt, dass Nathanaels Fleischpuppe Schuld daran trägt …«
    Er fuhr zu Amelie und Olympia herum. In seinen Augen brannte hilfloser Zorn, beinah schon Hass. Mit wenigen Schritten erreichte er seine Mutter.
    »Chris!« Camillas Aufschrei ging in dem dumpfen Geräusch unter, als er Amelie gegen die Wand stieß. Der Kunststoffpanzer unter ihrem Kleid knackte.
    »Wusstest du davon?« Seine Stimme überschlug sich.
    Amelie
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